Nordische Konferenz erläutert Kritik am Synodalen Weg

"Das hat nichts mehr mit Synodalität zu tun"

In einem Brief an Deutschland haben Nordeuropas Bischöfe Kritik am Synodalen Weg geäußert. Die Generalsekretärin der Bischöfe beklagt fehlende Offenheit für abweichende Meinungen und hofft auf den synodalen Weltprozess.

Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht (KNA)
Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )
 Sr. Anna Mirijam Kaschner / © Julia Rathcke (KNA)
Sr. Anna Mirijam Kaschner / © Julia Rathcke ( KNA )

DOMRADIO.DE: In dem Brief steht, die nordischen Bischöfe machen sich Sorgen um die Richtung, Methodik und den Inhalt des Synodalen Weges in Deutschland. Wo führt denn der Synodalen Weg aktuell hin? Was meinen Sie?

Sr. Anna Mirijam Kaschner cps (Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz): Das ist etwas schwierig auszumachen, aber es besteht einfach eine Sorge. Und zwar nicht nur bei den Bischöfen, sondern auch bei den Gläubigen unserer Länder, die uns immer wieder darauf ansprechen, dass das Ganze in eine Art Kirchenspaltung führen wird. So wie das momentan aussieht, gibt es in Deutschland Überlegungen, auch kirchliche Lehre zu verändern, was letztendlich dann in eine Spaltung führen wird.

DOMRADIO.DE: Reformen sind ja eigentlich kein allein deutsches Anliegen. Das schreibt ja auch die Nordische Bischofskonferenz. Ich denke, in dem Punkt gibt es auch Konsens. Warum unterstützen denn die Nordischen Bischöfe den Synodalen Weg nicht?

Kaschner: Es gibt einige Punkte in den Bestrebungen des Synodalen Weges in Deutschland, die einfach mit der kirchlichen Lehre nicht zu vereinbaren sind. Und wir haben es sehr bedauert oder bedauern es auch immer noch, dass die Deutsche Bischofskonferenz sozusagen vorgeprescht ist und sich irgendwie nicht darum gekümmert hat und nicht bemüht hat, auch vielleicht die Nachbar-Bischofskonferenzen mit in die Überlegungen einzubeziehen, sondern es wurde dort in Deutschland etwas verhandelt. Es wurde der Synodalen Weg auf den Weg gebracht und wir waren mehr oder weniger stille Zuschauer oder gerade noch Beobachter. Der Vorsitzende der nordischen Bischofskonferenz war ja als Beobachter bei den Synodalversammlungen anwesend. Ich habe selber mit hinein geschaut bei der digitalen Version der letzten Synodalversammlung. Und auch dort ist mir aufgefallen, dass Stimmen, die sich vielleicht etwas kritischer dem Ganzen gegenüber äußern, relativ schnell unterdrückt wurden. Und das bekümmert sehr, denn das hat nichts mehr mit synodalem Weg oder Synodalität zu tun.

 

Vollerversammlung der Nordischen Bischofskonferenz im März 2022 / © Nordische Bischofskonferenz
Vollerversammlung der Nordischen Bischofskonferenz im März 2022 / © Nordische Bischofskonferenz

DOMRADIO.DE: Die nordischen Bischöfe fordern die Tradition der katholischen Lehre zu verteidigen, zu erklären und in glaubwürdige Praxis umzusetzen, so heißt es im Brief. Und jetzt leidet die katholische Kirche aktuell an mangelnder Glaubwürdigkeit, hervorgerufen durch Fälle sexuellen Missbrauchs und einer schleppenden Aufarbeitung zum Beispiel. Wie soll die Glaubwürdigkeit denn zurückkommen? Warum sind Reformen dann nicht der Weg?

