Rüstungsexporte auf Rekordhoch

Paukenschlag zum Jahreswechsel

Mitte Dezember stellten die beiden großen Kirchen ihren Rüstungsexportbericht vor. Nun wurde die Höhe der Rüstungsexporte bekannt. Vorausgegangen war eine Anfrage der Linken-Politikerin Sevim Dagdelen an die Bundesregierung.

Autor/in:
Joachim Heinz
Rüstungsexporte: Patrouillenboote auf einer Werft in Mecklenburg-Vorpommern / © Stefan Sauer (dpa)
Rüstungsexporte: Patrouillenboote auf einer Werft in Mecklenburg-Vorpommern / © Stefan Sauer ( dpa )

Wie aus einer über Weihnachten bekanntgewordenen Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Sevim Dagdelen (Linke) hervorgeht, wurden im Jahr 2021 mit Stand vom 14. Dezember Exporte von Rüstungsgütern in Höhe von 9,042 Milliarden Euro genehmigt. Damit ist der bisherige Rekordwert von rund 8,015 Milliarden Euro aus dem Jahr 2019 schon jetzt Geschichte.

Kritik an Waffengeschäften mit Ägypten

Mehr noch: Von den nun erteilten Genehmigungen entfielen ein Großteil auf sogenannte Drittländer außerhalb von Nato und EU. Diese Lieferungen sind deshalb besonders umstritten, weil dadurch immer wieder Waffen aus Deutschland in Krisen- und Konfliktregionen oder Staaten mit einer problematischen Menschenrechtslage gelangen. Das zeigt auch ein Blick auf die aktuellen Top 3: Ägypten liegt mit einem Volumen von 4,3 Milliarden Euro mit weitem Abstand auf dem ersten Platz, gefolgt von Singapur (629,6 Millionen Euro) und Brasilien (143,5 Millionen Euro).

Speziell die Lage in Ägypten hatten auch schon die Kirchen in ihrem Bericht unter die Lupe genommen. Das Militärregime von Präsident al-Sisi steht in der Kritik, Oppositionelle zu Tode zu foltern und Dissidenten zu entführen und zu töten. Zugleich beteiligt sich das Land an der Seite Saudi-Arabiens am Krieg im Jemen und ist in den Konflikt in Libyen verwickelt. Dass dorthin nun trotzdem Patrouillenboote, Fregatten oder Luftverteidigungssysteme geliefert werden sollen, ist für viele Beobachter unvereinbar mit den immer wieder formulierten Bekenntnissen, keine Waffen in Staaten zu exportieren, die schwere Menschenrechtsverletzungen begehen oder das humanitäre Völkerrecht verletzen.

Als bedenklich bezeichnet der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung GKKE, Karl Jüsten, die Waffengeschäfte mit dem nordafrikanischen Staat. "Wir werden die Genehmigungen für 2021 genau untersuchen und fordern einen Kurswandel in der Rüstungsexportpolitik." Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bekräftigte unterdessen, dass die neue Regierung wie im Koalitionsvertrag vorgesehen an einem Rüstungsexportkontrollgesetz arbeite. Eine entsprechende Regelung werde seit Jahren von den Kirchen gefordert, kommentierte der GKKE-Vorsitzende Jüsten trocken.

Welche Rolle spielen die Ampelkoalition und Kanzler Scholz?

Zugleich betont die Ampelkoalition, dass unter ihrer Ägide seit dem 8. Dezember lediglich Ausfuhren in Höhe von 3.679 Euro bewilligt worden seien. Das stimmt. Aber erstens gehörte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch der alten Bundesregierung an. Und zweitens stellt sich bei einem näheren Blick auf die Zahlen die Frage, ob da nicht hinter den Kulissen ein schmutziger Deal ausgehandelt wurde, um die neue Bundesregierung nicht direkt in schweres Fahrwasser zu bringen.

Zwischen der letzten Antwort der Regierung auf eine Anfrage Dagdelens am 29. November und dem 14. Dezember wurden Exportgenehmigungen in einer Gesamthöhe von rund 4,9 Milliarden Euro durchgewunken, rechnet das Büro der Abgeordneten vor. Bis auf die bereits erwähnten 3.679 Euro muss nach Adam Riese für den Rest die geschäftsführende Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) verantwortlich gezeichnet haben. Von einem "Gaunerstück" ihres Nachfolgers Olaf Scholz und einer "schweren Hypothek" für die neue Regierung spricht deswegen die Linken-Außenexpertin Dagdelen.

Auf eine echte Kurswende, wie sie auch die Kirchen fordern, deutet bislang jedenfalls wenig hin. Das zeigt sich auch am Beispiel des Export-Stopps für Saudi-Arabien, der Ende des Jahres auslief. Hierzu verwies Vize-Regierungssprecher Wolfgang Büchner vor wenigen Tagen noch auf den Koalitionsvertrag, in dem es heißt: "Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind." Saudi-Arabien sei davon weiterhin erfasst, so Büchner. Wenn das Bestand hat, dürfte es künftig auch keine Exporte mehr nach Ägypten geben.


Quelle:
KNA
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