Paulus-Kirche in Tarsus wird wieder Museum

Freiheit mit Vorausbuchungsfrist

Mit dem Gedenkjahr zur Geburt des Apostels Paulus vor 2.000 Jahren hatte es in seiner Heimatstadt Tarsus einen Funken Toleranz für die Christen gegeben. Doch damit scheint es schon wieder vorbei. Einen Monat nach dem feierlichen Abschluss des Jubeljahrs wird die kleine alte Kirche des Heiligen Paulus wieder ein Museum.

Autor/in:
Burkhard Jürgens
 (DR)

Pilger, die eine Messe feiern wollen, müssen dies mindestens drei Tage vorab anmelden und das Eintrittsgeld hinterlegen. Der sonst sehr diplomatische Bischof Luigi Padovese aus Iskenderun, der für Tarsus zuständig ist und zudem den Vorsitz in der Türkischen Bischofskonferenz führt, spricht ungeschminkt von mangelnder Religionsfreiheit. Die türkischen Behörden zögen die Schrauben wieder an.

Dabei sieht man seitens der türkischen Regierung durchaus die Vorteile, die sich durch den Zulauf christlichen Pilger bieten. 1,5 Millionen Besucher, so schätzt das türkische Außenamt, kamen allein wegen des Paulus-Jahrs ins Land. Zwar nur ein Zehntel des gesamten Touristenaufkommens, aber doch ein gewisser Faktor im Fremdenverkehr. Kappadokien, Ephesus, Antiochien - die Türkei besitzt ein überreiches Erbe an christlicher Geschichte. Und offensichtlich mangelt es nicht an interessierter Kundschaft. "Es ist ein neues Phänomen für uns", sagt eine höhere Mitarbeiterin des türkischen Außenamts, die namentlich nicht genannt werden will.

Manche kirchlichen Mitarbeiter sehen das Verhältnis zwischen Staat und Kirche in der Türkei tatsächlich auf einem guten Weg. "Das Interesse gegenüber den christlichen Minderheiten ist ganz stark gewachsen", bilanziert Barbara Kallasch, deutsche Seelsorgerin in Antakya. Mit der Aufmerksamkeit für den Pilgertourismus wolle die Türkei bekunden, "dass Religionsfreiheit besteht und es den christlichen Minderheiten gut geht". Beabsichtigt sei damit nicht zuletzt ein Signal an Europa - noch immer, wenn auch mit schwankendem Rückhalt in der Bevölkerung, hofft der Staat auf einen baldigen Beitritt in die EU.

Dazu passt, dass während des Paulusjahrs auch die ansonsten schmucklose Agrar- und Verwaltungsstadt Tarsus mit dem Pfund wucherte, das ihr berühmtester Sohn Paulus darstellt. Die Kommune gab in zahlreichen Sprachen einen kleinen Reiseführer heraus, der breit auf die christliche Vergangenheit eingeht. Selbst ein an sich belangloser römischer Brunnen im Zentrum wurde flugs in "Paulus-Brunnen" umgetauft und aufwendig restauriert.

Zugleich gab es im vergangenen Jahr ein hartes Feilschen um den Status der mittelalterlichen Kirche in Tarsus, das eigentliche Ziel christlicher Pilgergruppen. Nicht nur die lokalen Kirchenoberen, auch die deutschen Bischöfe und besonders Kölns Kardinal Joachim Meisner setzten sich für eine Rückwidmung des als Museum betriebenen Baus zu einer christlichen Kultstätte ein. Noch am Rande des Festakts zum Abschluss des Paulusjahrs verhandelte der deutsche Botschafter Eckart Cuntz mit dem Provinzgouverneur in Mersin und anderen Offiziellen.

Von symbolischem Wert war auch, dass Papst Benedikt XVI. seinen Chefbeauftragten für den interreligiösen Dialog, Kardinal Jean-Louis Tauran, zur Feier nach Tarsus entsandte. Das Medieninteresse war groß, als Cuntz nach dem Abschlussgottesdienst am 29. Juni eine gute Nachricht verkündete: Bis auf weiteres solle das Gotteshaus als Pilgerkirche genutzt werden dürfen. Auch der Bürgermeister von Tarsus, Burhanettin Kocamaz, beteuerte in seiner Festrede, man habe keine Einwände, wenn Pilger in der Pauluskirche Gottesdienst feierten. Wer das Hausrecht in der Kirche besitzen sollte, präzisierte er nicht.

Bischof Padovese zeigte sich daraufhin zuversichtlich und sprach von einem "wichtigen Schritt". Zugleich verriet er, dass er bei einem anderen Ausgang seine staatlichen Verhandlungspartner offen des Wortbruchs geziehen hätte, ohne jede bischöfliche Zurückhaltung. Dieser Punkt ist für ihn anscheinend jetzt erreicht.