Papst Leo XIV. verbringt demnächst Sommerfrische in Castel Gandolfo

"Friedlicher Rückzugsort mit einem Hauch von Geschichte"

In den vergangenen Jahren war es um Castel Gandolfo sehr ruhig geworden. Weil Papst Franziskus dort keinen Urlaub gemacht hat, hat sich der Charakter des Ortes gewandelt. Unter Leo XIV. stehen der Kleinstadt neue Zeiten bevor.

Autor/in:
Roland Müller
Platz vor der Sommerresidenz der Päpste, Castel Gandolfo / © Giongi (shutterstock)
Platz vor der Sommerresidenz der Päpste, Castel Gandolfo / © Giongi ( shutterstock )

Bald stehen die Sommerferien an und viele Menschen freuen sich auf ihren Urlaub. Papst Leo XIV. wird es nicht anders gehen, denn auch das Kirchenoberhaupt begibt sich am übernächsten Sonntag in die wohlverdiente Sommerfrische. Der neue Pontifex greift damit eine alte Tradition auf, die sein Vorgänger Franziskus aufgegeben hatte: Er wird – wie viele Päpste vor ihm – seinen Urlaub in Castel Gandolfo verbringen. 

Mitte Juni teilte der Vatikan mit, dass sich Leo insgesamt zwei Wochen, vom 6. bis zum 20. Juli, in der päpstlichen Sommerresidenz in der etwa 25 Kilometer südöstlich von Rom gelegenen Kleinstadt aufhalten wird. Dieser Entscheidung war ein Überraschungsbesuch des Papstes in Castel Gandolfo an Christi Himmelfahrt Ende Mai vorausgegangen. Bei dem Tagesausflug in die Albaner Berge, in denen der Ort liegt, verschaffte er sich ein Bild von der Lage vor Ort und besuchte unter anderem den Papstpalast.

Charakter als friedlicher Rückzugsort

Mario Galgano begrüßt die Entscheidung des Papstes, seinen Sommerurlaub in dem 8.000-Einwohner-Ort Castel Gandolfo zu verbringen. "Die Rückkehr ist ein Zeichen für die Aufwertung eines traditionsreichen Ortes, der seit Franziskus eine neue Rolle sucht", sagt der Schweizer Journalist, der bei Radio Vatikan als Redakteur arbeitet. 

Die Gärten auf dem Gelände der Päpstlichen Villen in Castel Gandolfo am 11. Juni 2016. / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani (KNA)
Die Gärten auf dem Gelände der Päpstlichen Villen in Castel Gandolfo am 11. Juni 2016. / © Stefano dal Pozzolo/Romano Siciliani ( KNA )

"Denn seit Papst Franziskus 2013 aus persönlichen Gründen entschieden hat, auf den traditionellen päpstlichen Sommersitz zu verzichten, hat sich der Charakter des Ortes spürbar gewandelt", so Galgano, der ein Buch über Castel Gandolfo geschrieben hat. "Wo früher jeden Sommer ein Hauch von Vatikan in die Albaner Berge wehte und die Präsenz des Papstes das Dorf belebt hat, ist nun eine gewisse Ruhe eingekehrt." 

Doch auch eine neue Offenheit sei zu spüren: "Der apostolische Palast wurde für Besucher geöffnet und die Gärten können besichtigt werden." Das ehemalige Refugium der Päpste habe sich zu einem Ort des kulturellen und spirituellen Tourismus gewandelt, sagt Galgano. Der Journalist kennt die Kleinstadt gut und schwärmt regelrecht von ihr: "Castel Gandolfo selbst liegt malerisch oberhalb des Albaner Sees, ist eingebettet in eine liebliche Hügellandschaft und hat seinen Charakter als friedlicher Rückzugsort mit einem Hauch von Geschichte bewahrt." 

