Santo Domingo de la Calzada ist ein legendärer Heiliger

Pilgerhelfer und Held des "Hühnerwunders"

Der spanische Jakobsweg liegt durch die Corona-Krise derzeit brach. Doch die Verehrung für einen besonderen Heiligen des Mittelalters ist ungebrochen: Santo Domingo de la Calzada. Sein Gedenktag ist der 12. Mai.

Autor/in:
Andreas Drouve
Die gelbe Muschel zeigt Weg nach Santiago de Compostela / © gregorioa (shutterstock)
Die gelbe Muschel zeigt Weg nach Santiago de Compostela / © gregorioa ( shutterstock )

Er war ein großer Helfer und Heiliger am Jakobsweg und trug einen ungewöhnlichen Namen: Santo Domingo de la Calzada (1019-1109). Abseits historischer Fassbarkeit wurde er auch als Held des "Hühnerwunders" bekannt. Nach ihm ist ein Städtchen in der Rioja benannt, wo sich Jakobspilger an seinem Grab in der Kathedrale einfinden. Zumindest in normalen Zeiten. Die Corona-Krise hat die Pilgerbewegung bis auf weiteres zum Erliegen gebracht. Der Verehrung des Heiligen tut das keinen Abbruch.

Der Heilige stammte aus einer Bauernfamilie

"Heiliger Dominikus von der gepflasterten Straße" - so lässt sich der Namensbandwurm Santo Domingo de la Calzada übersetzen. Die Bezeichnung ergibt Sinn, schließlich gab der Heilige alten Wegstrecken neue Beläge, um damit den Jakobspilgern ihr Fortkommen zu erleichtern.

Der Blick in die Heiligenvita zeigt, dass er ursprünglich Domingo Garcia hieß und aus einer Bauernfamilie stammte. Er hütete in seiner Jugend Schafe und spürte früh seine Berufung, den Nächsten zu dienen. Die Bekanntschaft mit Jakobspilgern, die durch sein Heimatdorf Viloria de Rioja gen Santiago de Compostela zogen, mochte dazu den Ausschlag gegeben haben.

Er schnitt Wegpassagen des Jakobswegs frei

Zu Frühzeiten des mittelalterlichen Wallfahrerbooms begann Dominikus im Dienste der Jakobspilger damit, Wegpassagen freizuschneiden. Er holzte einen Wald ab und legte ein Feuchtgebiet trocken, um das später nach ihm benannte Städtchen anzulegen. Dort baute er mit Helfern eine Flussbrücke und begründete ein Spital und eine Bruderschaft, die sich der Betreuung der Pilger annahm.

Zu Lebzeiten kam der Ruf des Heiligen auch dem kastilischen König Alfons VI. zu Ohren. Der Monarch stiftete ein Grundstück zum Bau einer Kirche, dem Vorläuferbau der Kathedrale. Dort erhielt Dominikus einen Ehrenplatz für seine letzte Ruhe.

Hühnermirakel ist mit Dominikus verbunden

Einer der bekanntesten Legendenstoffe des Jakobswegs ist das Hühnermirakel, das untrennbar mit Dominikus verbunden ist. Noch heute erinnert in der Kathedrale von Santo Domingo de la Calzada ein Hühnerstall mit leibhaftigem Federvieh an die Legende. Hinter Glas leben dort ein Hahn und eine Henne, die alle paar Wochen ausgetauscht werden. Der Käfig ist Kirchenterrain, daher kümmert sich der Klerus drum.

Um die Zusammenhänge zu verstehen, muss man sich die Überlieferung vergegenwärtigen. Derzufolge machte in Santo Domingo de la Calzada einmal eine Pilgerfamilie Station: Mutter, Vater und der halbwüchsige Sohn. Auf diesen hatte eine Magd des Gasthofes, wo sie abstiegen, ein Auge geworfen. Er wies ihr fleischliches Ansinnen zurück, worauf sie aus Rache einen silbernen Becher in seinem Gepäck versteckte. Der Bursche wurde des Diebstahls bezichtigt und vom Landrichter zum Tod am Galgen verurteilt. Als die Eltern zum Henkerspfahl kamen, um Abschied zu nehmen, sprach der Erhängte frohgemut zu ihnen herab.

Atemlos stürzten sie zum Haus des Richters. Dieser machte sich gerade an ein opulentes Mahl in Form eines gebratenen Huhns und Hahns. «Euer nichtsnutziger Spross ist so lebendig wie die beiden hier», warf er den Eltern entgegen und sagte: "Wenn die Geschichte wahr wäre, dann bekämen das Huhn und der Hahn Flügel." Im selben Moment begannen die Flügel der gebratenen Tiere zu flattern. Der Hahn krähte. Das Huhn gackerte. Sie flogen davon.

Der unschuldig Erhängte wurde gerettet. Dahinter steckte - lange nach seinem irdischen Ableben und für alle anderen unsichtbar - Dominikus. Es heißt, er habe die Beine des Jungen auf seinen Schultern gestützt.

Bewohner fiebern Patronatsfest entgegen

Dem Patronatsfest ihres wirkmächtigen Heiligen fiebern die Bewohner Wochen und Monate vorher entgegen. Man feiert schließlich gern in Spanien. In "normalen" Jahren erstreckt sich das Fest über sechs Tage; den Höhepunkt bildet eine große Prozession an Dominikus' Gedenktag, dem 12. Mai. Dann geht es prachtvollen Aufzügen durch die Gassen und hinein in die Kathedrale.  

Doch derzeit stehen wegen der Corona-Krise das Innere des Gotteshauses und die Krypta mit dem Heiligengrab nur Geistlichen offen. "In der Krypta beten wir jeden Tag für die Verstorbenen", sagt Jesus Merino, einer der drei Pfarrer, die den Kathedralbetrieb aufrechterhalten und Gläubige mit Videos von Messen versorgen. Schon über 30 Menschen, sagt er, seien im 6.000-Einwohner-Städtchen Santo Domingo de la Calzada dem Coronavirus erlegen.

Dass die Prozession Patronatstag ausfällt, geschieht indes nicht zum ersten Mal. Pfarrer Merino erinnert an Pestkatastrophen vor Jahrhunderten und "eine lokale Epidemie 1943". Damals kam es zu einer Verschiebung in den Juni. Merino rechnet nun eher "mit September, Oktober", doch das müsse zwischen Rathaus, Klerus und der Bruderschaft abgestimmt werden. Das Einzige, was er weiß, ist dies: Die Feierlichkeiten seien "fundamental" für die lokale Identität, den Zusammenhalt und den Glauben.


Quelle:
KNA
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