Polen und Papst gedenken der Opfer des Unglücks von Smolensk

Gebet und Gedenken

Es war ein weiterer Schicksalstag in der Geschichte Polens: Am 10. April 2010 kamen bei einem Flugzeugabsturz im russischen Smolensk 96 Menschen um Leben, darunter Militärbischof Ploski und Staatspräsident Kaczynski. Am ersten Jahrestag gedachte das Land nun der Opfer. Auch der Papst rief zum Gebet auf.

 (DR)

Gemeinsam mit dem polnischen Volk bete er für den verunglückten Staatspräsident Lech Kaczynski sowie die übrigen Toten der Katastrophe, sagte Benedikt XVI. am Sonntag (10.04.2011) nach dem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz in polnischer Sprache.



Bei einer offiziellen Zeremonie in der polnischen Hauptstadt Warschau legten am Morgen um 08.41 Uhr MESZ - dem Zeitpunkt des Unglücks vor einem Jahr - Staatschef Bronislaw Komorowski und Regierungschef Donald Tusk Blumen vor einer Gedenktafel nieder. Außerdem fand ein Gedenkgottesdienst in der Warschauer Kathedrale statt.



Bereits am Samstag kamen Angehörige der Opfer zu einer Gedenkfeier am Flughafen von Smolensk zusammen. Die Ehefrau des aktuellen polnischen Präsidenten Bronislaw Komorowski, Anna Komorowska, reiste gemeinsam mit 125 Familienmitgliedern der Opfer des Unglücks per Bus aus Moskau an. Bei Schneefall lasen sie vor einem Kreuz, das am Ort des Absturzes errichtet wurde, Gebete im Gedenken an die Toten.



Kirche ruft zu Eintracht auf

Polens katholische Kirche warb für ein Ende des politischen Streits um den Tod von Staatspräsident Lech Kaczynski bei dem  Flugzeugabsturz. In einem in allen Gottesdiensten verlesenen Hirtenbrief riefen die Bischöfe dazu auf, einander nicht zu verleumden. Stattdessen solle die Katastrophe, bei der neben Kaczynski zahlreiche hohe Vertreter aus Politik, Militär und Kirche starben, die "gegenseitigen Beziehungen in unserem Vaterland, in Europa und der Welt festigen".



Die Bischöfe würdigen in dem Hirtenbrief, dass die internationale Berichterstattung über den Absturz der Präsidentenmaschine auch die "Wahrheit über den Völkermord an Tausenden wehrlosen polnischen Kriegsgefangenen der Welt bekanntgemacht" habe. Kaczynski starb am 10. April 2010 gemeinsam mit seiner Frau und einer hochrangigen Delegation auf dem Weg zu einer Gedenkfeier für die polnischen Opfer eines sowjetischen Massakers von 1940 in Katyn.



Die Bischöfe regen auch ein Ende der Trauer um die Opfer an. "Der Friedhof ist weder unser Gotteshaus noch unser Zuhause", schreiben sie. Es komme der Moment, an dem alle zum alltäglichen Leben zurückkehren müssten.



Zehn Geistliche unter den Opfern

Unter den Opfern der Flugzeugkatastrophe waren auch zehn Geistliche. Sie wollten gemeinsam mit dem Staatsoberhaupt an einer Gedenkfeier im westrussischen Katyn teilnehmen. Zu den Toten gehören der katholische Militärbischof Tadeusz Ploski, der orthodoxe Militär-Erzbischof Miron und der Rektor der Kardinal-Stefan-Wyszynski-Universität Warschau, Pfarrer Ryszard Rumianek.



In Köln rief Joachim Kardinal Meisner kurz nach dem Unglück spontan zum Gebet für die Opfer auf. "In dieser Stunde stehen wir eng neben unserem polnischen Nachbarland", betonte der Erzbischof, der ebenfalls aus Schlesien stammt. Der tragische Flugzeugabsturz habe den Dankgottesdienst für Papst Johannes Paul II. auch "zu einem Bittgottesdienst für sein polnisches Volk werden lassen".



Land gespalten

Ungeachtet des Appells überschattete der Streit um die Absturzursachen und die Würdigung der 96 Opfer auch die Gedenkfeiern. Der rechtskonservative Oppositionsführer und Zwillingsbruder des getöteten Präsidenten, Jaroslaw Kaczynski, blieb der von der Regierung ausgerichteten Zeremonie demonstrativ fern. Er macht Ministerpräsident Donald Tusk für das Unglück mitverantwortlich, weil dieser einen gemeinsamen Flug nach Smolensk in Westrussland verhindert habe. Die Katastrophe am dortigen Flughafen wäre ausgeblieben, wären beide Politiker nicht getrennt geflogen, argumentierte er.



Die Aufarbeitung der Flugkatastrophe belastete auch das polnisch-russische Verhältnis. Die Regierung in Warschau macht falsche Angaben der russischen Fluglotsen mitverantwortlich für den Absturz. Moskau bestreitet jede Mitschuld.