Papst ermutigt Sarajevos Jugend

"Erste Blüte der Nachkriegsgeneration"

20 Jahre nach dem Ende des Bosnienkrieges hat Papst Franziskus mit seinem Besuch in Sarajevo ein Zeichen des Friedens und der Aussöhnung gesetzt. Renovabis-Geschäftsführer Dr. Gerhard Albert sieht darin ein wichtiges Signal für die Jugend.

Papst Franziskus feiert Messe mit Jugendlichen in Sarajevo (dpa)
Papst Franziskus feiert Messe mit Jugendlichen in Sarajevo / ( dpa )

domradio: Sie waren am Samstag in Sarajevo beim Treffen von Jugendlichen mit dem Papst dabei. Was hat Franziskus den jungen Leuten mit auf den Weg gegeben?

Dr. Gerhard Albert: Er hat ein sehr schönes Wort gesagt, dass ich mir besonders gemerkt habe. Er hat zu den Jugendlichen auf Italienisch gesprochen und sie als "la prima fioritura" bezeichnet. "Ihr seid die erste Blüte der Generation nach dem Krieg und erweist euch dessen würdig. Arbeitet am Frieden, indem ihr eure Gedanken, eure Worte und eure Taten in Übereinstimmung bringt. Seht in dem nächsten auch das Geschöpf Gottes, wie ihr es seid und geht gemeinsam voran." Diese Worte des Papstes waren - neben vielen anderen Aussagen - besonders stark und sie haben meines Erachtens eine Wirkung für die Zukunft. Weiter haben mich auch die Jugendlichen beeindruckt. Es hatten sich in dem Jugendzentrum, das der Papst besucht hat, Vertreter von verschiedenen, auch ökumenischen Gruppen, die dort arbeiten, versammelt. Darunter war eine junge Serbin, eine orthodoxe Christin, die über ein Projekt erzählt hat, das von Katholiken und orthodoxen Jugendlichen gemeinsam bestritten wird. Es heißt "Gehen wir zusammen" und hat das Ziel, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Alltag zu erkennen und gegenseitige Stütze im Leben zu sein. Das Leben ist für die jungen Leute dort nicht leicht. Es gibt eine hohe Arbeitslosigkeit und wenig Hoffnung auf eine gesicherte Zukunft. Viele wandern inzwischen aus. Insofern wird dort eine praktische Friedensarbeit geleistet.

domradio: Dieses Jugendzentrum, in dem das Treffen mit dem Papst stattgefunden hat, ist von Renovabis mit aufgebaut worden. Was ist das für Sie für ein Gefühl gewesen, wenn der Papst mit seinem Besuch auch die eigene Arbeit wertschätzt?

Dr. Gerhard Albert: Das ist natürlich ein sehr schönes Gefühl. Wir müssen aber auch berücksichtigen, dass wir den Partner nur mit den Mitteln geholfen haben, die uns die deutschen Katholiken zur Verfügung stellen. Dafür sind wir und die Partner vor Ort sehr dankbar. Aber wir sind nur die Vermittler. Die jungen Leute selbst sind diejenigen, die es mit Leben füllen, die den Auftrag ausführen und die von dort aus die Perspektive für die Zukunft entwickeln. Das ist ein sehr schönes Gefühl, dass das Zentrum jetzt arbeiten kann. Es ist ein großes Projekt gewesen, das nun seiner Vollendung entgegengeht. Durch den Besuch des Papstes ist es jetzt landesweit und sogar über die Grenzen des Landes hinaus bekannt geworden. 

domradio: Was wird denn mit den Jugendlichen in diesem Zentrum gearbeitet?

Dr. Gerhard Albert: Die Treffen finden zwischen den seit noch nicht allzu langer Zeit geöffneten Grenzen zwischen einzelnen Gruppen hinweg statt. Dabei sind die Grenzen nicht räumlich zu sehen, sondern vielmehr auf mentaler Ebene. Es gibt eine ganze Reihe von Projekten, die lebenspraktisch sind. Zum Beispiel ist ein Projekt zur Medienpädagogik zurzeit sehr wichtig, das die Jugendlichen dazu bringen soll, eine Eigenverantwortung für ihren Medienkonsum zu entwickeln. Da hat der Papst auch einige sehr gute Worte zu gesagt. 

domradio: Die Anzahl der Katholiken ist in Bosnien mit dem Balkan-Krieg stark geschrumpft. Vor dem Krieg waren es rund 830.000, heute sind es gut 400.000 weniger. Glauben Sie, dass sich an ihrer Stellung im Land nach dem Papstbesuch etwas verbessert?

Dr. Gerhard Albert: Ich glaube, sie haben sich bemerkbar gemacht und haben das der Weltöffentlichkeit und sich selbst gezeigt. Es wird sich zeigen, ob das jetzt von Heute auf Morgen die Tendenz zur Abwanderung stoppen wird. An der Messe im Stadion, in dem nach offizieller Zählung 67.000 Menschen waren, hat rund ein Drittel aus Kroatien teilgenommen. Die haben zum Teil ihre Wurzeln in Bosnien. Das heißt, sie gehen dem Land nicht verloren, auch wenn sie im Ausland sind. Die Verbindung mit dem Land aufrecht zu erhalten und die Dortgebliebenen zu stärken, ist ganz sicher eine Botschaft, die auch durch diese große Feier erreicht worden ist. 

domradio: Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Tobias Fricke.

 


Quelle:
DR