Pfarrbeauftragte predigt beim bundesweiten Predigerinnentag

"Aus der Grauzone kommen"

Die katholische Frauengemeinschaft Deutschlands schickt nun schon zum vierten Mal Frauen beim bundesweiten Predigerinnentag auf die Kanzel. Eine wichtige Stimme fehle sonst, meint Marlies Hennen-Nöhre, die selbst auch predigt.

Die Kanzel ist häufig der Ort für die Predigt / © Guenter M1 (shutterstock)
Die Kanzel ist häufig der Ort für die Predigt / © Guenter M1 ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Rund um den bundesweiten Predigerinnentag am 17. Mai melden sich zahlreiche Frauen in Gottesdiensten zu Wort. Sie predigen bereits am Sonntagabend im Essener Dom. Wieso machen Sie beim Predigerinnentag mit?

Marlies Hennen-Nöhre (Geistliche Leiterin der Katholischen Frauengemeinschaft im Bistum Essen und Pfarrbeauftragte in Wattenscheid): Ich mache da mit, weil Frauen ja ganz wichtig sind für die Arbeit in den Gemeinden und für die Weitergabe des Glaubenslebens, aber gerade in den Eucharistiefeiern eher im Hintergrund stehen.

Ich möchte einfach deutlich machen, wenn Frauen nicht predigen können und die Frohe Botschaft nicht verkünden können, dass da eine ganz wichtige Stimme und die Sichtweise der Frauen auch fehlt.

DOMRADIO.DE: Es ist ja eigentlich nicht erlaubt.

Hennen-Nöhre: Nein, offiziell erlaubt ist es immer noch nicht.

Marlies Hennen-Nöhre (Geistliche Leiterin der Katholischen Frauengemeinschaft im Bistum Essen und Pfarrbeauftragte in Wattenscheid)

"Ich finde es sehr wichtig, dass das, was eigentlich ganz viel getan wird, nämlich das Verkündigen auch durch Frauen und durch Nicht-Geweihte, dass das aus der Grauzone herauskommt und dass es sichtbar wird."

DOMRADIO.DE: Droht denn Ärger, wenn Sie dann an die Kanzel treten?

Hennen-Nöhre: Man weiß nie, ob es Menschen gibt, die dort sitzen, die sagen: Nein, das gefällt mir nicht, da gebe ich Rückmeldung. An sich bin ich aber nicht getragen von Ärger, sondern von ganz großer Zuversicht. Ich finde es sehr wichtig, dass das, was eigentlich ganz viel getan wird, nämlich das Verkündigen auch durch Frauen und durch Nicht-Geweihte, aus der Grauzone herauskommt und dass es sichtbar wird.

DOMRADIO.DE: Es ist ja auch im Grunde ein Mehrheitsbeschluss, denn die Mehrheit beim Synodalen Weg hat sich dafür ausgesprochen, dass Nicht-Geweihte in Eucharistiefeiern predigen dürfen. Glauben Sie denn daran, dass es in den Bistümern jetzt auch umgesetzt wird?

Hennen-Nöhre: Für alle Bistümer kann ich das nicht sagen, aber ich bin mir ganz sicher, dass in unserem Bistum Essen alles, was möglich ist und wo sich Türen öffnen, auch umgesetzt wird. Ich selbst bin ja auch eine Pfarrbeauftragte, das heißt, ich gehöre zu einem Leitungsteam einer Pfarrei. Auch das sind ja schon Möglichkeiten, die im Bistum Essen ausgelotet werden, wo Dinge ausprobiert werden, wo alle Türen, wo sich ein Spalt auftut, auch weiter geöffnet werden. Das wird auch beim Predigen so sein.

DOMRADIO.DE: Sind denn die Bistümer dazu verpflichtet, auf diesen Beschluss des Synodalen Weges zu reagieren? Oder können sie einfach sagen, dass sie das nicht wollen?

Hennen-Nöhre: Verpflichtend ist, glaube ich, fast gar nichts, was am Ende des Synodalen Weges herausgekommen ist. Sie haben aber natürlich mehrheitlich abgestimmt und deswegen glaube ich, gibt es da auch eine Verantwortung zu sagen: Das, was wir beschlossen haben, werden wir auch umsetzen.

Marlies Hennen-Nöhre (Geistliche Leiterin der Katholischen Frauengemeinschaft im Bistum Essen und Pfarrbeauftragte in Wattenscheid)

"Ich schaue darauf, was die Menschen, für die ich predige, mit denen ich Gottesdienst feiere, bewegt und beschäftigt."

DOMRADIO.DE: Sie predigen zum Thema Wandelmut. Nicht Wankelmut, sondern Wandelmut. Was kann man sich darunter vorstellen?

Hennen-Nöhre: Es ist ein Wort, das uns im Laufe der Zeit, als wir über diesen Tag nachgedacht haben, immer mehr in den Sinn kam. Es geht ja immer aus von den Lesungstexten des Sonntags. Das ist an diesem Sonntag das Johannesevangelium: "Euer Herz lasse sich nicht verwirren" (Joh 14,1). Ich möchte darin diesen Satz von Jesus "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben" (Joh 14,6) als eine Art Entwirrungshilfe entdecken.

Ich schaue darauf, was die Menschen, für die ich predige, mit denen ich Gottesdienst feiere, bewegt und beschäftigt. Ich versuche, das zusammenzubringen und ihnen auch Mut zu machen und zu entdecken, wo wir Dinge auch wandeln können und wo wir das entwickeln können, was uns auch manchmal verwirrt und verknotet ist und neue Wege gehen. Ich habe mir dafür auch Beispiele von Frauen erzählen lassen, was ihnen auch Wandelmut macht und wer ihnen Wandelmut schenkt.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Stichwort: Predigt

Die Predigt (von lateinisch praedicátio "Lobpreis, Lob, Vorspruch", von praedicáre "laut ausrufen, bekanntmachen, loben") ist die Glaubensverkündigung in Form einer Ansprache, in der Regel im Rahmen eines Gottesdienstes.

Die Predigt in der heiligen Messe wird als Homilie ("Gespräch, Rede, Unterricht") bezeichnet, die die in der heiligen Messe verkündeten Perikopen auslegt.

Justin Welby, Erzbischof von Canterbury, predigt zu Ostern in der Kathedrale von Canterbury / © Gareth Fuller (dpa)
Justin Welby, Erzbischof von Canterbury, predigt zu Ostern in der Kathedrale von Canterbury / © Gareth Fuller ( dpa )
Quelle:
DR