Papst Benedikt XVI. reist in die Alpen - Ein schwieriges erstes Halbjahr liegt hinter dem Pontifex

In den verdienten Sommerurlaub

Nach einem ungewöhnlich intensiven und schwierigen Halbjahr startet Papst Benedikt XVI. am Montag zu seinem zweiwöchigen Erholungsurlaub in die norditalienischen Alpen. Im kirchlichen Gästehaus von Les Combes will er sich bei klarer Luft und frischeren Temperaturen von den Anstrengungen entspannen. Audienzen und öffentliche Termine sind während der Tage im Aosta-Tal komplett abgesagt. Nur an den beiden Sonntagen will der Papst mit den Gläubigen der Umgebung das Mittagsgebet sprechen. Von Johannes Schidelko.

Papst Benedikt XVI.: In den Erholungsurlaub (KNA)
Papst Benedikt XVI.: In den Erholungsurlaub / ( KNA )

Seit Jahresbeginn hat Benedikt XVI. ein intensives Arbeitsprogramm unter schwierigen Umständen absolviert. Piusbrüder, Afrikareise, Nahost-Planungen - immer wieder gab es Missverständnisse und Spannungen. Unklare Zuständigkeiten, mangelnde Abstimmungen und schlechtes Timing warfen ein schlechtes Licht auf den Vatikan.
Mehrfach musste der Papst persönlich Pannen seines Apparats einräumen.

Vor allem die Rücknahme der Exkommunikation für die vier Traditionalisten-Bischöfe - gedacht als Geste des guten Willens - wurde zur schweren Belastungsprobe, weil sie auch den Holocaust-Leugner Richard Williamson von der Kirchenstrafe absolvierte. Dann fiel in die turbulenten Tage auch noch die Ernennung des Linzer Weihbischofs Gerhard M. Wagner, die sonst vermutlich kaum Aufsehen verursacht hätte, jetzt aber das Image vom Hardliner-Kurs im Vatikan unterstrich. Schließlich geriet auch noch die Afrikareise durch die Aids-Kondom-Diskussion außer mediale Kontrolle.

Dann aber fassten die vatikanischen Gegenmaßnahmen Tritt. Die Heilig-Land-Reise des Papstes wurde zum Erfolg. Plötzlich gelang fast alles: der Kontakt zum Islam, zu den einheimischen Christen, zum religiösen Judentum, das deutliche Wort zum gerechten Frieden. Die Rede in Jad Vaschem wurde in jüdischen Kreisen zugleich kritisiert und als genial bezeichnet. Der Besuch erwies sich als Erfolg für den Papst, dem die delikate Gratwanderung zwischen Religion und Politik im heißen Nahen Osten gelang.

Als weiteren Erfolg verbucht man im Vatikan die Sozialenzyklika, zumal diesmal das Timing zum G-8-Gipfel in L'Aquila genau stimmte. Sie ist ein neuer Beitrag der Kirche für das Gespräch mit der Welt. Benedikt XVI. hat mit solider theologisch-philosophischer Grundlegung samt originellen Zugängen, vor allem aber mit konkreten Vorschlägen überrascht.

Auch die mit Spannung erwartete erste Begegnung mit US-Präsident Barack Obama verlief trotz unterschiedlicher Positionen in ethischen Fragen positiv. Offenbar haben Papst und Präsident eine Gesprächsgrundlage gefunden, die eine Sachdebatte auch in kontroversen Fragen ermöglicht. Und bei internationalen Themen wie dem Nahen Osten ist sich der Vatikan mit Obama einiger als zuvor mit George W. Bush - mit dem er sich freilich in Fragen von Abtreibung und Homo-Ehe leichter tat.

Unmittelbar vor seinem Urlaub ist Benedikt XVI. auch auf dem dornigen Terrain mit den Piusbrüdern einen guten Schritt vorwärts gekommen. Für das schwierige Gespräch mit den Traditionalisten schuf er im Vatikan eine neue Struktur, die das Problem an der eigentlichen Wurzel angeht, bei den Differenzen in Glaubensfragen.

So hat Benedikt XVI. zu Beginn der Sommermonate etliche der Komplikationen und Pannen der ersten Jahreshälfte ausgeräumt und viele Wogen geglättet. Auf dieser Grundlage wird er im September wieder ansetzen. Erste Projekte sind Ende September eine Reise nach Tschechien und im Oktober die Teilnahme an der Afrikasynode. Auf diese Themen wird er sich schon im Urlaub - neben Spaziergängen, Lektüre und Klavierspielen - vorbereiten. Vor allem aber will er den zweiten Teil seines Jesus-Buchs vollenden. Eventuell wird es noch in diesem Jahr erscheinen.