DOMRADIO.DE: Was muss man über die Offene Kirche Elisabethen in Basel wissen?
Frank Lorenz (Seelsorger und Leiter der postkonfessionellen Offenen Kirche Elisabethen in Basel): Die Offene Kirche Elisabethen, kurz OKE, ist seit 31 Jahren unterwegs, um der Stadt und der ganzen Region mit 300.000 bis 400.000 Menschen Angebote im wirtschaftlichen, sozialen, geistlichen und kulturellen Bereich zu machen. Wir haben den Auftrag, die alte Botschaft neu zu verkünden und auch die Finanzprobleme der Kirche auf unsere Art zu lösen. Das sollten wir dann als Kompetenzzentrum den anderen Vereinen und Gemeinden zur Verfügung stellen. Wir sind also wirtschaftlich selbstständig. Das ist auch der Grund für die Partys.
DOMRADIO.DE: Ihre Kirche verwandelt sich rund um den ESC in eine Tanzfläche. Was wurde dort bereits geboten, was steht noch an?
Lorenz: Wir haben seit letztem Sonntag jeden Abend ein breites Angebot an Partys sowie Public Viewing während des Halbfinales, also am Dienstag und am Donnerstag. Am Samstag ist das große Finale. Das wird auf der Großleinwand in die Kirchen übertragen. Ansonsten haben wir noch einen kleinen "Swiss Square" vor dem Haus, wo Foodtrucks stehen und Menschen sich verpflegen können.
DOMRADIO.DE: Wie kommt es denn, dass die Offene Kirche in Basel dem ESC so positiv und offen gegenübersteht?
Lorenz: Wir haben die Notwendigkeit, den Fluch oder Segen, unser Geld selber auf dem Markt zu verdienen. Wir müssen ungefähr 750.000 Schweizer Franken pro Jahr erwerben, um unseren Betrieb aufrecht erhalten zu können. Eine der Möglichkeiten ist übrigens seit über 30 Jahren dieses Partyangebot.
Das andere ist aber eine inhärente Geschichte. Menschen, die feiern, die singen und Freude empfinden, die gehören in eine Kirche. Wir sind eine Kirchen der Lebensfreude. Wir wissen, dass Jesus auch als "Fresser" und "Weinsäufer" deformiert wurde, im Grunde genommen als Partytyp. Wir nehmen das heute bei uns so an. Bei uns haben alle, die guten Willens sind und Lust auf Lebensfreunde haben, einen festen Platz.
DOMRADIO.DE: Kirche und Party gehören einfach zusammen. Ist das gerade in diesen Tagen und Wochen ganz besonders wichtig?
Lorenz: Ja. Es herrscht überall Krieg. Es gibt einen Wirrkopf in Washington und einen brutalen Gewaltherrscher in Moskau. Dazwischen sind wir als Europäerinnen und Europäern, die ihren Weg finden müssen. Der Weg ist definitiv immer Diversität. Wir sind die erste Regenbogenkirche der Schweiz. Wir haben von der Gay und Lesbian Community dieses Label "Regenbogenkiche" bekommen. Wir sind sehr stolz darauf und fest davon überzeugt, dass wir mit dem Weg der Vielfalt und der Diversität, der Inklusion weiterkommen und nicht mit dem Weg des Ausschlusses und des narzisstischen Blicks auf sich selbst.
DOMRADIO.DE: Welche Erinnerung verbinden Sie selbst mit dem Eurovision Song Contest?
Lorenz: Ich weiß noch, wie ich als Teenager 1982 vor dem Fernseher saß. Nicole trällerte mit wunderbarer Stimme "Ein bisschen Frieden" in vier Sprachen. Das hat mich sehr beeindruckt. Dann kamen später die ganzen Songs von "Bucks Fizz - Making Your Mind Up" oder "Waterloo". Vor meiner Zeit schon, aber immer noch in meinem Ohr, ist "Merci Chérie" von Udo Jürgens.
DOMRADIO.DE: Deutschland hat bei diesem Wettbewerb das Minimalziel, nicht Letzter zu werden.
Lorenz: Da haben Sie jetzt gute Chancen. Sie sind gut besetzt. Im oberen Fünftel werden sie landen. Leider Gottes hat sich "Nemo", unsere Schweizer Hoffnung, sehr negativ und, wie ich finde, dumm, zum Thema rund um Israel geäußert. Dass der israelische Beitrag die Werte des ESC verletzt, kann er nicht bei gutem Gewissen denken.
DOMRADIO.DE: Kann denn die Schweiz den Titel verteidigen, was meinen Sie?
Lorenz: Nein, denke ich nicht.

DOMRADIO.DE: Sie wünschen in Basel einer Sängerin den Sieg, die fast ein wenig ähnlich wie Jesus aus dem Tod ins Leben zurückkam. Was und wen meinen Sie?
Lorenz: Ich meine Yuval Raphael aus Israel. Sie hat sich unter Leichenbergen vor der Hamas abgeschirmt und stieg unter den Leichen hervor. Sie singt "New Day Will Rise". Wer da nicht bewegt ist, hat keine Gefühle und kein Herz. Es ist das Zeichen für Resilienz. Die Resilienz des Volkes Israel, die Resilienz des Staates Israel.
Das Interview führte Carsten Döpp.