Kaschner: Doch, Reformen sind mit Sicherheit der Weg. Und wir haben ja auch geschrieben in diesem Brief, dass die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und auch die Verhinderung von Missbrauchsfällen in Zukunft absolute Priorität haben muss. Also da besteht absoluter Konsens auch mit der Deutschen Bischofskonferenz und sicherlich mit allen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Die Frage ist aber: Welche Art von Reformen sollen das sein? Geht es um strukturelle Reformen? Kann die Veränderung von Strukturen das Glaubensleben in Deutschland erneuern? Und da haben wir einfach große Zweifel, denn wir merken in unseren Ländern - und das ist eigentlich auch das Anliegen dieses Briefes gewesen, nämlich den Blick über den Tellerrand der Deutschen Bischofskonferenz hinaus zu legen, einfach auch zu sehen, dass das, was in Deutschland passiert, auch an Bestrebungen, Veränderungen herbeizuführen, nicht unbedingt das ist, was in anderen Teilen der Weltkirche aktuell ist. Und da habe ich die Sorge oder auch unsere Bischöfe die Sorge, dass da etwas im Alleingang gemacht wird, was aber gar nicht zu der Lebens- und Glaubenswirklichkeit der Weltkirche passt.

 

Sr. Anna Mirijam Kaschner cps

"Da haben wir die Sorge, dass da etwas im Alleingang gemacht wird, was aber gar nicht zu der Lebens- und Glaubenswirklichkeit der Weltkirche passt."

DOMRADIO.DE: Geht es darum, dass es der Alleingang ist der deutschen Bischöfe? Oder geht es darum, nicht dem Zeitgeist nachzujagen, wie es ja auch in Ihrem Brief steht? Das natürlich auch ein gern genanntes Totschlagargument ist, um alles im Keim zu ersticken. Geschlechtergerechtigkeit zum Beispiel, ist das nur Zeitgeist?

Kaschner: Es ist sicherlich eine Herausforderung, die sich stellt in der heutigen Zeit und die wir auch anschauen sollten, anschauen müssen. Aber die Frage ist: Müssen wir zu allem Ja sagen, was sich in Gesellschaft verändert? Oder hat nicht die katholische Kirche über Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg genau ihre Glaubwürdigkeit darin gehabt, dass sie gesagt hat: Nicht alles, was mehrheitsfähig ist, ist auch gut, ist auch im Sinne des Evangeliums? Im Sinne dessen, was Kirche verkündet.

Und da mahnen unsere Bischöfe einfach etwas zur Vorsicht, zum Miteinbeziehen aller anderen Sichtweisen und Meinungen, die es eben auch gibt und die es, soweit ich weiß, auch in Deutschland gibt, die aber auch auf Grund der Mehrheitsmeinung, die natürlich in den Medien sehr stark vertreten ist, diese Stimmen oft nicht gehört werden.

DOMRADIO.DE: Wie kann man denn diese Stimmen zu Gehör bringen?

Kaschner: Da ist genau dieser synodale Prozess, der jetzt von Papst Franziskus angestoßen ist, die Methode, dass eben Menschen sich auch äußern können, die sich nicht trauen, in den Medien große Worte zu schwingen oder die in Debattenkulturen eine führende Stimme haben. Denn es gibt auch in Deutschland diese Aufbrüche. Was ich selber, in der dritten Synodalversammlung in Frankfurt im Video verfolgt habe, hat mich allerdings erschrocken. Die Reaktionen der synodalen Vertreter, sobald eine Äußerung kam, die etwas kritischer war zu dem Mainstream, waren unangemessen. Da wurden Leute ausgebuht und das kann nicht die Art sein, wie wir Synodalität leben und in christlichem Kontext miteinander umgehen.

Das Interview führte Tobias Fricke.

Nordische Bischöfe kritisieren Synodalen Weg in Deutschland

Die katholischen Bischöfe der skandinavischen Länder haben Bedenken gegen das Reformprojekt Synodaler Weg der Kirche in Deutschland geäußert. Sie seien besorgt über "die Richtung, die Methodik und den Inhalt", heißt es in einem offenen Brief (Mittwochabend) an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, den Limburger Bischof Georg Bätzing.

Fahnen in den Farben und mit dem Logo des Synodalen Weges / © Julia Steinbrecht (KNA)
Fahnen in den Farben und mit dem Logo des Synodalen Weges / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
DR
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