Ob die Petersglocke im Kölner Dom ihren neuen Klöppel bis Ostern erhält, ist fraglich

"Die Glocke selber ist unbeschädigt"

"Man darf sich an diesem Gebäude prinzipiell nicht fragen: Was kann passieren? Weil dann verzweifelt man", sagt Barbara Schock-Werner. Die Dombaumeisterin konnte sich als Erste vom Ausmaß des Klöppelunglücks überzeugen. Im Interview mit domradio.de spricht sie über Ursache und Folgen.

 (DR)

domradio.de: Wo waren Sie, als der Klöppel abriss?

Schock-Werner: Auf dem Weg zum Dom, auf dem Weg zur Messe. Und danach ging es los: Ich war nicht gleich ob, sondern erst etwas später. Und dann habe ich erst mal festgestellt, dass relativ wenig passiert ist. Außer, dass der Klöppel abgefallen ist. Er fiel auf die Wartungsebene, hat zwei Holzbohlen durchschlagen, die den Schlag aber abgefedert haben. D.h. er blieb da oben liegen, er ist gar nicht weit runter gefallen. Heute steht irgendwo, er sei abgestürzt. Das ist Quatsch. Er ist einfach runtergefallen. Das Geländer, das diese Wartungsebene schützt, ist abgerissen worden. Aber der Schaden im Dachstuhl ist ganz minimal. Aber der Klöppel muss neu gemacht werden.



domradio.de: Das Krachen haben Sie gehört, als Sie auf dem Weg zum Dom waren. Hatten Sie da schon eine Idee über seinen Ursprung?

Schock-Werner: Eigentlich nicht. Ich war nicht richtig konzentriert, ich war am Abend vorher beim Glockenläuten oben mit einer Besuchergruppe. Inzwischen haben wir aber vom Glockensachverständigen des Erzbistums eine genaue akustische Aufzeichnung. Man hört die Glocke läuten, es bricht ab für anderthalb Sekunden und dann hört man es krachen und scheppern.



domradio.de: Hätte etwas Schlimmeres passieren können, zum Beispiel ein Fall in den voll besetzten Dom?

Schock-Werner: Ins Innere vom Dom ist sehr unwahrscheinlich. Aber man darf sich an diesem Gebäude prinzipiell nicht fragen: Was kann passieren? Weil dann verzweifelt man. Es ist passiert, und es ist gut abgegangen, natürlich hätte er auch in die andere Richtung fliegen können. Dass er runtergefallen durch die Gewölbe, das ist schon theoretisch nicht möglich. Dann hätte er auch noch um Ecken fliegen müssen.



domradio.de: Was haben die Gutachter heute Vormittag festgestellt?

Schock-Werner: Es ist ganz eindeutig, dass es ein Zeichen von Materialermüdung ist, die sich, das kann man an der Bruchstelle sehen, schon eine Weile abgezeichnet hat. Die aber von außen nicht sichtbar wurde. Und gestern kam dann der endgültige Bruch. Klöppel haben eine endliche Lebenszeit, dieser Klöppel wurde 1953 geschmiedet, dafür hat er es lange gemacht, das spricht für die Qualität. Jetzt ist es passiert. Ich habe nicht damit gerechnet, kann den Schrecken aber nachvollziehen. Man merkt ja auch am Echo in der Presse und in der Bevölkerung, wie wichtig und wie sehr im Herzen der Menschen diese Glocke ist. Aber die Glocke selber ist unbeschädigt. Und jetzt werden wir einen neuen Klöppel schmieden lassen müssen.



domradio.de: Am Ostersonntag sollte der Decke Pitter wieder läuten. Hängt bis dahin ein neuer Klöppel?

Schock-Werner: Ich habe gar keine Ahnung, weil wir keine Erfahrung haben. Es gibt vermutlich ganz wenige Firmen, die das überhaupt können. Das müssen wir jetzt erst mal durch die Befragung von Kollegen und Experten die beste raussuchen. Und dann kommt es auf deren Auftragsplan an und wie lange das überhaupt dauert, so einen riesigen Klöppel, der ungefähr 800 Kilogramm wiegt, zu machen. Der ist ja nicht in zwei Tagen fertig. Das kann ich heute noch nicht sagen. Aber ich hoffe natürlich, dass es bis Ostern geht.



domradio.de: Gestern gab es zusätzlich auch noch Probleme mit Wasser...

Schock-Werner: Durch das plötzliche Tauwetter und den vielen Schnee, der oben noch in den Gängen auch zwischen den Dächern lag, der nicht regelgerecht abfließen konnte, gab es plötzlich im Binnenchor hinter dem Schrein einen Wassereinbruch. Und da Feiertag war und erst mal keiner zu greifen, bin ich selber raufgegangen und habe den Schnee aus diesem Bereich geschippt. Das gehört auch nicht zu meinen Lieblingsfeiertagbeschäftigungen. Aber es ist nun mal nicht zu ändern.



Das Gespräch führte Uta Vorbrodt.