Orthodoxe Rabbiner in Europa geben sich Verhaltenskodex

Dokument gegen Machtmissbrauch

Im Judentum existieren zahlreiche Ge- und Verbote. Jetzt gibt es für orthodoxe Rabbiner in Europa einen Verhaltenskodex, der die Regeln bekräftigt. Das könnte auch ein Weg für die Kirche sein, meint einer der Rabbiner.

Symbolbild Thorarolle / © Olesya Baron (shutterstock)

Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER)

Die Konferenz der europäischen Rabbiner (CER) ist die primäre orthodoxe rabbinische Allianz in Europa. Es vereint mehr als 700 religiöse Führer der Mainstream-Synagogengemeinschaften in Europa. Es wurde 1956 auf Initiative des britischen Oberrabans Sir Israel Brodie gegründet, um die besiegten jüdischen Gemeinden auf dem europäischen Festland wiederzubeleben. Brodie wurde von dem Oberrabbiner von Frankreich, Jacob Kaplan, dem Oberrabbiner von Amsterdam, Aharon Schuster und dem britischen sephardischen spirituellen Führer Hacham Gaon unterstützt.

Rabbiner in einer Jüdischen Synagoge / © Axel Heimken (dpa)
Rabbiner in einer Jüdischen Synagoge / © Axel Heimken ( dpa )

Es geht um angemessenes Verhalten, die Vermeidung von Missbrauch und Interessenskonflikten, um einen guten Umgang mit Macht: Orthodoxe Rabbiner in Europa haben sich einen Verhaltenskodex gegeben.

Dokument bindend für europäische Rabbiner

Den Beschluss dazu hatte die Konferenz Europäischer Rabbiner (CER) bereits auf ihrer 32. Generalversammlung im Juni vergangenen Jahres in München gefasst.

Jetzt liegt das Dokument vor – und ist bindend für die rund 1.000 Rabbiner der größten orthodoxen jüdischen Gemeinden Europas, die die CER als Europäisches Rabbinat vertritt.

Neuer Kodex bekräftigt jüdische Religionsgesetze

Zwar seien Thora und Halacha, also das jüdische Religionsgesetz, klar in ihren Ge- und Verboten, betont Rabbiner Avichai Apel aus Frankfurt am Main, der auch Vorstandsmitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz
Deutschland ist.

Der neue Kodex sei jedoch eine Bekräftigung dieser Regeln, denn: "Wir sind alle nur Menschen." Die Sensibilität für das Verhalten von Menschen untereinander sei gestiegen, und niemand sei frei von möglichen Problemen damit. Das gelte für Rabbiner genauso wie etwa für Pfarrer oder Lehrkräfte an Schulen.

Hilfe bei Herausforderungen der modernen Welt 

Leider gebe es Fälle unangemessenen Verhaltens in vielen Teilen der Welt, auch in Religionsgemeinschaften, sagt Apel. Dazu gehörten Belästigung von Frauen und Jugendlichen oder verletzende Witze. "Unser Kodex erinnert uns daran, wachsam zu bleiben."

So hält der Kodex fest, dass es sich um grundlegende Richtlinien für das ethische und professionelle Verhalten von Rabbinern handele, das von ihnen erwartet werde. Auch solle das Dokument bei Fragen und Herausforderungen in einer modernen Welt behilflich sein.

Rabbiner sollen Interessenskonflikte und Intransparenz vermeiden

Da ist das Thema Macht: Weil ein Rabbiner als Führungspersönlichkeit Autorität hat, betont der Kodex: "Ein Rabbiner darf seine Macht nicht missbrauchen. Ein Rabbiner muss angemessene zwischenmenschliche Grenzen zwischen ihm und seinen Gemeindemitgliedern einhalten sowie Macht und Autorität des Rabbinats verantwortungsvoll anwenden."

Weiterhin wird unterstrichen, dass Rabbiner Interessenskonflikte sowie Intransparenz in Gelddingen vermeiden sollten. Auch komme es vor, dass Rabbiner mit Gemeindemitgliedern auf unterschiedlichen Ebenen verbunden seien, zum Beispiel persönlich oder in finanziellen Angelegenheiten – was erst einmal nicht problematisch sei. Eine sich daraus möglicherweise ergebende Verletzlichkeit auszunutzen, sei jedoch falsch.

Zentralrat sieht Verbleib von Rabbiner Homolka in Ämtern als undenkbar an

Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert nach ersten Ergebnissen eines von ihm in Auftrag gegebenen Gutachtens eine Abberufung des bekannten Rabbiners Walter Homolka aus seinen bisherigen Ämtern. Die Vorwürfe unter anderem des Machtmissbrauchs und der Diskriminierung an der liberalen Rabbiner-Ausbildungsstätte Abraham-Geiger-Kolleg hätten sich laut der vorläufigen "Executive Summary" der Kanzlei Gercke Wollschläger bestätigt, erklärte der Zentralrat am Mittwoch.

Josef Schuster / © Paul Zinken (dpa)
Josef Schuster / © Paul Zinken ( dpa )
Quelle:
KNA