Polens Bischöfe wollen keine Lockerung der Abtreibungsregeln

"Echte Sorge um das Leben"

Zwar konnte sich Polens neue Mitte-links-Regierung bisher nicht auf eine Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes einigen. Doch die katholische Kirche des Landes hat sich bereits deutlich dagegen ausgesprochen.

Eine Frau mit einem Schwangerschaftstest / © Vera Petrunina (shutterstock)
Eine Frau mit einem Schwangerschaftstest / © Vera Petrunina ( shutterstock )

"Im Geiste der Verantwortung für die Kirche in Polen und für das Wohl unserer gemeinsamen Heimat rufe ich alle Menschen guten Willens auf, sich unmissverständlich für das Leben auszusprechen", heißt es in einer am Freitag auch auf Deutsch veröffentlichten Erklärung des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki. 

 Stanislaw Gadecki, Erzbischof von Posen und Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz (KNA)
Stanislaw Gadecki, Erzbischof von Posen und Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz / ( KNA )

Er appellierte auch an die Mitglieder beider Häuser des Parlaments und an den Präsidenten der Republik, "Zeugnis abzulegen von einer echten Sorge um das Leben, das schutzlos ist, weil es ungeboren ist". Die seit Dezember amtierende Mitte-links-Regierung berät über eine Reform des restriktiven polnischen Abtreibungsgesetzes, konnte sich darüber jedoch noch nicht einigen. 

Tusk: "Abtreibung ist die Entscheidung der Frau" 

Statt eines Regierungsentwurfs gibt es dazu nur unterschiedliche Gesetzesinitiativen der Linken und der rechtsliberalen Bürgerkoalition (KO), der größten Regierungsfraktion. Zwei weitere Regierungspartner, die konservativ-liberalen Parteien Polen 2050 und PSL, lehnen hingegen bisher eine Liberalisierung ab. Ministerpräsident Donald Tusk erklärte: "Abtreibung ist die Entscheidung der Frau, nicht die eines Priesters, Staatsanwalts, Polizisten oder Parteifunktionärs."

Weiter betonte Erzbischof Gadecki in seiner Erklärung, zwar entscheide in einer Demokratie die Mehrheit; doch dies bedeute nicht, "dass die Mehrheit Recht hat, sondern nur, dass die Minderheit keine ausreichend überzeugenden Argumente finden konnte, um die Mehrheit zu werden", unterstrich der Erzbischof von Posen. "Die Rationalität wird nicht durch die Zahl der Anhänger einer bestimmten Ansicht bestimmt. Die Vernunft - vor allem die ethische Vernunft - ist oft auf der Seite der Minderheit", erklärte Gadecki. "Und manchmal - daran erinnert uns die Figur des Sokrates - auf der Seite des einzelnen Menschen mit einem wohlgeformten Gewissen."

Polen hat eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze in Europa

Am Mittwoch hatte die KO einen Gesetzentwurf im Parlament eingereicht, der Abtreibung in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen erlaubt; danach wäre ein Abbruch aber nur zulässig bei einer Gefährdung für die Gesundheit oder das Leben der Frau, einer hohen Wahrscheinlichkeit für eine schwere Fehlbildung oder unheilbare Krankheit des Fötus oder im Fall einer Vergewaltigung. Polen hat derzeit eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze in Europa. Schwangerschaftsabbrüche sind nur bei Gefahr für die Gesundheit der Mutter oder nach einer Vergewaltigung erlaubt. 

Abtreibungsgesetz in Polen

Polen hat eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa. In dem katholisch geprägten Land sind Schwangerschaftsabbrüche nur in drei Ausnahmefällen erlaubt: Wenn die Frau vergewaltigt wurde, wenn ihr Leben in Gefahr ist - und bislang auch, wenn das Kind eine schwere Behinderung haben wird. Konservative Pro-Life-Aktivisten setzen sich dafür ein, den letzten Punkt zu verbieten.

Proteste gegen Entscheidung zum Abtreibungsgesetz in Polen / © Czarek Sokolowski/AP (dpa)
Proteste gegen Entscheidung zum Abtreibungsgesetz in Polen / © Czarek Sokolowski/AP ( dpa )
Quelle:
KNA