ÖRK-Vollversammlung bereitet "Erklärung zur Einheit" vor

"Ökumene des Herzens"

Die ökumenische Bewegung habe ihr gemeinsames Ziel aus den Augen verloren, lautet eine verbreitete Kritik. Eine erneute Annäherung versucht der Weltkirchenrat mit seiner neuen "Erklärung zur Einheit".

Autor/in:
Norbert Zonker
Infomaterial zur ÖRK-Vollversammlung / © Anne Ackermann (KNA)
Infomaterial zur ÖRK-Vollversammlung / © Anne Ackermann ( KNA )

 

Klimawandel, Krieg und Frieden, die Situation indigener Völker, Gender-Gerechtigkeit - viele Themen der Vollversammlung des Weltkirchenrats ÖRK in Karlsruhe könnten so ähnlich auch auf der Tagesordnung einer UN-Tagung stehen. Dass diese Fragen, die alle einen Bezug zur alltäglichen Arbeit der Kirchen haben, hier in einer speziellen Perspektive betrachtet werden, zeigt aber nicht nur der immer wieder von kurzen Gebeten und Gesängen unterbrochene Tagungsablauf.

ÖRK debattiert über Israel-Palästina-Resolution

Der Weltkirchenrat ÖRK ringt weiter um eine politische Stellungnahme zum Nahostkonflikt. Ein überarbeiteter Resolutionsentwurf wirft Israel schwere Menschenrechtsverletzungen und Unterdrückung von Palästinensern vor. Zudem wird referiert, dass viele Menschenrechtsgruppen die israelische Politik als "Apartheid" bewerteten. Gleichzeitig werden Gewalttaten von palästinensischer Seite verurteilt und betont, niemand wolle Israel grundlegende Rechte absprechen. 

Teilnehmer stimmen während der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) ab / © Uli Deck (dpa)
Teilnehmer stimmen während der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) ab / © Uli Deck ( dpa )

Wie die früheren ÖRK-Vollversammlungen legt auch die von Karlsruhe eine Erklärung zum ökumenischen Kerngeschäft, der Einheit der Christen, vor. "Das ist der Hauptzweck der gesamten ökumenischen Gemeinschaft", betonte der rumänisch-orthodoxe Metropolit Nifon von Targoviște, der die Diskussion über den Entwurf der Erklärung leitete. "Unsere Einheit ist ein Zeugnis an die Welt für die überwältigende Liebe Gottes in Christus für die gesamte Schöpfung."

"Im Licht Christi leben"

Auch ein hochkarätiges Plenum am Mittwoch war dem Thema der christlichen Einheit gewidmet. Der Ehrenprimas der Anglikaner, Erzbischof Justin Welby von Canterbury, gab den Ton vor und betonte, in einer Zeit der weltweiten Krise könnten die Kirchen sich den "Luxus der Trennung" nicht länger leisten. Vielmehr müssten sie eine "Gemeinschaft des Friedens" werden, so Welby. Es gehe nicht darum, für alle Streitfragen eine Lösung zu finden, sondern "im Licht Christi zu leben", ohne sich gegenseitig auszuschließen - auch wenn man nicht übereinstimme.

Eine besondere aktuelle Herausforderung stellt der Krieg in der Ukraine dar, wo ein christliches Land ein anderes christliches Land angreift und Christen andere Christen töten, wie der Vertreter des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel beim ÖRK, Erzbischof Job von Pisidien, drastisch formulierte. "Ist das das christliche Zeugnis, das wir der säkularen Welt geben wollen?", fragte er. Versöhnung sei eine zentrale Aufgabe der Christen, so der Bischof: "Versöhnung innerhalb unserer Kirchen, zwischen den Kirchen, mit dem Rest der Menschheit und mit der Schöpfung." Zugleich begrüßte Job die Entscheidung des ÖRK, die russisch-orthodoxe Kirche nicht auszuschließen. "Wenn wir Dialog wollen, dann brauchen wir alle am Tisch."

Neuer Akzent

Die katholische Kirche ist kein Mitglied des ÖRK, war aber in Karlsruhe mit einer eigenen Delegation vertreten. Der Sekretär des Vatikanischen Einheits-Dikasteriums, Bischof Brian Farrell, lobte die jahrzehntelange Zusammenarbeit, die inzwischen zu einer Partnerschaft geworden sei. Die nächste große Herausforderung werde darin bestehen, nicht nur nach Gemeinsamkeiten der verschiedenen Konfessionen zu suchen, sondern die Unterschiede näher zu betrachten und zu erkennen, ob sie kirchentrennend seien oder nicht.

Die "Erklärung zur Einheit" von Karlsruhe setzt dazu einen neuen Akzent mit dem Begriff der "Ökumene des Herzens". Dieser soll nicht im Gegensatz zum Ziel der "sichtbaren Einheit" der Kirchen stehen, sondern einen "erneuerten Fokus auf ökumenische Spiritualität" richten. "Unsere Ökumene muss in der Liebe verankert sein", betonte die Vorsitzende der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, Susan Durber, die als Beraterin der Vollversammlung die Erklärung mitverfasste. "Liebe, die nicht romantisch ist, die nicht nachgiebig oder sentimental ist, sondern die zu Gerechtigkeit wird, wenn sie öffentlich wird. Wenn sich die Liebe in der gesamten Menschheit ausbreitet, wird sie zu Gerechtigkeit." Mit einem kurzen "Aufruf zum Handeln" will sich die Vollversammlung darüber hinaus an die Mitgliedskirchen wenden und die Quintessenz der Tagung zusammenfassen.

Der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm gab einen Ausblick auf ein bevorstehendes Ereignis, das die Kirchen bis 2025 zusammen begehen wollen: das 1.700-Jahr-Jubiläum des ersten Ökumenischen Konzils von Nizäa 325. Das Logo dazu konnte er bereits präsentieren: "N+CAEA 2025" mit einem Kreuz anstelle des "I".

Quelle:
KNA