Papst Benedikt in der Türkei: Treffen mit Bartholomaios I. - Vatikan nach angeblichen Terrordrohungen ohne Sorge

Gemeinsam auf dem Weg der Ökumene

Begegnungen mit der christlichen Minderheit in der Türkei haben den zweiten Tag der Papstreise geprägt. Bei einem Gottesdienst in Ephesus erinnerte Benedikt XVI. dabei an die oft schwere Lage der Christen in dem muslimisch geprägten Land. Am Abend traf er in Istanbul mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. zusammen. Hier sprach er von einem "Fundament gegenseitiger Liebe" zwischen den Kirchen von Rom und Konstantinopel. Beide Kirchenführer sicherten zu, gemeinsam weitere Schritte zur vollen Kircheneinheit gehen zu wollen. - Der Vatikan zeigte sich unterdessen durch angebliche Terrordrohungen von El Kaida im Internet unbesorgt. - Lesen und hören Sie unsere Berichterstattung auf der Sonderseite.

 (DR)


Keine Schaulustigen
Bei einer Messe mit rund 500 geladenen Christen formulierte der Papst am Vormittag erneut einen dringenden Appell für Frieden im Nahen Osten. "Lasst uns von diesem Teil der anatolischen Halbinsel, der natürlichen Brücke der Kontinente, Frieden und Versöhnung vor allem für jene erflehen, die in dem Land leben, das wir heilig nennen!", so der Papst. Zugleich drückte er seine Anteilnahme für die Christen in der Türkei aus. Diese stünden jeden Tag vor großen "Herausforderungen und Schwierigkeiten". In der Türkei leben heute noch 100.000 bis 150.000 Christen verschiedener Konfessionen.

Am Nachmittag flog der Papst nach Istanbul weiter. Die Fahrt des streng gesicherten päpstlichen Konvois vom Istanbuler Flughafen zum Sitz des Patriarchen führte über die abgesperrte Uferstraße am Marmara-Meer. Im Gegensatz zu anderen Papstreisen waren entlang der Strecke keine Schaulustigen zu sehen. Auch in der Innenstadt säumten keine jubelnden Menschen die Route. Die türkische Presse wertete den Auftakt der Reise unterdessen als unerwartet gelungen. Fast alle Zeitungen begrüßten den Auftritt des katholischen Kirchenoberhaupts.

Nach der Ankunft in Istanbul beteten Benedikt XVI. und Bartholomaios I. am Abend gemeinsam in der Patriarchats-Basilika. Der orthodoxe Kirchenführer erinnerte an die außerordentliche Rolle der Bosporus-Metropole in der Geschichte der Christenheit. Hier habe der Apostel Andreas die Kirche mitbegründet, und hier seien die großen Konzilien der alten Kirche zusammengetreten, um das Bekenntnis des Glaubens zu formulieren. Bartholomaios I. sprach sich ebenfalls für eine Fortsetzung des ökumenischen Gesprächs aus. Papst und Ökumenischer Patriarch seien "gleichermaßen verantwortlich", den Weg der Einheit weiterzugehen.

"Fundament gegenseitiger Liebe"
Benedikt XVI. erinnerte in seinem Grußwort an die feierliche Aufhebung der gegenseitigen Bannsprüche aus dem Jahr 1054; Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras I. hatten im Dezember 1965 zum Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils die Aufhebung des Banns verkündet. Seitdem stünden die Beziehungen zwischen Rom und Konstantinopel auf einem "Fundament gegenseitiger Liebe", so der Papst.

Nachdrücklich verwies Benedikt XVI. auf die kirchliche Geschichte auf dem Gebiet der heutigen Türkei. Er freue sich, "in diesem Land zu sein, das so eng mit dem christlichen Glauben verbunden ist". Seit den Zeiten der Apostel hätten die christlichen Gemeinden dort eine große Zahl von Märtyrern, Theologen und heiligen Männern und Frauen hervorgebracht.

Vatikan: Angebliche Terrordrohungen kein Grund zur Sorge
Nach angeblichen Terrordrohungen von El Kaida im Internet betonte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Abend, es gebe keinen Grund zur "Besorgnis über diese Art von Nachrichten". Solche Meldungen bestätigten nur ein Mal mehr, dass alle Religionen gemeinsam betonen müssten, dass sie den Einsatz jeglicher Gewalt im Namen Gottes entschieden ablehnen. Am Mittwoch war im Internet eine El Kaida zugeschriebene Erklärung aufgetaucht, die den Türkei-Besuch Benedikt XVI. als einen "Kreuzzug gegen den Islam" verurteilt.

Am dritten Tag seiner Reise nimmt Benedikt XVI. am Donnerstag am traditionellen Gottesdienst zum Andreas-Fest in der Kirche des orthodoxen Patriarchats teilnehmen. Das Treffen zwischen Papst und Patriarch ist der eigentliche Anlass der Reise. Am Nachmittag wird das Kirchenoberhaupt dann die Hagia Sophia besuchen. Das einst wichtigste Gotteshaus der Ostkirche ist heute ein Museum.

Danach besucht Benedikt XVI. als zweiter Papst der Kirchengeschichte eine Moschee. Am Freitag beendet der 79-Jährige nach einem Gottesdienst in der katholischen Kathedrale von Istanbul seinen viertägigen Besuch in der Türkei.

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