Politiker der Europäischen Union zeigen sich besorgt

Rassisten gründen EU-Fraktion

Im Europa-Parlament hat sich am Montag eine neue rechtsextreme Fraktion gegründet, die "IST" (Identität - Souveränität - Transparenz). Mit dabei sind unter anderem der französische Front National (FN), der belgische Vlaams Belang (VB), die österreichische FPÖ, die italienische "Duce"-Enkelin Alessandra Mussolini sowie rumänische und bulgarische Rassisten. Vorsitzender ist der Franzose Bruno Gollnisch von der Front National (FN).
Joachim Vannahme, Projektleiter Europa bei der Bertelsmannstiftung, beurteilt die aktuelle Entwicklung in Europa.

 (DR)

19 Abgeordnete aus fünf Ländern sind notwendig, um im Europaparlament eine Fraktion zu bilden, lange Zeit eine viel zu hohe Hürde. Mit dem Beitritt von Rumänien und Bulgarien hat sich das geändert. Allein aus Bulgarien sitzen sechs Abgeordnete der nationalistischen  "Ataka" Partei im Europaparlament.  In der ersten Sitzung des neuen Jahres haben 20 rechtsextreme Abgeordnete jetzt eine neue Fraktion gegründet.

"Der Imageschaden lässt sich in Grenzen halten, wenn sich die wackeren Demokraten auch als solche erweisen."  Man müsse diese Gruppen systematisch isolieren und dürfe nicht zulassen, dass sie zu häufig in die Position von Vorsitzenden von Ausschüssen oder gar eines Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments kommen, so Joachim Vannahme im domradio-Interview.

Europäische Rechte uneins
Die rabiaten rassistischen Parolen der Rumänen und Bulgaren hatten sogar den belgische Vlaams Belang (VB) und die italienische "Lega Nord" zunächst abgeschreckt, der Fraktion beizutreten. Die Abgeordneten des belgischen Vlaams Belang haben sich jetzt aber der Fraktion angeschlossen, außerdem beteiligt sind die Front National (Frankreich), die Romania Mare (Rumänien), die Ataka (Bulgarien), der britische Abgeordnete Ashley Mote (für die UK Independence Party gewählt und im Juni 2004 aus der Partei ausgeschlossen), Alessandra Mussolini (Alternativa Sociale - Italien) außerdem der Österreicher Andreas Mölzer von der FPÖ, einer der Initiatoren der braunen Truppe. „Wir sind gegen den Beitritt der Türkei, stellen uns gegen Massenzuwanderung und sind für die Förderung europäischer Familien. Wir möchten ein föderalistisches System etablieren.", beschreibt Mölzer der Zeitung „Die Welt" das Programm der neuen Fraktion.

Die italienische "Lega Nord" und die postfaschistische Alleanza Nazionale (AN), die ausländerfeindliche Dänische Volkspartei (Dansk Folkeparti), die Liga Polnischer Familien (LPR) und die polnische Regierungspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit) wollten der neuen Fraktion nicht beitreten. Sie gehören zum großen Teil der schon 1999 gegründeten nationalistischen EU-Fraktion "Union für das Europa der Nationen" (UEN) an.

Braune Hetze
Der Vorsitzende der neuen Fraktion, der französische Abgeordnete und Vizechef des FN Bruno Gollnisch, steht zur Zeit in Lyon wegen Leugnung des Holocaust vor Gericht. 2005 hatte die Universität Lyon Gollnisch aus dem gleichen Grund für fünf Jahre vom Dienst suspendiert. Damals hatte Gollnisch u.a. erklärt, über die Frage der Existenz von Gaskammern in den NS-Konzentrationslagern sowie die Zahl der tatsächlich in den KZs zu Tode Gekommenen müsste "Historiker" nunmehr endlich "frei debattieren" können. Bruno Gollnisch unterrichtete bis dahin japanisches und internationales Recht.
Ein weiteres Mitglied der neuen Fraktion ist der Rumäne Corneliu Vadim Tudor. Er war Vertrauter des rumänischen Diktators Nicolae Ceausescu und ist in seiner Heimat durch öffentliche Hetzereden gegen jüdische und Roma-Minderheiten aufgefallen, die nach europäischem Recht strafbar wären.

Fraktions Status
Der Status einer Fraktion bedeutet für die Abgeordneten parlamentarische Anerkennung. Damit verbunden ist zum Beispiel das Recht, Änderungen an Gesetzentwürfen einzubringen und ein politischer Apparat mit Sekretariat, der die wichtige Arbeit in den Ausschüssen organisiert.
Reaktionen
"Ich bedaure, dass es zu einer Fraktion der europäischen Rechten kommt", erklärte der frisch gekürte Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering (CDU) dem "stern" (online Ausgabe)