Papst Leo äußert sich zu Finanz- und Verwaltungsreformen im Vatikan

Es gibt noch weiteren Reformbedarf

In seinem programmatischen Interview mit dem US-Portal "Crux" hat Papst Leo XIV. über die Herausforderungen für sein Pontifikat gesprochen. Darunter waren auch Aussagen zu den Vatikan-Finanzen sowie zur Kurienreform.

Autor/in:
Roland Juchem
Papst Leo XIV. / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Leo XIV. / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Um die Finanzprobleme des Heiligen Stuhls in den Griff zu bekommen, hat Papst Leo XIV. weitere Reformen in Aussicht gestellt. Gleichzeitig warnte er vor Panikmache und Schwarzmalerei. 

"Ich weiß von keinem Land, das nicht darüber jammert, seine Pensionsfonds seien in 20 oder 30 Jahren pleite", sagte er im Gespräch mit der "Crux"-Journalistin Elise Ann Allen. Damit bezog er sich auf eines der weitreichendsten Finanzprobleme der Kurie. Zudem leidet die Zentralverwaltung der katholischen Weltkirche an einem strukturellen Defizit sowie einem unterdurchschnittlich ertragreichen Anlageportfolio.

Keine schlaflosen Nächte

Zwar gebe es keinen Grund, sich entspannt zurückzulehnen, so der Papst. "Die Krise ist nicht vorüber, wir müssen weiter daran arbeiten." Andererseits habe er deswegen auch keine schlaflosen Nächte. In der Vergangenheit habe der Vatikan zu oft eine überzogen negative Botschaft vermittelt.

In den letzten Jahren seiner Amtszeit hatte sich Papst Franziskus wiederholt mit dringenden Spar- und Spendenappellen an Kurie und Öffentlichkeit gewandt. All das, so sein Nachfolger, habe Menschen "sicherlich nicht dazu inspiriert zu sagen: 'Oh, ich möchte Ihnen gerne helfen'", sondern eher zu denken: "Ich behalte mein Geld, denn wenn Sie es nicht ordnungsgemäß verwalten, warum sollte ich Ihnen dann mehr Geld geben?"

Das sehe auch der von seinem Vorgänger 2014 eingerichtete Wirtschaftsrat unter Leitung von Kardinal Reinhard Marx so. Dabei gehe es nicht darum, nur eine entspanntere Botschaft zu senden. Eine veränderte Kommunikation ist nach Ansicht von des Papstes bereits Teil eines Reformpakets. Da Spender - wie Aktionäre und andere Geldgeber - generell zögerlicher sind, eine angeschlagenen Institution zu unterstützen, müsse der Vatikan auch in dieser Hinsicht Vertrauen wiedergewinnen.

Blick in den Gerichtssaal beim Berufungsverfahren zu vatikanischen Finanzen beim Kauf einer Londoner Immobilie im September 2025 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA (KNA)
Blick in den Gerichtssaal beim Berufungsverfahren zu vatikanischen Finanzen beim Kauf einer Londoner Immobilie im September 2025 im Vatikan. / © Vatican Media/Romano Siciliani/KNA ( KNA )

Eine ernsthafte Krise, so Leo XIV., habe es während der Covid-Pandemie gegeben. Damals hätten die Vatikanischen Museen, eine der wichtigsten Einnahmequellen des Heiligen Stuhls, über Monate schließen müssen. Mit dem Ende der Pandemie und dem Erstarken des Tourismus habe sich das aber wieder gelegt.

Natürlich müssten schlechte Entscheidungen vermieden werden, wie sie in den vergangenen Jahren getroffen worden seien. Als Beispiel nannte Leo den Kauf einer Immobilie in der Londoner Sloane Avenue, der dem Vatikan Verluste in Millionenhöhe bescherte, in den Medien groß aufgegriffen wurde und zu einem Strafprozess im Vatikan führte.

Franziskus' Reformkurs fortsetzen

Unter Franziskus seien wichtige Schritte unternommen worden, um Finanzgeschäfte besser kontrollieren und überwachen zu können. "In dieser Hinsicht gab es einige sehr positive Entwicklungen, so dass sich nun erste Ergebnisse zeigen", lobte der Papst. "Alles wird gut", so Leo abschließend, "aber wir müssen den Reformprozess, den Franziskus begonnen hat, fortsetzen."

Wie es tatsächlich um die Vatikan-Bilanzen steht, ist von außen schlecht zu beurteilen. Der Papst selbst verwies auf die jüngste vorgelegte Bilanz der vatikanischen Güterverwaltung APSA für 2024. Die verzeichne ein positives Ergebnis von über 60 Millionen Euro; immerhin sei APSA eine der wichtigsten Finanzstützen des Heiligen Stuhls.

Papst Franziskus spricht in der Kathedrale Notre-Dame-de-l’Assomption auf der Insel Korsika während seines eintägigen Besuches. / © Alessandra Tarantino/AP (dpa)
Papst Franziskus spricht in der Kathedrale Notre-Dame-de-l’Assomption auf der Insel Korsika während seines eintägigen Besuches. / © Alessandra Tarantino/AP ( dpa )
Hat den Reformprozess begonnen und sich mit dringenden Spar- und Spendenappellen an Kurie und Öffentlichkeit gewandt: Leos Vorgänger Papst Franziskus. 

