Petition fordert Absetzung von Kölner Kardinal Woelki

Bisher knapp 60.000 Unterschriften

Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zum Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki sind eingestellt. Doch eine Online-Petition fordert die Absetzung des Kardinals. Dieser hingegen sieht in dem Ende des Verfahrens einen Schlusspunkt.

Blick auf den Kölner Dom / © BalkansCat (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © BalkansCat ( shutterstock )
Der Priester Wolfgang Rothe am 19. Januar 2022 auf dem Münchner Marienplatz. / © Dieter Mayr (KNA)
Der Priester Wolfgang Rothe am 19. Januar 2022 auf dem Münchner Marienplatz. / © Dieter Mayr ( KNA )

Woelkis Verhalten sei ein "Schlag ins Gesicht der vielen Opfer von sexuellem Missbrauch" und mache die Bemühungen zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in den anderen deutschen Diözesen und in der Weltkirche zunichte". Mit dieser Begründung bittet der Münchner Priester Wolfgang F. Rothe Papst Leo XIV. seit dem 26. Mai auf der Online-Plattform "change.org" darum, "die katholische Kirche in Deutschland baldmöglichst von der enormen Belastung zu befreien." Der Kardinal sei "nicht länger tragbar!". Er sei ein "Hirte ohne Herde", das Erzbistum Köln "eine Herde ohne Hirten".

Die Bittschrift wurde inzwischen von knapp 60.000 Menschen unterschrieben. Hintergrund sind die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Kardinal Woelki, die gegen Zahlung einer Geldauflage von 26.000 Euro eingestellt wurden. Zwar sei letztlich keine Anklage gegen Woelki erhoben worden, dies aber vor allem deshalb nicht, weil sich der 68 Jahre alte Geistliche bisher strafrechtlich nichts habe zuschulden kommen lassen. Trotz der Einstellung habe er seine Glaubwürdigkeit verloren, heißt es in der Petition. 

Die Staatsanwaltschaft hatte wegen möglicher Falschaussagen Woelkis zu zwei Missbrauchsfällen ermittelt. Hinsichtlich zweier eidesstattlicher Versicherungen im Zuge zivilrechtlicher Presserechtsstreitigkeiten mit der "Bild"-Zeitung wurde das Verfahren mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt. Für die Staatsanwaltschaft bestehe aber ein hinreichender Verdacht, dass Woelki fahrlässig in einem Fall eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben sowie vor dem Landgericht einen Falscheid abgelegt habe. Man habe eine Verurteilung des Kardinals im Falle einer Anklage als "überwiegend wahrscheinlich" eingestuft. 

Das Erzbistums Köln betont allerdings: "Kardinal Woelki ist unschuldig und hat nicht gelogen. Er hat keine Aussagedelikte, insbesondere keinen Meineid begangen." Diese Darstellung wird von den Initiatoren der Unterschriftensammlung kritisiert. Diese Angaben seien wahrheitswidrig. 

Die Grundlage für die Petition sehen die Unterstützer laut eigener Angabe unter anderem in zwei apostolischen Schreiben, wonach die Verletzung von Sorgfaltspflichten im Umgang mit sexuellem Missbrauch durch kirchliche Verantwortungsträger disziplinarische Maßnahmen nach sich ziehen kann.

Zu den Erstunterzeichnenden gehören auch der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller, Christian Weisner von der Reformgruppe "Wir sind Kirche" sowie Maria Mesrian von der Reformbewegung Maria 2.0. 

Blick auf den Kölner Dom / © Elen Marlen (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © Elen Marlen ( shutterstock )

Das Erzbistum hatte zur Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage weiter erklärt, Woelki verzichte damit auf sein Recht, die Vorhaltungen der Staatsanwaltschaft vor Gericht klären zu lassen. Bei der Geldauflage handele es sich nicht um eine Strafe.

Auf Anfrage von DOMRADIO.DE hieß es vom Erzbistum Köln, für den Erzbischof stelle das Verfahrensende einen Schlusspunkt dar. "Er möchte sich jetzt mit ganzer Kraft und gemeinsam mit den Gläubigen den Zukunftsthemen des Erzbistums Köln widmen."

"Kommunikativer Feldzug"

Der Leiter der Media School an der Fresenius Hochschule Köln, Riccardo Wagner, wirft den Initiatoren der Petition vor, einen "kommunikativen Feldzug" gegen Woelki zu führen. Die Plattform vermittle zwar den Eindruck basisdemokratischer Teilhabe, sagte Wagner der Zeitung "Die Tagespost". Die Unterzeichnerlisten auf change.org seien aber nicht verifiziert. "Jeder kann unterschreiben - auch mehrfach, mit Alias-Namen oder anonym, inklusive Bots. Es gibt keinerlei Filter nach Herkunft, Kirchenzugehörigkeit oder Ernsthaftigkeit der Beteiligung."

Gegenüber DOMRADIO.DE betont die Plattform dagegen, alle Unterschriften auf Change.org würden eine technische Verifizierung durchlaufen: "Jede*r Nutzer*in muss eine gültige E-Mail-Adresse angeben und diese bestätigen. Zusätzlich setzen wir verschiedene automatisierte Sicherheitssysteme sowie manuelle Prüfprozesse ein, um Mehrfachunterzeichnungen, Bot-Aktivitäten oder andere Formen von Missbrauch zu erkennen und zu verhindern. Unterschriften, die gegen unsere Richtlinien verstoßen, werden entfernt." 

Der Petitionsinitiator Wolfgang Rothe ist selbst Betroffener von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche und gilt als scharfer Kritiker kirchlicher Strukturen. Als Unterstützer der "#OutInChurch"-Bewegung und Queer-Seelsorger des Erzbistums München und Freising setzt er sich für eine Reform der Sexualmoral sowie die Segnung homosexueller Paare ein.

Vatikan: "Keine Hinweise auf rechtswidriges Verhalten"

Im Jahr 2021 hatte der mittlerweile verstorbene Papst Franziskus eine Apostolische Visitation, also eine offizielle Überprüfung, für das Erzbistum angeordnet, bei der zwei Bischöfe aus dem Ausland die Lage vor Ort untersuchten. Damit einher ging für den Kölner Erzbischof eine mehrmonatige Auszeit, die im März 2022 endete. 

Der Vatikan fand dabei keine Hinweise auf rechtswidriges Verhalten Woelkis. Er lobte dessen Aufklärungswillen, kritisierte jedoch gravierende Kommunikationsfehler, die eine Vertrauenskrise im Erzbistum ausgelöst hätten.

Trotz offizieller Entlastung sah sich Woelki weiterhin massiver Kritik ausgesetzt – von Medien, kirchlichen Gruppen und einzelnen Bischöfen. 

2022 reichte Woelki nach seiner Auszeit ein Rücktrittsgesuch bei Papst Franziskus ein. Franziskus reagierte allerdings weder durch Annahme noch durch Ablehnung. In einem Interview mit der "Zeit" betonte Woelki erst kürzlich, dass sein Rücktrittsangebot laut Kirchenrecht bereits nach drei Monaten unwirksam geworden sein.

Anmerkung der Redaktion: Die Stellungnahme von Change.org wurde am 10. Juni um 12.30 Uhr ergänzt.

Quelle:

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