Peru wählt am Sonntag ein neues Staatsoberhaupt

Die Weichen stehen auf "weiter so"

Für gut 17 Millionen Wahlberechtigte am Sonntag in Peru ist eines sicher: Da der jetzige Amtsinhaber Alan García nicht wieder kandidieren darf, ist ein Personalwechsel an der Staatsspitze garantiert. Politisch stehen die Weichen auf ein "weiter so". Wer das Rennen macht ist jedoch völlig offen.

Autor/in:
Jürgen Vogt
 (DR)

Im historischen Zentrum der peruanischen Hauptstadt Lima laufen die Druck- und Schneidemaschinen auf Hochtouren. Es rattert, stanzt, walzt und quietscht entlang der Callao-Straße, wo die Drucker der Stadt ihre Geschäfte haben. Dort, nur vier Häuserblocks vom Präsidentenpalast entfernt, lassen die Kandidaten für die Präsidentschafts- und Kongresswahl ihre Wahlwerbung drucken.



Den Druckern ist es egal, für wen die Plakate aus ihren Pressen werben. Vier der zehn Kandidaten haben gute Chancen in die Stichwahl zu kommen. In den jüngsten Umfragen liegen sie zwischen 27 und 18 Prozent. Alejandro Toledo hat demnach seine wochenlange Führung eingebüßt. Der 65-Jährige war von 2001 bis 2006 schon einmal Staatspräsident und wirbt mit den Slogan "Ich habe es gut gemacht, ich werde es besser machen".



Dagegen hat Ollanta Humala kräftig aufgeholt. Der 47-jährige frühere Militäroberst gilt als linker Nationalist, konnte jedoch das Image eines peruanischen Hugo Chávez etwas abstreifen. Seine Wählerstimmen kommen vor allem aus dem ländlichen Raum. Der Großteil der Wahlberechtigten Millionenmetropole Lima misstrauen ihm jedoch nach wie vor. 2006 scheiterte er beim ersten Versuch.



Keine Überraschung wäre es, wenn Keiko Fujimori in die Stichwahl einziehen würde. Auch wenn die 35-Jährige vor allem als Tochter des früheren Präsidenten Alberto Fujimori (1990-2001) in Erscheinung tritt. Sie repräsentiert den rechten Rand der Ober- und Mittelschicht und der Militärs. Doch auch in den Armenvierteln, wo sich noch viele an die Fürsorgeprogramme des Vaters erinnern, hat sie Anhänger. Fujimori Vater sitzt wegen Mordes und Korruption im Gefängnis in Lima. Sollte seine Tochter gewinnen, ist die Freilassung nur eine Frage der Zeit.



Dass die Wirtschaft brummt, merkt man nicht

Ebenfalls Chancen hat Pedro Pablo Kuczynski. Der 72-Jährige arbeitete sich in den vergangenen Wochen in den Umfragen kontinuierlich nach oben. PPK, wie er genannt wird, war unter Toledo Wirtschaft- und Finanzminister, hatte schon mehrere Direktorenposten bei internationalen Banken und ausländischen Öl- und Gasfirmen und ist ein ausgesprochener Lobbyist der Bergbauindustrie.



Viel erwarten sich die Drucker von Lima weder von dem einen noch von dem anderen. In den rund 2.000 Minibetrieben sind je nach Bedarf bis zu 10.000 Menschen beschäftigt. Wer Glück hat, bekommt für seine Sechs-Tage-Woche und 14-Stunden-Tage den gesetzlichen Mindestlohn von umgerechnet knapp 150 Euro pro Monat. Dass Perus Wirtschaft brummt, merkt man hier nicht.



Die Wirtschaft wächst seit Jahren um über sieben Prozent. Den Aufschwung verdankt Peru jedoch vor allem der Exportwirtschaft und den international gestiegenen Rohstoffpreisen zu Beispiel für Kupfer und Silber. Zudem hat sich das Land zum weltgrößten Spargelproduzenten entwickelt.



Die Regierung hat diesen Prozess nach Kräften unterstützt. Im Bergbau investieren große ausländische Unternehmen. Ein Höhepunkt dieser Liberalisierungspolitik ist das Freihandelsabkommen mit den USA, das im Februar 2009 in Kraft trat. Ein entsprechender Vertrag mit der EU wartet auf Umsetzung.



Rund ein Drittel lebt unterhalb der Armutsgrenze

Offiziell ist der Anteil der Armen in der Bevölkerung seit 2001 von 54 Prozent auf jetzt 34 Prozent gesunken. Rund ein Drittel der knapp 30 Millionen lebt unterhalb der Armutsgrenze von umgerechnet 400 Euro für eine vierköpfige Familie. Doch etwa 70 Prozent aller Arbeitsplätze sind im informellen Sektor angesiedelt. 11 Millionen Menschen leben also ohne Sozialversicherung und von einem Tag auf den anderen.



Auch in der Straße der Drucker ist die Schattenseite des peruanischen Aufschwungs zu sehen. Die Maschinen haben schon etliche Jahre auf dem Buckel, fallen auch immer mal wieder aus. So wie die Edelmann Offsetmaschine von Jesus Rolando Ramos, die aus Offenbach kommt. Die alte Postleihzahl darauf verrät, dass sie mindestens 17 Jahre alt ist.