Patriarch von Jerusalem rechnet mit langem Krieg

"In einem erklärten Krieg"

Der höchstrangige Katholik Israels, Kardinal Pizzaballa, befürchtet einen langen kriegerischen Konflikt im Nahen Osten. "Es ist klar, dass wir uns nicht in einer militärischen Operation befinden, sondern in einem erklärten Krieg."

Rauch steigt nach einem israelischen Luftangriff über Gebäuden von Gaza-Stadt auf. / © Adel Hana (dpa)
Rauch steigt nach einem israelischen Luftangriff über Gebäuden von Gaza-Stadt auf. / © Adel Hana ( dpa )

Das sagte der Lateinische Patriarch von Jerusalem dem Online-Portal Vatican News. Die internationale Gemeinschaft müsse die Konfliktparteien durch Vermittlungen zur Vernunft bringen - wobei öffentliche Vermittlungen "niemals funktionieren".

Kardinal Pierbattista Pizzaballa, Lateinischer Patriarch von Jerusalem, bei der Messe in der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Kardinal Pierbattista Pizzaballa, Lateinischer Patriarch von Jerusalem, bei der Messe in der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Hat niemand vorhergesehen

"Die Eskalation des Konflikts lag offen vor aller Augen und für alle sichtbar. Aber eine Explosion solcher Gewalt, solchen Ausmaßes und solcher Brutalität - das hatte niemand vorhergesehen", sagte Pizzaballa und betonte: "Solange die palästinensische Frage, also Freiheit, Würde und Zukunft der Palästinenser, nicht ausreichend berücksichtigt werden, solange werden die Aussichten auf Frieden zwischen Israel und Palästina immer schwieriger."

In Gaza seien auch Häuser christlicher Familien zerstört worden, berichtete der Kardinal. Die Menschen seien nun in Räumen der Gemeinde und in einer Schule des Patriarchats untergebracht.

Israel im Kriegszustand

Am Samstag hatte die Hamas Israel mit Raketen angegriffen und Menschen entführt. Israels Regierung erklärte daraufhin den Kriegszustand und startete Vergeltungsangriffe im Gazastreifen. In Israel wurden nach dem Angriff der Hamas rund 1.200 Todesopfer gemeldet, im Gazastreifen bislang mehr als 1.000.

Kurz nach dem Angriff hatte Pizzaballa gemeinsam mit weiteren Kirchenführern eine Stellungnahme abgegeben, für die er scharf kritisiert wurde. Die israelische Botschaft beim Heiligen Stuhl bezeichnete die Erklärung als enttäuschend und frustrierend, weil eine klare Verurteilung des Angriffs der Hamas fehle. Der Patriarch gab später zu bedenken, die Stellungnahme sei etwas voreilig formuliert worden, bevor das volle Ausmaß der Attacken bekannt gewesen sei.

Israelisches Sicherheitskabinett erklärt offiziell Kriegszustand

Israel befindet sich jetzt offiziell im Krieg. Das Sicherheitskabinett der israelischen Regierung hat Samstagnacht den Kriegszustand und die damit verbundene Einleitung militärischer Maßnahmen gebilligt, wie das israelische Regierungspressebüro am Sonntagnachmittag mitteilte.

Es beruft sich dabei auf Artikel 40 des israelischen Grundgesetzes. Dieses legt fest, dass der Beginn eines Kriegs oder entsprechender militärischer Operationen nur aufgrund eines Regierungsbeschlusses erfolgen dürfen.

Ein Gesamtbild der Zerstörung nach dem tödlichen Angriff auf eine Polizeistation in der Stadt Sderot am zweiten Tag des andauernden Konflikts zwischen Israel und der militanten palästinensischen Gruppe Hamas / © Ilia Yefimovich (dpa)
Ein Gesamtbild der Zerstörung nach dem tödlichen Angriff auf eine Polizeistation in der Stadt Sderot am zweiten Tag des andauernden Konflikts zwischen Israel und der militanten palästinensischen Gruppe Hamas / © Ilia Yefimovich ( dpa )