Wie die APSA veröffentlichen auch die Vatikanbank IOR und der Peterspfennig Jahresabschlüsse, die nach der Krise der Pandemie einen moderaten Aufwärtstrend verzeichnen. Jedoch gibt es keine konsolidierten Jahresabschlüsse und deswegen auch keine offiziellen Angaben darüber, ob der Heilige Stuhl insgesamt rote oder schwarze Zahlen schreibt - und wenn ja, in welcher Höhe.

Strukturelles Haushaltsdefizit

Vor knapp zwei Jahren sagte der Leiter des Wirtschaftssekretariats, Maximino Caballero Ledo, der Heilige Stuhl habe ein strukturelles Haushaltsdefizit von "50 bis 60 Millionen Euro pro Jahr". Dabei stellten die Gehälter trotz jahrelanger Sparmaßnahmen und eines Einstellungsstopps in der gesamten Kurie den größten Ausgabenposten dar. Dabei merkte Caballero Ledo an, falls der Vatikan sein Defizit "nur durch Ausgabenkürzungen decken würde, müssten wir 43 der 53 Einrichtungen der Römischen Kurie schließen, und das ist nicht möglich".

Der von Leo eingangs gemachte Verweis auf die Löcher in Pensionsfonds weltweit geht nach Ansicht von Beobachtern etwas am Ziel vorbei. Anders als Staaten stehen dem Heiligen Stuhl weder Steuerstellschrauben zur Verfügung noch Druckmittel, ausstehende Mittel einzutreiben. Außerdem kann er, anders als andere Länder, keine Staatsanleihen auflegen, um sich am Kapitalmarkt Geld zu borgen. Zudem deuten die letzten Warnrufe seines Vorgängers darauf hin, dass die Pleite des vatikanischen Pensionsfonds eher eine Sache von Jahren denn von Jahrzehnten ist.

Mehr Spenden aus USA

Ein Hoffnungszeichen ist die Tatsache, dass dem Papst aus USA Spender seines Heimatlandes eher zugeneigt zu sein scheinen als seinem "linken" Vorgänger Franziskus. Zu beobachten war außerdem, dass Leo XIV. in den ersten seiner Amtszeit oft Finanzexperten innerhalb wie außerhalb des Vatikans empfing. Ob und wie das neue Kirchenoberhaupt empfohlene notwendige Reformschritte durchsetzen kann, steht auf einem anderen Blatt. Auch Franziskus scheiterte oft an Unwillen und fehlender Koordination innerhalb seiner Kurie.

Dessen Kurienreform will Leo fortführen - auch das eine Botschaft des langen Interviews. Das Grundanliegen der Kirchenreform "Praedicate evangelium" sei richtig und wichtig, sagte er auf eine entsprechende Frage. Die Kurie müsse dem Papst dienen und den Bischöfen vor Ort.

"Viele, viele Bischöfe haben mir schon zu meiner Zeit im Dikasterium für die Bischöfe gesagt", so Leo, "dass sie, wenn sie nach Rom kamen, wie versteinert waren: 'Warum werde ich nach Rom gerufen? Was ist das Problem?' Anstatt zu verstehen, dass der Heilige Stuhl da ist, um ihnen zu helfen, ihnen zu dienen."

Beratungen einfacher machen

Wie in jeder menschlichen Organisation gebe es Gutes und manches, das optimiert werden muss. Einige der getroffenen Entscheidungen müssten sicher nachgebessert werden, räumte der Papst ein. Noch immer arbeiteten die einzelnen Vatikanbehörden zu isoliert. "Der Mangel an Dialog und Kommunikation zwischen den verschiedenen Dikasterien hat die Leitung der Kirche zuweilen stark eingeschränkt und geschädigt." Sehr bald schon wolle er diese "Silo-Mentalität" abstellen.

Er selbst habe in seiner Zeit als Präfekt des Bischofs-Dikasteriums öfter mit anderen Behördenleitern beraten. Umgekehrt hätten ihm Kuriale gesagt: "Ich arbeite seit 20 Jahren und mehr im Vatikan und hatte noch nie mit einem anderen Dikasterium zu tun." Daher wolle er einen Weg finden, um Beratungen zwischen den Dikasterien zu formalisieren und einfacher zu machen. "Das bedeutet natürlich, Menschen zusammenzubringen, miteinander zu sprechen, die Präfekten und die Sekretäre."

Finanzen im Vatikan

Als zentrale Leitungsbehörde einer weltweiten Organisation sowie als Träger karitativer Einrichtungen hat der Heilige Stuhl hohe laufende Kosten, die meisten davon für Personal. Die Einnahmen kommen aus sehr unterschiedlichen Quellen.

Dazu zählen im Vatikan die Gewinne der Vatikanbank IOR aus Gebühren und Zinsen sowie die an den Heiligen Stuhl abgeführten Gewinne des Vatikanstaates, etwa aus Eintrittsgeldern oder dem Verkauf von Briefmarken.

Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms.  / © Julia Steinbrecht (KNA)
Stapel von Geldmünzen und Geldscheinen spiegeln sich vor einer gezeichneten Kuppel des Petersdoms. / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA