DOMRADIO.DE: Der Papst ist nach Castel Gandolfo gereist. Ist er dort alleine oder wird er begleitet?
Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Das sind eine ganze Reihe von Personen, die sich um den Papst scharren. In erster Linie ist es der Privatsekretär des Papstes, der wieder eine ständige Einrichtung geworden ist.
Papst Franziskus hatte einen relativ hohen Verschleiß an Sekretären und hat sie häufig ausgewechselt. Es scheint, dass der jetzige Heilige Vater wieder einen ständigen Privatsekretär möchte. Er hat dafür jemanden aus der Diözese genommen, in der er selbst in Peru gewirkt hat. Das ist ein Novum.
Außerdem fährt der "Aiutante di Camera" mit. Der Titel wird häufig mit Kammerdiener übersetzt, aber es ist eher ein Butler, der den Papst betreut.
Für die weltlichen Zeremonien ist meistens der Regens der Präfektur des Päpstlichen Hauses dabei, unterstützt vom sogenannten "Decano di Sala", dem Saalältesten. Das ist derjenige Herr, den man häufig mit einem Frack und mit einer goldenen Amtskette sieht.
Der Decano di Sala sorgt im Palast oder in der Wohnung der Papstes, wo auch immer er sich sich auffällt, mit seinem Personal für eine gewisse Ordnung. Er ist auch für einen regulären Ablauf der Audienzen mitverantwortlich.
Bei liturgischen Feiern oder bei anderen rein religiösen Gelegenheiten unterstützen die päpstlichen Zeremoniare den Papst. Außerdem begleiten ihn die Fotografen des Servizio Fotografico des l`Osservatore Romano. Die tun mir häufig Leid, weil die einen Knochenjob haben.
Sie müssen manchmal neben dem Wagen des Papstes her oder sogar vorlaufen. Das ist nicht ungefährlich. Außerdem begleiten die Sicherheitskräfte den Papst, sprich die päpstliche Schweizergarde und die vatikanische Gendarmerie.
DOMRADIO.DE: Glauben Sie, dass der Papst auch mal Tennis spielt oder einen Ausflug mit seinem Team macht?
Nersinger: Da werden wir uns überraschen lassen müssen. Er hat der Pfarrjugend von Castel Gandolfo versprochen, ein Tennis-Match mit ihnen zu spielen. Das hängt jedoch von verschiedenen Gegebenheiten ab.
DOMRADIO.DE: Sieht man den Papst dann in Tenniskleidung?
Nersinger: Das wäre gar nicht so ungewöhnlich. In der Vergangenheit - vor 1870 - haben die Päpste Castel Gandolfo für Reitausflüge genutzt. Dafür hatten sie eine eigene Reitkleidung. Das war eine Art weißer Gehrock mit weißen Kniebundhosen. Demnach wär es nicht ungewöhnlich, wenn der Papst bei einer Partie Tennis in einer entsprechenden Kleidung auftritt. Aber da müssen wir uns überraschen lassen.
DOMRADIO.DE: Die berühmte Schwimmhose gab es auch schon.
Nersinger: Ja, Johannes Paul II. wurde in seinem Schwimmbad von Fotografen erwischt. Wenn man das so sagen darf. Aber - Gott sei Dank - sind diese Bilder ziemlich verwaschen, dass man nicht viel sieht.
DOMRADIO.DE: Hat der Papst auch die Möglichkeit, jemanden einzuladen? Freunde und Verwandte zum Beispiel.
Nersinger: Was Freunde betrifft, glaube ich: Ja. Es gibt Bilder, die Papst Paul VI. zeigen, wie er in den 70er-Jahren in den Gärten in Castel Gandolfo mit einem Kreis seiner engsten Freunde sitzt. Auf den Bildern nehmen sie auch etwas zu sich und es scheint nicht nur Wasser zu sein. Das gibt es durchaus.
Was Verwandte angeht, ist das komplizierter. Die Päpste haben vermieden, Verwandte einzuladen. Wenn dann nur kurz, weil man sich dem Verdacht des Nepotismus, der Vetternwirtschaft und der Familienförderung nicht aussetzen wollte.
Pius XII. hatte Brüder und Neffen, die in vatikanischen Diensten standen. Übrigens schon bevor er selbst Papst wurde. Pius XII. hat immer darauf geachtet, dass es nicht zu viele enge familiäre Bindungen waren, damit man nicht ins Gerede kam.
DOMRADIO.DE: Castel Gandolfo ist ein besonderer Ort, der nicht weit von Rom entfernt liegt. Es ist ein bisschen ländlicher. Man hat einen wunderschönen Blick in die Weite und ist mehr in der Natur. Könnte der Papst auch woanders Urlaub machen, wenn er wollte oder ist das Urlaubsziel für ihn zwangsläufig Castel Gandolfo?
Nersinger: Nein, das muss nicht unbedingt sein. Wenn wir in den alten Kirchenstaat gehen - vor 1870 - damals hatte Pius IX. einen zweiten Urlaubsort. Das war Anzio, das alte Antium aus der Antike an der Meeresküste. Dort hatte er eine Villa, die Villa Albani, käuflich erworben und sie zu einem päpstlichen Palast gemacht. Das ist früher üblich gewesen.
Heute ist das schwieriger. Wir wissen, dass Johannes Paul II. und Benedikt Ausflüge außerhalb von Castel Gandolfo und Italiens gemacht haben. In der Hauptsache ist es meistens ein Sicherheitsproblem.
Solange sich der Papst im Vatikan oder in Castel Gandolfo aufhält, ist es für die vatikanischen Sicherheitskräfte einfacher, die Sicherheit des Papstes zu gewährleisten. Das ist außerhalb von vatikanischem Hoheitsgebiet schwieriger.
Das Interview führte Elena Hong.