Papst trifft in London Missbrauchsopfer und Experten

"Tiefer Schmerz und Scham"

Papst Benedikt XVI. hat sich in London mit fünf Opfern sexuellen Missbrauchs durch katholische Geistliche getroffen. Vatikansprecher Federico Lombardi teilte mit, der Papst habe erschüttert die Berichte der Betroffenen gehört und "tiefen Schmerz und Scham über ihre Leiden" ausgedrückt. Der Sender BBC berichtet, Benedikt XVI. habe Tränen in den Augen gehabt, als er sich bei den Opfern entschuldigte.

 (DR)

Drei der Opfer stammen aus der nordenglischen Grafschaft Yorkshire, eines aus London und ein weiteres aus Schottland. Der Präsident der katholischen Kinderschutzkommission (National Catholic Safeguarding Commission, NCSC) Bill Kilgallon beschrieb das Treffen in einem BBC-Interview als "hochemotional". Dennoch seien die Opfer froh über die Gelegenheit, "ihm über ihre Erfahrungen zu berichten". Auch die Dauer der Begegnung sei sehr bezeichnend gewesen, so Kilgallon. Der Papst habe ihnen mit 30 bis 40 Minuten mehr Zeit gewidmet als dem Premierminister. Beobachter sehen es als bedeutsam an, dass der Papst die Vorfälle als "Verbrechen" und nicht wie zuvor als "Sünde" bezeichnet habe. Damit rücke er die Vorgänge in einen weltlichen Kontext, so der Religionskorrespondent der BBC Robert Piggott.



Wie bereits auf dem Hinflug nach Schottland hatte Benedikt XVI. schon am Morgen erneut sein "tiefes Bedauern" gegenüber den Opfern sexuellen Missbrauchs ausgedrückt. Er empfinde "Beschämung und Demütigung" angesichts dieser "unbeschreiblichen Verbrechen", sagte der Papst bei einer Messe in Westminster Cathedral. Die Folgen des Skandals sollten als "Strafe zur Heilung der Opfer" und "zur Läuterung der Kirche" beitragen.



Vatikansprecher Lombardi berichtete weiter, der Papst habe in der Nuntiatur von London-Wimbledon mit den Opfern darum gebetet, dass die betroffenen Opfer Heilung und Versöhnung erfahren und vergangene wie gegenwärtige Ängste für die Zukunft überwinden könnten. Er habe ihnen versichert, dass die katholische Kirche wirksame Maßnahmen ergreife, um derartige Vorfälle in Zukunft zu vermeiden. Außerdem unternehme sie alles ihr Mögliche, um die Beschuldigungen zu klären.



Sie wolle mit den zivilen Behören zusammenarbeiten und jene Kleriker und Ordensleute der Justiz übergeben, die so schwerer Verbrechen beschuldigt würden. Nach diesem Treffen wollte der Papst noch mit einer Gruppe von Fachleuten und Freiwilligen zusammentreffen, die sich für einen wirksamen Schutz von Kindern und Jugendlichen in kirchlichen Einrichtungen einsetzen.



Die BBC berichtet, man habe die Medien bewusst nicht vorab informiert, um die Privatsphäre der Opfer zu wahren und es ihnen selbst zu überlassen, ob sie an die Öffentlichkeit gehen wollten.



Papst trifft mit Experten gegen Missbrauch zusammen

Im Anschluss traf Benedikt XVI. mit einer Gruppe von Fachleuten und Freiwilligen zusammen, die sich um Opfer pädophiler Geistlicher und um die Vorbeugung solcher Vergehen kümmern. Bei der Begegnung außerhalb seines Besuchsprogramms in London dankte der Papst ihnen für ihren Dienst. Es sei beklagenswert, dass Schutzbefohlene unter Missbrauch und Misshandlung durch Priester und Ordensleute hätten leiden müssen. Dies stehe in scharfem Gegensatz zur langen kirchlichen Tradition in Erziehung und Jugendarbeit.



Benedikt XVI. verwies auf den "Nolan Report" und die sogenannte Cumberlege-Kommission zum Kinderschutz, auf Grund deren Empfehlungen die Initiative gebildet worden war. Die Experten und Freiwilligen leisteten auf dieser Grundlage einen wichtigen Dienst, um für Kinder und Jugendliche eine sichere Umgebung zu schaffen.



Ihre Arbeit helfe "sicherzustellen, dass die vorhandenen vorbeugenden Maßnahmen wirksam sind, dass sie mit Sorgfalt eingehalten werden und dass jeglichen Behauptungen von Missbrauch umgehend und objektiv nachgegangen wird", so der Papst. Jeder Missbrauchvorwurf werde dadurch rasch und gerecht behandelt. "Im Namen vieler Kinder, die Sie betreuen, und ihrer Eltern möchte ich Ihnen für die gute Arbeit danken, die Sie in diesem Bereich geleistet haben und weiter leisten", sagte Benedikt XVI.