Tigray-Konflikt in Äthiopien dauert an

Not der Menschen wächst

Rund drei Monate nach Beginn der Kämpfe in der äthiopischen Provinz Tigray warnen Menschenrechtler vor der wachenden Not der Menschen in der Region und einer massiven Hungerkrise. 

Autor/in:
Christian Michael Hammer
Geflüchtete Menschen aus der Region Tigray / © Nariman El-Mofty (dpa)
Geflüchtete Menschen aus der Region Tigray / © Nariman El-Mofty ( dpa )

"Die Versorgungslage der Menschen in Tigray ist katastrophal. Uns erreichen dramatische Berichte über unfassbares Leid und große Not", sagte der Landesdirektor der Welthungerhilfe in Äthiopien, Matthias Späth, am Freitag in Berlin. "Trotz des riesigen humanitären Bedarfs erreichen Hilfsorganisationen die betroffenen Menschen bislang kaum." Wegen der sich zuspitzenden Lage stelle die Welthungerhilfe 200.000 Euro Soforthilfe bereit.

Nach UN-Angaben brauchen in Tigray etwa 2,3 Millionen Menschen humanitäre Hilfe. Rund eine halbe Million Menschen seien vor den Kämpfen zwischen der Zentralregierung in Addis Abeba und der Befreiungsfront Tigray People Liberation Front (TPLF) geflohen; etwa 60.000 Menschen ins Nachbarland Sudan.

Sorge bei Hilfsorganisationen

Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen sprach von einer dramatischen Situation. "Jedes Mal, wenn wir ein neues Gebiet erreichen, treffen wir auf einen Mangel an Nahrung und Wasser, erschöpfte Gesundheitsdienste und viel Angst in der Bevölkerung. Alle bitten um Essen", sagte Einsatzleiterin Mari Carmen Vinoles.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) forderte unterdessen eine unabhängige Untersuchung von Eritreas Verwicklung in den Konflikt.
"Wer Kirchen, Klöster und Weltkulturerbestätten systematisch angreift und plündert, Massaker an der Zivilbevölkerung sogar in Kirchen verübt und Vergewaltigung als Kriegswaffe einsetzt, begeht Kriegsverbrechen", so GfbV-Direktor Ulrich Delius. Er forderte einen sofortigen "Abzug des eritreischen Militärs aus Tigray, da es für einen Großteil der schweren Menschenrechtsverletzungen in der umkämpften Region" verantwortlich sei. Eritreas Militär habe die Corona-Pandemie und die US-Präsidentschaftswahl ausgenutzt, um "unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit Nord-Äthiopien zu verwüsten".

Kritik an der Bundesregierung

Die Menschenrechtsorganisation kritisierte auch die Bundesregierung. Deutschland habe "zu lange weggeschaut und den Beteuerungen Äthiopiens Glauben geschenkt, Eritrea sei an der Militäroperation nicht beteiligt", so Delius. Deutschlands Entwicklungspartnerschaft mit Äthiopien dürfe «kein Freibrief sein, um Kriegsverbrechen begehen zu lassen».

Anfang November war in der nordäthiopischen Region Tigray ein militärischer Konflikt zwischen der Regierung in Addis Abeba und der "Volksbefreiungsfront von Tigray" ausgebrochen. Der Konflikt gefährdet die Zivilbevölkerung und hat laut internationalen Organisationen zu erheblichen Fluchtbewegungen geführt. Zuletzt kündigte die Bundesregierung in Berlin eine Aufstockung der humanitären Hilfe für das Land an.


Quelle:
KNA
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