Franziskus' spontane Einlassungen bei einem Videogespräch mit russischen Jugendlichen im August 2023 hätten fast zu einer Kirchenspaltung führen können. Sie sollten als "Erben des großen Russlands" ihre Herkunft nicht vergessen, so der Papst, und nannte Peter den Großen und Katharina II. Mit dem Verweis sorgte er nicht nur in der Ukraine für Empörung und Kritik.
Aus Kiew hieß es gar, der Papst habe den russischen Imperialismus inklusive des Angriffs vom Februar 2022 gutgeheißen. Die kurz darauf in Rom versammelten Bischöfe der ukrainisch-katholischen Kirche müssen Franziskus ihre Wut und Enttäuschung zu spüren gegeben haben.
Schon vorher war der Papst zurückgerudert. Die Äußerungen zu Russland seien "nicht glücklich" gewesen.
Gerne locker dahergeredet
Schon früh im Pontifikat des Argentiniers deutete sich an, dass er gerne locker daherredet. Einer Gruppe lateinamerikanischer Ordensleute soll er 2013 gesagt haben: "Vielleicht wird ein Brief der Glaubenskongregation bei euch eintreffen, in dem es heißt, dass ihr dies oder jenes gesagt hättet."
Die Ordensleute sollten sich aber keine Sorgen machen: "Erklärt, wo ihr meint, erklären zu müssen, aber macht weiter." Ein Papst, der seine wichtigste und ehrwürdigste Behörde nicht ernst nimmt? Nicht nur deren damaligem Leiter, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, stieß das sauer auf. Er dementierte die Aussage der Ordensleute, Franziskus nicht.

Bei seiner Chile-Reise Anfang 2018 wurde Franziskus ungehalten, als ihn eine Reporterin nach dem damaligen Bischof von Osorno, Juan Barros, fragte: "Es gibt keinen einzigen Beweis gegen ihn, das ist alles Verleumdung. Ist das klar?" Barros wurde vorgeworfen, bei sexuellen Vergehen des damals längst verurteilten Priesters Fernando Karadima zugegen gewesen zu sein; Barros bestritt dies. Kurz darauf musste Franziskus dann doch seinen Sonderermittler in Sachen Missbrauch, Erzbischof Charles Scicluna, nach Chile schicken. Drei Monate später bot Chiles komplette Bischofskonferenz dem Papst ihre Demission an.
Vor allem in Europa dürften Franziskus' spontane Vergleiche einer Abtreibung mit einem Auftragsmord - so bei einer Generalaudienz im 2018 - sowie sein "Erziehungstipp", Kindern allenfalls einen Klaps auf den Hintern zu geben, aber nicht ins Gesicht zu schlagen, vereinzelt in Erinnerung sein. Noch kontroverser war es, als Franziskus sich für staatlich-rechtliche Regelungen für homosexuelle Paare aussprach, ganz im Gegensatz zu früheren Aussagen der Glaubenskongregation.
Einer Segnung homosexueller Partnerschaften erteilte seine Glaubenskongregation zunächst eine Absage. Im Dezember 2023 machte sie eine Kehrtwende - mit "Fiducia supplicans", der Segensanweisung des neuen neue Glaubenspräfekten und Papstfreundes Victor Fernandez.
Sprachlich-griffige Art kam sehr gut an
Einerseits kam Bergoglios oft spontane, sprachlich-griffige Art sehr gut an: kuriale Krankheiten, Kirche als Feldlazarett, Hirten mit dem Geruch ihrer Schafe ... Da wusste der Pfarrer Papst, wie er sich verständlich machen konnte. Andererseits schien er seine Rolle als Kirchenoberhaupt und seine Redeweise durcheinander zu werfen.

Der mediale Fallout päpstlicher Pressekonferenzen über den Wolken ließ etliche vatikanische Mitarbeiter Deckung suchen. Allerdings: Zu Zeiten von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. traute sich kaum ein Journalist, dem Papst kritische Fragen zu stellen. Entsprechend harmlos fielen Themen und Antworten aus. "Hagan lio" - macht Wirbel, haut rein -, war ein Schlagwort, mit dem der Argentinier auf dem Stuhl Petri Jugendliche aufforderte, ihren Anliegen Gehör zu verschaffen.
Das tat er selber auch: einen etwas gröberen Brocken ins Wasser der Medienwelt werfen und schauen, welche Wellen er schlägt. Oft mahnte er Christen, sich im Dienst des Evangeliums auch die Hände schmutzig machen. Er selbst wurde dabei mitunter zum Papst, der sich den Mund verbrannte.