Obamas Afrika-Politik vor US-Wahl in der Kritik

"Eine Enttäuschung"

Wer wird in der kommenden Woche Präsident der USA? Auch in Afrika schaut man gespannt auf die Supermacht, deren politischer Kurs immer auch Auswirkungen auf das eigene Land, die eigene Region hat. Kapstadts Erzbischof wünscht sich dabei mehr Sorge um Menschenrechte.

Autor/in:
Jörg Poppendieck
 (DR)

Wenn Stephen Brislin auf die Afrika-Politik von Amtsinhaber Barack Obama zu sprechen kommt, macht er aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. "Wir haben mehr von ihm erwartet - auch angesichts seiner afrikanischen Wurzeln", sagt der katholische Erzbischof von Kapstadt. "Wir hatten gedacht, er interessiert sich für die Zukunft des afrikanischen Kontinents, für sein Schicksal." Doch nichts in dieser Richtung sei geschehen.



Als Obama im Januar 2009 sein Amt als erster schwarzer Präsident der USA antrat, hatte der Kapstädter Erzbischof wie viele andere auf einen Politikwechsel gehofft: eine Umkehr etwa von der einseitigen Sicherheitspolitik seines Vorgängers George W. Bush. Doch die Obama-Regierung orientierte sich in ihrer Afrika-Politik vor allem an den militärisch geprägten Richtlinien der Vorgänger. Teilweise wurde das militärische Engagement sogar ausgebaut.



Brislin: "Sie verkaufen Waffen nach Afrika, finanzieren militärische Operationen, etwa in Uganda und Somalia. Und sie unterstützen Länder wie Angola und Uganda, die alles andere als demokratisch geführte Staaten sind." Statt Waffen zu liefern, Militär auszubilden und ressourcenreiche Staaten finanziell zu unterstützen, sollten sich die USA jene Länder mit guter Regierungsführung stärken.



Als ein Beispiel nennt er Malawi. Dort regiert seit April Joyce Banda. Die 62-Jährige hat den Politikstil ihres verstorbenen Vorgängers quasi über Nacht umgekehrt. Während Bingu Mutharika auf Demonstranten schießen ließ, macht sich Banda für Gleichberechtigung stark. Sie ließ den teuren Präsidenten-Jet verkaufen und fliegt jetzt Linie. Zudem kündigte sie vor dem ursprünglich in Malawi geplanten Afrika-Gipfel an, Sudans Staatspräsidenten Omar al-Baschir verhaften zu lassen, sollte er in die Hauptstadt Lilongwe kommen. Bandas Vorgänger Mutharika hatte den per internationalen Haftbefehl gesuchten al-Baschir noch vor einem halben Jahr zum Gipfel des regionalen Wirtschaftsverbandes Comesa herzlich willkommen geheißen.



Sorgenvoller Blick nach China

"Die USA und viele andere westliche Staaten pumpen jedes Jahr viel Geld nach Afrika und beschweren sich dann, dass sie keine Ergebnisse sehen", beklagt Erzbischof Brislin. "Dabei müssen sie nur die Richtigen unterstützen. Dazu zählen auch Liberia mit Ellen Johnson Sirleaf an der Spitze oder Sambia mit Präsident Michael Sata."



Mit Sorge betrachtet der Kapstädter Erzbischof den wachsenden Einfluss Chinas in Afrika. Auch hier sieht er die USA gefragt: "Die Chinesen kommen mit viel Geld, bauen Straßen und Brücken und kaufen Minen auf. Das Problem ist, dass sie unmoralisch handeln. Sie respektieren die Rechte der Menschen nicht und lassen sich nicht zur Rechenschaft ziehen." In den Augen Brislins machen die USA nicht nur wirtschaftspolitisch einen großen Fehler, wenn sie Afrika den Chinesen überlassen. Je größer Pekings Einfluss in Afrika werde, desto schwerer werde es, eine Kultur der Menschenrechte in Afrika auf- oder auszubauen.



Den künftigen US-Präsidenten fordert der Erzbischof auf, Wege zu finden, um den Handel mit Afrika zu verstärken. Doch um das zu ermöglichen, müsse sich Washington "möglicherweise von Subventionen und geschätzten Märkten verabschieden".



Auch mit Blick auf sein Heimatland Südafrika hat Brislin einen Rat an den künftigen Staatenlenker der USA. Gewaltsame Streiks, Armut und ausufernde Korruption machen dem Land am Kap derzeit zu schaffen. Ohne den derzeitigen Staatspräsidenten Jacob Zuma zu nennen, rät der Erzbischof: "Der künftige US-Präsident sollte sich mit denen zusammensetzen, die ein Interesse an Südafrika haben und eine Vision. Die gibt es. Und er sollte jene meiden, die nur ihre eigene Karriere im Blick haben und versuchen, sich zu bereichern."