NRW: Förderprogramm für Behinderte

Leistungsfähig trotz Behinderung

Mit einem Förderprogramm von 182 Millionen Euro will der nordrhein-westfälische Sozialminister Karl-Josef Laumann
(CDU) eine Offensive zur Unterstützung von Behinderten starten.
"Wir wollen helfen, dass Menschen mit Behinderungen besser Arbeit finden und beweisen können, wie leistungsfähig sie sind", sagte Laumann am Montag vor Journalisten in Düsseldorf. Das Programm "Teilhabe für alle" umfasst etwa 40 Hilfsprojekte in den Bereichen Arbeit, Bildung, Familie und Wohnen. Die NRW-Behindertenbeauftragte Angelika Gemkow begrüßte die Maßnahmen als "neuen Schub" für die Behindertenpolitik. Kritik kam hingegen vom Sozialverband Deutschland (SoVD) sowie von der SPD-Opposition.

 (DR)

Laumann geht es nach eigenen Worten um "barrierefreie Zugänge"
für Behinderte in Gebäuden und Verkehrsmitteln sowie zu Ausbildungsplätzen und Informationsmedien. So fördert das Land den Angaben zufolge jährlich mit 1,8 Millionen Euro Qualifizierungsmaßnahmen in den Berufsförderwerken Düren und Oberhausen, bei denen arbeitslose Schwerbehinderte zu Verwaltungsfachangestellten umgeschult werden. "Wer dort erfolgreich abschließt, wird unbefristet in den Landesdienst übernommen", versicherte der Sozialminister. Dies sei ein bundesweit einzigartiges Projekt.

Nahverkehr erhält größten Anteil
Mit 105 Millionen Euro soll der Löwenanteil der Förderung in den öffentlichen Nahverkehr fließen. Damit sollen barrierefreie Linienbusse und Straßenbahnen ebenso gebaut werden wie akustische Haltestellenanzeigen. Für die Anpassung von Neubauwohnungen, den behindertengerechten Ausbau von Eigenheimen und den Abbau von Barrieren bei Mietwohnungen stellt das Land bis 2010 rund 60 Millionen Euro zur Verfügung. Bei dem Projekt "Total normal" soll die Kinder- und Jugendarbeit mit Behinderten finanziell unterstützt werden. Weitere Mittel dienen der Sturzprävention für Senioren und der Einrichtung von Notfall-Faxnummern für hörgeschädigte Menschen.

Die Landesregierung startete zugleich das Projekt "barrierefreie Dokumente". Dabei sollen blinden und hörgeschädigten Menschen in NRW Behördenformulare künftig per Audiokasette, Mini-Disk oder Audio-CD zur Verfügung gestellt werden. Im Zeitalter moderner Kommunikationstechnologien müssten Behinderte auf absehbare Zeit einen barrierefreien Zugang zum Internet erhalten, verlangte Laumann. In NRW leben 2,3 Millionen Menschen mit Behinderungen.
Davon sind 1,6 Millionen schwerbehindert. Mehr als die Hälfte ist älter als 65 Jahre, nur 2 Prozent sind jünger als 18 Jahre. 53 Prozent der Behinderten sind Frauen, 47 Prozent Männer.

Kritik kommt von den Verbänden
Der SoVD bezeichnete das Programm als "Armutszeugnis". Es zähle fast nur Maßnahmen auf, die bereits seit vielen Jahren bestünden. Außerdem rechne sich die Landesregierung Bereiche der Behindertenpolitik zu, die in Wirklichkeit von den Landschaftsverbänden und Kommunen getragen würden, erklärte SoVD-Vizepräsidentin Marianne Saarholz, die auch NRW-Landesvorsitzende des Verbandes ist. Die SPD im Düsseldorfer Landtag erklärte, Laumann fehle eine klare Linie. "Die Summe einzelner Projekte ist noch kein Programm", sagte der sozialpolitische Fraktionssprecher Rainer Bischoff. Es reiche nicht aus, selbstverständliche Schwerpunkte der Behindertenpolitik "nur aufzulisten".