Politiker äußern sich besorgt über abgelehnten Friedensvertrag

Kolumbiens Nein zum Frieden

Das Friedensreferendum in Kolumbien ist knapp gescheitert. Regierung und Rebellen sagen eine weitere Einhaltung des Waffenstillstands zu. Dennoch steht das Land vor einer ungewissen Zukunft.

Enttäuschung nach der Wahl / © Leonardo Munoz (dpa)
Enttäuschung nach der Wahl / © Leonardo Munoz ( dpa )

Die Bundesregierung zeigt sich enttäuscht über das Nein der Kolumbianer zum Friedensvertrag zwischen der Regierung und der linksgerichteten Rebellenorganisation FARC. Die Ablehnung sei eine "böse Überraschung und eine riesige Enttäuschung", sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Montag in Berlin. Eine Enttäuschung nicht nur für jene, die sich "jahrelang für ein Ende des Konflikts eingesetzt haben, sondern vor allem auch für die vielen Familien, die auf beiden Seiten zu Zehntausenden ihre Söhne und Töchter verloren haben".

Der Beauftragte der Bundesregierung für den Friedensprozess in Kolumbien, Tom Koenigs, rief dazu auf, die Abstimmung zu respektieren. Im Interview der Deutschen Welle (Montag) sagte er, es gelte nun, die Stabilität im Land aufrecht zu erhalten. Es dürfe keine Rückkehr zum bewaffneten Kampf geben. Niemand in Kolumbien wolle zum Krieg zurück.

Politisches Chaos zu erwarten?

Die kolumbianische Bevölkerung hatte die über vier Jahre ausgehandelte Friedensvereinbarung am Sonntag (Ortszeit) in einer Volksabstimmung überraschend abgelehnt. Laut staatlicher Wahlbehörde erreichte das Lager der Gegner bei geringer Wahlbeteiligung eine hauchdünne Mehrheit von 50,23 Prozent der Stimmen; die Befürworter kamen nur auf 49,76 Prozent. Umfragen hatten einen Sieg der Befürworter vorausgesagt.

Damit droht dem südamerikanischen Land nun ein politisches Chaos. Der als historisch angesehenen Vereinbarung zwischen Regierung und FARC fehlt nun die demokratische Legitimation. Staatspräsident Juan Manuel Santos erklärte, er wolle sich bis zum Ende seiner Amtszeit in zwei Jahren weiter unermüdlich für den Friedensschluss einsetzen. Auch FARC-Kommandant "Timochenko" erklärte, seine Organisation stehe nach wie vor zum Frieden.

Kritik am Friedensvertrag

Im August hatten sich beide Seiten auf ein Ende des 52 Jahre andauernden Konfliktes geeinigt, der rund 270.000 Menschen das Leben kostete und acht bis neun Millionen Binnenflüchtlinge hervorbrachte. Ende September wurde der Friedensvertrag unterschrieben. Ex-Präsident Alvaro Uribe, prominentester Gegner des Abkommens, hatte stets kritisiert, die Vereinbarung räume der FARC-Guerilla zu große Straffreiheit ein. Auch er erklärte nun nach dem Nein der Kolumbianer, niemand wolle eine Fortsetzung des bewaffneten Konflikts.

Die FARC hatte noch unmittelbar vor der Volksabstimmung eine Entschädigung der Opfer der jahrzehntelangen Kämpfe angekündigt. Zugleich wolle man die eigenen Vermögensverhältnisse offenlegen, erklärte die Organisation am Samstag (Ortszeit). Wesentliche Einnahmequellen der Guerilla waren der Drogen- und Waffenhandel, illegaler Bergbau, Entführungen und Erpressung.

Weiterhin im Dialog bleiben

In einer ersten Stellungnahme forderte der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz Kolumbiens, Erzbischof Luis Augusto Castro aus Tunja, alle Seiten müssten nun Dialogbereitschaft unterstreichen. "Ab morgen müssen sich alle an die Arbeit machen und beginnen, dieses Abkommen zu verändern und zu einer juristischen und politischen Lösung zu finden", sagte der Erzbischof dem Radiosender Caracol.

In Berlin erklärte der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), die kolumbianische Regierung, die Rebellenführer und die internationale Völkergemeinschaft hätten "viel Arbeit und Prestige" in den historischen Friedensvertrag investiert. Nun sei es immerhin "ein gutes Zeichen, dass Regierung und Rebellen trotzdem am Waffenstillstand festhalten wollen".


Quelle:
KNA