Flucht vor der Hitze Roms im Sommer

Diese Geschichte reicht weit zurück: Ende des 16. Jahrhunderts kam die heutige Sommerresidenz in päpstlichen Besitz. Der Vorgängerbau des Papstpalastes gehörte der Adelsfamilie Savelli. Doch aufgrund von unbeglichenen Schulden gegenüber dem Vatikan wurde das Gebäude von der Kurie beschlagnahmt und Teil des Kirchenstaates. Ab 1624 wurde die Residenz unter Papst Urban VIII. zu einem Palast ausgebaut. Seitdem haben den Apostolischen Palast in Castel Gandolfo bis heute fast alle Päpste in den Sommermonaten genutzt, um der drückenden Hitze Roms zu entfliehen.

Platz vor der Sommerresidenz der Päpste, Castel Gandolfo / © Luca Lorenzelli (shutterstock)
Platz vor der Sommerresidenz der Päpste, Castel Gandolfo / © Luca Lorenzelli ( shutterstock )

Damit griffen sie eine lange Tradition auf, die bis in die Zeit der römischen Imperatoren zurückgeht. Es war Kaiser Domitian, der eine Residenz im ersten nachchristlichen Jahrhundert in Castel Gandolfo erbauen ließ. Dafür war sicherlich nicht nur die bis heute praktizierte Sommerfrische der römischen Stadtaristokratie von Bedeutung – die Verbindung zwischen Rom und Castel Gandolfo ist viel tiefer: An der Stelle des heutigen Ortes befand sich mit großer Wahrscheinlichkeit die antike Stadt Alba Longa. Das legen archäologische Ausgrabungen und überlieferte Quellen nahe. 

Alba Longa gilt als Mutterstadt Roms, denn dort soll der Sage nach die Vestalin Rhea Silvia geboren sein, die Mutter der Zwillinge Romulus und Remus. Sie selbst war eine Tochter des Königs von Alba Longa, der ein direkter Nachfahre von Aeneas gewesen sein soll. Alle diese Namen spielen in der römischen Mythologie eine bedeutende Rolle bei der Gründung der Stadt Rom. Ironischerweiser zerstörten die Römer 665 vor Christus den Ort Alba Longa in einem Krieg. 

Auch Goethe lobte den Ort

Das heutige Castel Gandolfo blieb nicht lange unbewohnt – und wer den Ort kennt, weiß warum. Er liegt über 420 Meter über dem Meeresspiegel und wird auch im Hochsommer von kühlenden Winden zu einem angenehmen Aufenthaltsort gemacht. Der beeindruckende Blick auf den Albaner See und die nahe Lage zu Rom tun ihr Übriges. Selbst Johann Wolfgang von Goethe weilte während seiner Italienreise 1787 für drei Wochen in Castel Gandolfo und lobte den Ort in höchsten Tönen. Heute ist die päpstliche Sommerresidenz in Castel Gandolfo gemeinsam mit dem dazugehörigen Landgut von 55 Hektar eine exterritoriale Besitzung des Heiligen Stuhls. 

Kuhstall des päpstlichen Bauernhofs in Castel Gandolfo / © Stefano dal Pozzolo (KNA)
Kuhstall des päpstlichen Bauernhofs in Castel Gandolfo / © Stefano dal Pozzolo ( KNA )

Auf dem Landgut befindet sich auch der päpstliche Bauernhof von Castel Gandolfo. "Der Bauernhof wurde 1934 unter Papst Pius XI. angelegt und wird seither biologisch bewirtschaftet", weiß Galgano. "Auf dem Gelände werden unter anderem Milch, Eier, Obst, Gemüse, Olivenöl und Honig produziert – alles unter vatikanischer Aufsicht." 

Die Produkte seien bis vor kurzem im Supermarkt der Vatikanstadt erhältlich gewesen und hätten sich dort großer Beliebtheit erfreut, doch derzeit sei der Supermarkt geschlossen. Der Vatikan-Journalist ist selbst ein Freund der Erzeugnisse des Bauernhofs von Castel Gandolfo: "Ich persönlich habe die Produkte verkostet und sie galten unter uns Vatikanmitarbeitern als qualitativ hochwertig, regional und nachhaltig erzeugt." 

Franziskus hat in Castel Gandolfo doch Spuren hinterlassen

Auch wenn Franziskus seinen Sommerurlaub nicht in den Albaner Bergen verbrachte, hat er in Castel Gandolfo dennoch seine Spuren hinterlassen: Seit zwei Jahren gibt es dort das "Laudato si"-Projekt, das eine Umsetzung der gleichnamigen Umwelt- und Sozialenzyklika aus dem Jahr 2015 anstrebt. "Ziel ist es, das ehemalige Landgut des Papstes zu einem Bildungszentrum für ökologische Nachhaltigkeit und integrale Ökologie zu machen", so Castel-Gandolfo-Experte Galgano. 

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. (l.) und Papst Franziskus sitzen einander gegenüber am 23. März 2013 in der Sommerresidenz Castelgandolfo / © Osservatore Romano/Romano Siciliani (KNA)
Der emeritierte Papst Benedikt XVI. (l.) und Papst Franziskus sitzen einander gegenüber am 23. März 2013 in der Sommerresidenz Castelgandolfo / © Osservatore Romano/Romano Siciliani ( KNA )

"Es werden Workshops, Begegnungen, Bildungsprogramme für Jugendliche und Pilgergruppen angeboten, ganz im Geiste der Enzyklika, die ja zur ökologischen Umkehr aufruft." Das Projekt wird von der vatikanischen Stiftung "Laudato si" koordiniert. "Es ist zukunftsweisend und schafft einen Ort des Lernens, der Achtsamkeit und der praktischen Umsetzung kirchlicher Soziallehre." Bei seinem Besuch in Castel Gandolfo an Christi Himmelfahrt hatte Leo auch das "Laudato si"-Projekt besucht. 

Wird Leo XIV. sportlich aktiv?

Was der Papst in seinen zweiwöchigen Ferien in der Kleinstadt tun wird, ist nicht bekannt. Aber Vatikan-Journalist Galgano hat eine Idee: "Wir wissen, dass Leo sportlich aktiv ist, insbesondere als begeisterter Tennisspieler. Auf dem Gelände des päpstlichen Landguts befinden sich tatsächlich Sporteinrichtungen, darunter meines Wissens nach auch ein Tennisplatz." Bereits Johannes Paul II. habe dort etwa im Schwimmbad Sport getrieben. "Leo XIV. könne diese Infrastruktur nun nutzen." 

Papst Leo XIV. / © Lola Gomez/CNS photo (KNA)
Papst Leo XIV. / © Lola Gomez/CNS photo ( KNA )

Bekannt ist jedoch, dass der Papst in den zwei Wochen in Castel Gandolfo nicht arbeiten wird. Der Vatikan hatte Mitte Juni mitgeteilt, dass er in dieser Zeit keine Termine für private oder öffentliche Audienzen anbiete. Seine Vorgänger, wie Johannes Paul II. oder Benedikt XVI., hatten das noch anders gehandhabt. 

Wer dem Papst im Urlaub begegnen möchte, hat dazu aber dennoch einige Möglichkeiten: Am 13. Juli feiert der 69-Jährige die Sonntagsmesse in der Pfarrei San Tommaso da Villanova in Castel Gandolfo und eine Woche später in der Kathedrale von Albano, etwa drei Kilometer vom päpstlichen Palast entfernt. Mario Galgano empfiehlt einen Besuch in Castel Gandolfo wärmstens als Ergänzung zu einer Pilgerreise nach Rom. "Das lohnt sich nicht nur wegen der historischen Verbindung zum Papsttum, sondern auch wegen der spirituellen Ruhe, die der Ort ausstrahlt." Castel Gandolfo biete einen wohltuender Kontrast zum Trubel der Ewigen Stadt. 

Robert Francis Prevost (Papst Leo XIV.)

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Robert Francis Prevost gilt als ein Kardinal der Mitte. Obwohl US-Amerikaner ist der Ordensmann in Rom, der Kurie und der Weltkirche zu Hause. Zuletzt leitete der 69-Jährige die Vatikanbehörde für Bischöfe, quasi die Personalabteilung der katholischen Weltkirche. In dieser Funktion war Prevost in den vergangenen zwei Jahren zuständig für einen Großteil der Bischofsernennungen weltweit.

Papst Leo XIV / ©  Andrew Medichini/AP (dpa)
Papst Leo XIV / © Andrew Medichini/AP ( dpa )
Quelle:
DR

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