Opferschutzbeauftragte wirbt für mehr Kooperation

Zusammenwirken von Kirche und Staat

Die nordrhein-westfäische Opferschutzbeauftragte Elisabeth Auchter-Mainz fordert mehr Zusammenwirken bei Fällen sexualisierter Gewalt. Dabei sieht sie kirchliche und staatliche Stellen gefordert.

Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht (KNA)
Akten in einem Archiv / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Es muss da ein besseres Geben und Nehmen geben", sagte sie am Mittwochabend in Aachen. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller kritisierte, dass es gegenüber der Kirche immer noch "eine unglaubliche Beißhemmung" bei wichtigen gesellschaftlichen Akteuren gebe. "Die Kirchen wurden jahrhundertelang mit Glacehandschuhen angefasst", so Schüller. "Die Justiz ist zu zurückhaltend und muss sich dem stellen, denn es geht auch um ihren guten Ruf."

Thomas Schüller / © Lars Berg (KNA)
Thomas Schüller / © Lars Berg ( KNA )

"Momentan findet ein Umdenken statt"

Auchter-Mainz und Schüller stimmten darin überein, dass es künftig mehr Durchsuchungen in Behörden der Kirche geben werde, wenn sie bei der Aufklärung sexueller Straftaten nicht mitarbeiten sollte. "Es gab eine Zurückhaltung, aber momentan findet ein Umdenken statt", betonte die frühere Generalstaatsanwältin. Schüller bezeichnete es als Idealfall, wenn die Kirche bei Fällen sexualisierter Gewalt erst die Staatsanwaltschaften arbeiten lasse und erst dann den kirchlichen Rechtsweg einleite.

Die Juristen wiesen darauf hin, dass Betroffene sexualisierter Gewalt doppelt leiden, weil sie Übergriffe erlebt hätten und man ihnen nicht geglaubt habe. "Ganze Gemeinden haben von Sexualstraftaten gewusst und die Täter geschützt", sagte Schüller. "Das ist strukturelle Schuld und Sünde." In dieser Hinsicht gebe es immer noch ein unterentwickeltes Bewusstsein in den Gemeinden. Manche pastorale Mitarbeiter hätten Opfer regelrecht mundtot gemacht und damit dafür gesorgt, dass sie erst nach Jahrzehnten über den Missbrauch hätten sprechen können.

"Kirchliches Recht - staatliches Recht. Zwei Systeme - ein Ziel?"

Schüller wies auch darauf hin, dass es sexuelle Handlungen unterhalb der strafrechtlichen Grenze gebe, die für die Betroffenen jedoch dieselben traumatisierenden Folgen hätten wie bei Sexualstraftaten. Auch das müsse gemeldet und überprüft werden.

Die Diskussion im Justizzentrum Aachen stand unter dem Titel "Kirchliches Recht - staatliches Recht. Zwei Systeme - ein Ziel?" Sie wurde vom Aachener Diözesanrat der Katholiken, dem katholischen Jugenddachverband BDKJ und der Katholischen Frauengemeinschaft (kfd) in der Diözese sowie der Bischöflichen Akademie veranstaltet.

Jurist Rixen kritisiert Missbrauchs-Aufarbeitung in der Kirche

Der Kölner Juraprofessor Stephan Rixen hält die Vereinbarung zwischen Deutscher Bischofskonferenz und Bundesregierung zur Aufarbeitung des Missbrauchsskandals in der katholischen Kirche für falsch. Der Rechtsstaat akzeptiere "bedenkenlos die quasi-autokratische Binnenstruktur der katholischen Kirche. Gewaltenteilung ist hier ein Fremdwort", schreibt Rixen im "Kölner Stadt-Anzeiger" (Mittwoch). Er ist vom Land NRW als Mitglied der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für das Erzbistum Köln benannt worden.

Missbrauchsopfer bei einem Gottesdienst in Bayern / © Nicolas Armer (dpa)
Missbrauchsopfer bei einem Gottesdienst in Bayern / © Nicolas Armer ( dpa )
Quelle:
KNA