Pfarrerin probiert unkonventionelle Gottesdienstformate aus

Kneipe und Bibel

Wie erreicht man heute noch kirchenferne Menschen? Pfarrerin Simone Lippman-Marsch aus Brandenburg hat da einige Vorschläge auf Lager. Gemeinsam mit ihrer Kirchengemeinde veranstaltet sie Gottesdienste der besonderen Art.

Eiswürfel in einem Glas in einer Kneipe / © siamionau pavel (shutterstock)
Eiswürfel in einem Glas in einer Kneipe / © siamionau pavel ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Bei Ihren Kneipengottesdiensten haben die Kirchenbesucher Biergläser in der Hand. Wie sind Sie auf diese Idee gekommen?

Simone Lippmann-Marsch  (privat)
Simone Lippmann-Marsch / ( privat )

Simone Lippman-Marsch (Pfarrerin im Kloster Lehnin im evangelischen Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg): Die Idee ist gar nicht von mir ins Leben gerufen worden, sondern sie kam aus der Gemeinde heraus.

Als ich vor drei Jahren in dem Kirchenkreis angefangen habe, habe ich mich mit engagierten Ehrenamtlichen unterhalten. Insbesondere war einer darunter, der immer sehr aktiv bei der Unterstützung von Projekten ist, aber selten in den Sonntagsgottesdienst kommt. Er sagte mal zu mir: "Weißt du, Simone, ich finde es eigentlich ganz toll, was Kirche macht und ich glaube auch an Gott. Aber dieser Sonntagsgottesdienst morgens um neun oder um zehn - das ist nichts für mich. Das ist einfach nicht meine Zeit. Aber wenn es Bier zu Bibel geben würde, würde ich auch kommen."

Nach der Pandemie haben wir gesagt, jetzt setzen wir das um und installieren mal einen Prototypen in der Gemeinde und schauen, wie es ankommt. So kam es zu dem Kneipengottesdienst.

DOMRADIO.DE: Wie läuft so ein Kneipengottesdienst denn ab?

Lippmann-Marsch: Es ging uns darum, eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen, in der wir uns locker über biblische Inhalte und den Glauben unterhalten. Wir waren in einer ganz kleinen Waldkirche. Aktive Ehrenamtliche aus der Gemeinde haben den Kirchenraum zu einer Kneipe umgebaut - wobei "Kneipe" etwas zu profan ist, der Raum wurde liebevoll in eine gemütliche Atmosphäre verwandelt. Es wurde eigens dafür ein Tresen aus Paletten gebaut.

Wir waren überrascht, dass die Liturgie eine ganz klassische war. Ich selbst war auch überrascht. Wir haben einen Live-Musiker angesprochen, der das notwendige "rauchige" Klima geschaffen hat und Live-Musik gespielt hat. Aber die Liturgie war tatsächlich eine ganz klassische in lockerer Atmosphäre.

Simone Lippmann-Marsch

"Es wurde eigens dafür ein Tresen aus Paletten gebaut"

DOMRADIO.DE: Gibt es bei solchen Formaten auch Menschen, die sagen: "Die Kirche biedert sich an, das hat mit dem Glauben nichts mehr zu tun."

Lippmann-Marsch: Ja, die gibt es auch. Die Idee eines Kneipengottesdienstes ist ja nicht neu. Sie finden vielerorts statt.

Es ist immer nur die Frage: Wie kommt es vor Ort an? Man muss immer darauf schauen, was die Menschen vor Ort wollen und was sie brauchen, um sich mit dem Glauben auseinanderzusetzen oder sich aktiv an Kirche und ihrer Gemeinde zu beteiligen.

Man wird mit solchen Formaten nicht alle erreichen, das ist vollkommen klar. Anbiedern würde ich es nicht nennen, weil diese Idee in dem Fall aus der Gemeinde kam.

Simone Lippmann-Marsch

"Was wollen die Menschen vor Ort und was brauchen sie, um sich mit dem Glauben auseinanderzusetzen oder sich aktiv an Kirche und ihrer Gemeinde zu beteiligen?"

DOMRADIO.DE: Als nächstes soll es einen Motorradgottesdienst inklusive Heavy-Metal-Konzert geben. War der Gedanke dahinter ein ähnlicher?

Lippmann-Marsch: Nein, tatsächlich ist es so, dass ich wirklich Lust darauf habe. Ich finde, das ist ein Schlüssel in diesem tollen Beruf, dass man auch Dinge macht, auf die man Lust hat. Für mich ist ganz wichtig, dass es authentisch ist. Diese Motorradgottesdienste gibt es auch überall verteilt in der Kirche. Das machen einige.

Viele meiner Freunde fahren Motorrad und wir haben schon ganz tolle Biker-Taufen und Biker-Gottesdienste im kleineren Kreis gefeiert. Jetzt möchte ich das gerne mit dem Motorradfahren verbinden. Der Gottesdienst ist als "Ausfahrt" in drei Stationen gestaltet. Ich weiß auch nicht, wie viele kommen werden, ob überhaupt jemand kommt. Ich hoffe einfach, dass wir eine gute Zeit haben.

DOMRADIO.DE: Was hat es da mit dem Heavy-Metal-Konzert auf sich? Finden das Leute nicht auch irgendwie satanisch?

Simone Lippmann-Marsch

"Spannend an diesem Konzept fand ich, dass man Heavy Metal-Musik nicht unbedingt in kirchlichen Kreisen erwartet"

Lippmann-Marsch: Nein, es ist tatsächlich eine christliche Heavy-Metal-Band und wir sind extra wegen diesem Gottesdienst zusammengekommen. Die Band Sanity hat mich zu einer Probe eingeladen.

Spannend an diesem Konzept fand ich, dass man Heavy-Metal-Musik nicht unbedingt in kirchlichen Kreisen erwartet. Ich war ganz überrascht, dass es genau meinen Musikgeschmack trifft. Interessant an dieser Band ist, dass sie die Offenbarung des Johannes vertont hat. Sie haben es ins Englische übersetzt und daraus Songs gemacht. Das fand ich unheimlich spannend und interessant.

Mir persönlich gefällt die Musik auch. Es gibt ganz schön was auf die Ohren während des Konzerts. Das ist für mich aber auch eine Art der Verkündigung, in dem Wissen darum, dass Menschen, die sich vordergründig nicht mit Glaube, Religion oder der Kirche identifizieren, trotzdem etwas hören.

Das ist für mich wie ein Verbindungspunkt zu Menschen, die eher weniger damit zu tun haben.

Das Interview führte Hannah Krewer.

Die Jesus Biker

Motorradfahren und an Gott glauben - zwei unvereinbare Lebenseinstellungen? Die Jesus Biker zeigen, das beides zusammen geht. Die begeisterten Bikerinnen und Biker verbindet ihre christliche Haltung. Auf ihrer Facebook-Seite schreiben sie: "Wo sich die Amtskirchen schwer tun, setzen die Jesus Biker erfolgreich an: Wir schauen nicht auf die Unterschiede, sondern zelebrieren die Gemeinsamkeiten." So fahren Katholiken, Protestanten, Syrisch- und Griechisch-Orthodoxe genauso mit wie Mitglieder freikirchlicher Gemeinden oder getaufte Christen ohne Kirchenanbindung.

Pater Karl Wallner mit den Jesus Bikern  / © Jesus Biker (KNA)
Pater Karl Wallner mit den Jesus Bikern / © Jesus Biker ( KNA )
Quelle:
DR
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