Papst Benedikt XVI. reist in die Türkei - Proteste erwartet

Auf heikler Mission

Nach seinem umjubelten Heimatbesuch in Bayern im September steht Papst Benedikt XVI. seine bisher heikelste Auslandsmission bevor. Das katholische Kirchenoberhaupt besucht von Dienstag bis Freitag die Türkei mit Stationen in Ankara, Ephesus und Istanbul. Dort muss er sich darauf gefasst machen, dass die Benedetto-Rufe diesmal ausbleiben. - Informieren Sie sich ausführlich: Hintergrundberichte und mehr auf der domradio-Sonderseite zur Papst-Reise.

 (DR)


Im Vordergrund: Der katholisch-orthodoxe Dialog
Die Ziele des Türkei-Besuchs sind vielschichtig: Im Vordergrund steht für Benedikt XVI. ein neuer Akzent im im katholisch-orthodoxen
Dialog. Darüber hinaus wird es dem Papst um Zuspruch für die katholische Minderheit in der Türkei gehen, die gerade einmal 0,04 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht und mit schwierigen Bedingungen zu kämpfen hat.

Einer Umfrage zufolge begrüßen nur zehn Prozent der Türken den Papstbesuch. 38 Prozent ist er egal, genauso viele lehnen ihn ab. Schon im Vorfeld gab es in der Türkei Protestaktionen gegen die Papstreise, beispielsweise eine Demonstration in der Hagia Sophia in Istanbul sowie Schüsse vor dem italienischen Konsulat. Der Bischof von Anatolien, Luigi Padovese, ist sich sicher, dass mit solchen Bildern auch während des Papstbesuchs zu rechnen ist, "besonders von der Seite der Nationalisten und der islamischen Radikalen, die auch diese Gelegenheit für ihre Zwecke benutzen".

Spannung gleich am ersten Tag
Gleich für den ersten Tag ist jener Programmpunkt vorgesehen, der mit größter Spannung erwartet wird: Ein Treffen mit dem Präsidenten des Amts für Religionsangelegenheiten, Ali Bardakoglu, der den Papst für seine Regensburger Vorlesung scharf kritisiert hatte. In einem Interview sagte der Großmufti kürzlich, die Reise werde nicht alle Probleme lösen, aber ein Schritt in Richtung Dialog sein: "Der Frieden lässt sich in einem Augenblick zerstören, aber ihn wieder aufzubauen, braucht viel Zeit."

Benedikt XVI. hatte im September in der Regensburger Universität einen byzantinischen Kaiser mit dem Satz zitiert: "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat - und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten." Nach heftigen Protesten in der islamischen Welt betonte der Papst mehrfach, das Zitat drücke in keiner Weise seine persönliche Meinung aus.

Papst will Ökumene fördern
Am ersten Tag der Reise wird sich Benedikt XVI. in Ankara auch mit dem türkischen Staatspräsidenten Ahmet Necdet Sezer treffen. Ein Gespräch mit Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan ist dagegen während des gesamten Besuchs nicht vorgesehen - der Regierungschef befindet sich während der ersten Tage auf einem NATO-Gipfel und hat angeblich auch anschließend keine Zeit für das Kirchenoberhaupt.

Der eigentliche Anlass der Reise ist für Benedikt XVI. die Begegnung mit dem Oberhaupt der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomaios I. Der Papst hatte schon nach seiner Wahl im Frühjahr 2005 die Ökumene, und insbesondere das Gespräch mit den Orthodoxen, zu einem seiner wichtigsten Anliegen erklärt. In Istanbul ist am Mittwoch ein "privates Treffen" der beiden Kirchenmänner geplant, am Donnerstag wollen beide eine gemeinsame Erklärung vorlegen. Auf dem Programm der viertägigen Reise stehen ferner Besuche des Mausoleums von Atatürk in Ankara und der Hagia Sophia in Istanbul, Treffen mit dem diplomatischen Korps, mit dem Großrabbiner der Türkei und den Mitgliedern der katholischen Bischofskonferenz.