Notwehr kann laut Kardinal Woelki Weg zum Frieden ebnen

"Als Ultima Ratio"

Beim Martinsempfang in Mainz hat Kardinal Woelki seine Position zum Frieden verdeutlicht. Einen "unbedingten einseitigen Gewaltverzicht" lehnte er ab. In einer von Konflikten geprägten Welt solle die Kirche Botin des Friedens sein.

Rainer Maria Woelki / © Julia Steinbrecht (KNA)
Rainer Maria Woelki / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hält im Falle einer kriegerischen Aggression einen "unbedingten einseitigen Gewaltverzicht für nicht vertretbar". Auch angesichts der aktuellen Ereignisse sehe er "Notwehrgewalt unter strengsten Voraussetzungen für christlich legitimiert" an, sagte Woelki am Donnerstagabend in Mainz.

"Sie kann und soll als Ultima Ratio den Weg zum Frieden ebnen", betonte der Kölner Erzbischof beim Sankt Martinsempfang des Katholischen Büros Mainz laut Redemanuskript.

Keine ungezügelte Barbarei

Woelki sagte, seine friedensethische Vision sei nicht einfach ein Ja zum gerechten Krieg und ein Nein zum Pazifismus. Er habe hohen Respekt vor einem gemäßigten Pazifismus, der nicht den unbedingten einseitigen Gewaltverzicht fordere.

Denn das "pragmatisch geduldete Übel der Notwehrgewalt" bewahre vor ungezügelter Barbarei. Zugleich bewahre ein gemäßigter Pazifismus vor Kriegstreiberei. Zudem gelte es, "heute schon den noch langen Weg zu einer gewaltfreien Welt zu bereiten", etwa durch gewaltlosen Widerstand oder "durch eine lang angelegte weltweite friedensethische Bildung".

Kirche darf nicht um sich selbst kreisen

Woelki sagte mit Blick auf die Kriege in Nahost und der Ukraine weiter: "Heute stehen wir unter dem Eindruck von Krieg, Terror und Gewalt." Fortlaufend werde man mit Tod, Vertreibung, Verschleppung und Zerstörung konfrontiert. Auftrag der Kirche sei es, "in einer kriegerischen Welt Boten des Friedens zu sein, den bangenden, oftmals verängstigten Menschen eine Orientierung zu geben". 

Woelki betonte: "Anstatt viel zu sehr um sich selbst zu kreisen, nach Struktur und Macht zu fragen, sollten und müssen wir als Kirche und Theologie wieder mehr das ins Zentrum stellen, was die Herzen der Menschen bewegt."

Politiker fordert Sicherheit für Juden

Clemens Hoch (SPD), Minister für Wissenschaft und Gesundheit in Rheinland-Pfalz, sagte beim Martinsempfang, viele Menschen seien verunsichert. "Aber in Krisenzeiten gibt es keine einfachen Antworten." In Deutschland müssten alle Menschen sicher leben und ihre Religion frei ausüben können. "Es darf nicht sein, dass Jüdinnen und Juden wieder Angst haben", sagte Hoch in Vertretung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).

Zum Sankt Martinsempfang kommen jährlich mehrere Dutzend Gäste aus Politik, Kirche und Verwaltung nach Mainz. Das Katholische Büro Mainz ist das politische Verbindungsbüro der Diözesen mit rheinland-pfälzischen Gebietsanteilen – also Trier, Speyer, Mainz, Limburg und Köln – zur rheinland-pfälzischen Landesregierung.

Quelle:
KNA