Papst Leo XIV. hat dazu aufgerufen, trotz vermeintlich dunkler Zeiten Hoffnung zu haben. "Die Liebe hat gesiegt, auch wenn wir so viele Konflikte vor Augen haben und so viele Gegensätze aufeinanderprallen sehen", sagte er am Samstag vor Tausenden Menschen auf dem Petersplatz. Dabei verwies er auf den deutschen Kardinal Nikolaus von Kues (lateinisch Cusanus), der "in einer ebenso unruhigen Zeit" gelebt habe. "Er war ein großer Denker und Diener der Einheit", so der Papst bei einer Sonderaudienz anlässlich des Heiligen Jahres der katholischen Kirche. "Er kann uns lehren, dass Hoffen auch Nichtwissen bedeutet."
Einsatz für den Frieden
Der spätmittelalterliche Philosoph und Theologe Cusanus (1401-1464) war Fürstbischof von Brixen in Südtirol. Er wurde in Kues an der Mosel geboren und starb in Todi in Umbrien.
Cusanus habe sich für Frieden und für die Einheit der von gegensätzlichen Strömungen erschütterten und zwischen Ost und West gespaltenen Kirche eingesetzt, so der Papst. Während viele Zeitgenossen von Cusanus in Angst lebten oder sich auf neue Kreuzzüge vorbereiteten, habe der päpstliche Diplomat gebetet, nachgedacht, sich in neue Disziplinen vertieft, die Klassiker neu gelesen und dabei immer an Hoffnung und Menschlichkeit geglaubt. "Deshalb sind seine Schriften voller Licht", sagte Leo.
"Zeichen von Intelligenz"
"Das sind seine Lehren: Raum schaffen, Gegensätze zusammenhalten, auf das hoffen, was noch nicht sichtbar ist." Cusanus habe von einer "gelehrten Unwissenheit" gesprochen, die ein "Zeichen von Intelligenz" sei.
In seinen Schriften habe er grundlegende Fragen formuliert, die die Gewissheiten der Gelehrten ins Wanken brachten. Das gelte auch für die heutige Kirche: "Wie viele Fragen stellen unsere Lehre auf die Probe! Fragen von jungen Menschen, Fragen von Armen, Fragen von Frauen, Fragen von Menschen, die zum Schweigen gebracht oder verurteilt werden, weil sie sich von der Mehrheit unterscheiden", sagte der Papst.
Kirche als "Expertin für Menschlichkeit"
"Wir leben in einer gesegneten Zeit", führte Leo aus: "Die Kirche wird zur Expertin in Sachen Menschlichkeit, wenn sie mit der Menschheit geht und ihre Fragen in ihrem Herzen trägt."
Die Menschen hätten noch nicht auf alle Fragen eine Antwort, "aber wir haben Jesus", sagte der Papst. Er rief dazu auf, Christus zu folgen und auf das hoffen, was noch nicht sichtbar sei. "Hoffen heißt nicht wissen", zitierte er Cusanus. "Lasst uns ein Volk werden, in dem sich Gegensätze vereinen. Lasst uns wie Entdecker in die neue Welt des Auferstandenen eintreten", appellierte Leo XIV. Diese "Reise der Hoffnung" unternehme nicht nur die Kirche, sondern die gesamte Menschheit, schloss der Papst.