Polens Regierung halbiert Religionsstunden an Schulen

Weniger Schüler wählen das Fach

In Polen soll das Fach Religion ab dem nächsten Schuljahr nur noch in halbem Umfang unterrichtet werden. Die Bildungsministerin Barbara Nowacka unterzeichnete eine Verordnung, wonach nur eine Stunde pro Woche Religion erteilt wird.

Jacken und Taschen hängen in einem Schulflur  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Jacken und Taschen hängen in einem Schulflur / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Vorher waren es zwei Stunden. Zudem sollen alle öffentlichen Lehranstalten mit Ausnahme von Grundschulen das Wahlfach nur noch in der ersten oder letzten Stunde am Tag anbieten, sodass nicht teilnehmende Schülerinnen und Schüler später zum Unterricht kommen oder früher nach Hause gehen können.

Damit setze man nicht nur ein Wahlversprechen um, erklärte Nowacka in einer kurzen Videobotschaft. Es gehe auch um den "gesunden Menschenverstand". Bislang bekämen junge Menschen mehr Religionsstunden als Biologie, Chemie, Physik, Gesellschaftskunde und Sicherheitserziehung zusammen. "Genau das wird sich ändern und die Schule wird bestmöglich unterrichten und auf die Zukunft vorbereiten, auch die berufliche", so die Ministerin.

Bischöfe wollen mehr Stunden

Umstritten ist, ob die Politikerin den Religionsunterricht ohne Zustimmung der katholischen Kirche reduzieren darf. Denn ein Abkommen zwischen Polen und dem Vatikan und Gesetze geben der Kirche in bestimmen Bereichen ein Mitspracherecht. Sie hatte Anfang Dezember rechtliche Schritte für den Fall angekündigt, dass die Mitte-links-Regierung von Ministerpräsident Donald Tusk diese Vorschriften missachte.

Die katholische Bischofskonferenz bestand in den Gesprächen mit der Regierung darauf, dass Religion an den Grundschulen weiter zwei Stunden in der Woche unterrichtet wird. Bei weiterführenden Schulen pochte sie nicht mehr auf unbedingt zwei Wochenstunden. Die Bischöfe plädierten jedoch dafür, dass alle Schülerinnen und Schüler entweder zum Religions- oder Ethikunterricht gehen müssen. Das lehnt Nowacka aber ab. Bisher sind beide Fächer freiwillig. Ethikunterricht wird allerdings oft nicht angeboten.

Bischofskonferenz prüft Verordnung

In Polen wählen seit Jahren immer weniger Schülerinnen und Schüler Religion als Fach. Vor allem in den höheren Klassen und in den Großstädten entscheidet sich vielfach die Mehrheit dagegen.

Landesweit nahmen der Bischofskonferenz zufolge 78,6 Prozent aller Kinder und Jugendlichen im Schuljahr 2023/24 am Religionsunterricht teil. Zwei Jahre zuvor waren es demnach noch 82 Prozent.

Ein Sprecher der Polnischen Bischofskonferenz kündigte gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) eine Prüfung der Verordnung des Bildungsministeriums an, sobald sie im Amtsblatt veröffentlicht wurde. Weiter nahm er zunächst nicht Stellung.

Katholische Kirche in Polen

Die römisch-katholische Kirche hat in Polen traditionell großen Einfluss. Ihr gehören knapp 90 Prozent der 33 Millionen Bürger an. In den vergangenen Jahren verlor die Kirche aber besonders in der jungen Generation an Ansehen. In der Hauptstadt Warschau wählten in diesem Schuljahr nur noch 29 Prozent der Schüler in der gymnasialen Oberstufe das Fach katholische Religion. Nach Angaben der Bischofskonferenz besuchten 2021 landesweit 28,3 Prozent der Katholiken die Sonntagsmesse.

Prozession in Polen / © Dariusz Banaszuk (shutterstock)
Prozession in Polen / © Dariusz Banaszuk ( shutterstock )
Quelle:
KNA