Nonnen-Anwärterin möchte im Kloster bleiben

Frau Schwarz allein im Haus?

Sie will bleiben, wo sie ist. Alleine als Nonnenanwärterin im bayrischen Kloster Altomünster. Obwohl keine Priorin mehr da ist. Nun entscheidet das Gericht über die Zukunft von Claudia Schwarz. Ein nicht ganz alltäglicher juristischer Fall.

Jesusstatue vor dem Frauenkonvent des Klosters Altomünster / © Lino Mirgeler (dpa)
Jesusstatue vor dem Frauenkonvent des Klosters Altomünster / © Lino Mirgeler ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die Nonnen-Anwärterin Claudia Schwarz war ursprünglich Juristin. Sie hat ihr bürgerliches Leben abgebrochen, um Nonne im Birgittinnenkloster Altomünster zu werden. Jetzt will sie aus dem Kloster nicht raus. Das Landgericht München entscheidet nun über die Vollstreckung einer Räumungsklage des Erzbistums München. Die Priorin des Klosters hatte als letzte Nonne das Kloster verlassen und die Schlüssel der Nonnen-Anwärterin übergeben. Und die möchte nun unbedingt in dem Kloster bleiben. Haben Sie dafür Verständnis?

Prof. Wilhelm Liebhart (Historiker und Vorstandsvorsitzender des Museums und Heimatvereins Altomünster): Theoretisch ja. Wir wollen natürlich, dass ein Kloster nach 520 Jahren nicht sang- und klanglos verschwindet. Aber nachdem die letzte Priorin das Kloster verlassen hat, stellt sich die Frage, was eine Postulantin (Nonnen-Anwärterin, Anm. d. Red.) eigentlich noch erreichen will, denn sie hat eigentlich keine Rechtsgrundlage.

DOMRADIO.DE: Haben Sie eine Ahnung, was sie erreichen will?

Liebhart: Sie will natürlich, dass das Kloster weiter lebt. Das Birgittenkloster existiert seit 520 Jahren. Insgesamt hat Altomünster eine monastische Tradition von 1.200 Jahren. Wir liegen hier nördlich von München zwischen der bayrischen Hauptstadt und Ingolstadt sowie Augsburg und Freising. Wenn eine Tradition nach 1.200 Jahren zu Ende geht, dann ist das schon schlimm. Aber das Kloster hat keine Existenzbasis mehr. Der Konvent bestand nur noch aus zwei "echten" Nonnen. Frau Schwarz ist ja nur eine Postulantin gewesen. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll, denn die Priorin selbst hat das Kloster ja verlassen. Ohne eine echte Nonne kann man schließlich nicht weiter existieren.

DOMRADIO.DE: Die Priorin hat der Postulantin nun aber den Schlüssel zum Kloster übergeben. Hat sie deshalb nicht vielleicht ein Mietrecht?

Liebhart: Das ist interessant. Ich habe selbst als Immobilienbesitzer nicht gewusst, dass man, wenn man keinen Mietvertrag hat, aber von der Hauseigentümerin den Schlüsselbund ausgehändigt bekommt, ein bestehendes Mietverhältnis hat. Diese Sache ist nun juristisch zu klären. Und das ist sehr schwierig. Es gibt also zivilrechtliche Streitigkeiten vor dem Verwaltungsgericht und es geht hier nicht um Kirchenrecht. Bisher hat sie jeden Prozess aus rein formalen Gründen gewonnen.

DOMRADIO.DE: Sie könnte aber auch in ein anderes Kloster der Birgittinnen gehen. Warum macht sie das nicht?

Liebhart: Das ist eine berechtigte Frage. In Deutschland gibt es von diesem Zweig des mittelalterlichen Birgittenordens, der aus Schweden kommt, kein Kloster mehr. Sie müsste nach Uden in den Niederlanden oder nach Schweden in das Mutterkloster gehen. Das tut sie aber nicht. Sie sagt, sie habe eine Berufung für dieses Haus. Aber ein Haus ist doch nur eine Hülle. Wo ist hier die Spiritualität? Es ist kompliziert und sehr schwierig. Man kann nur mit formalen Gründen wie einer Räumungsklage oder einer Brandschutzklage ankommen. Aber sie gewinnt praktisch immer, weil die Verwaltungsgerichte argumentieren, solange in Rom noch ein Widerspruch laufe, habe sie hier ein Wohnrecht.

DOMRADIO.DE: Das Kloster Altomünster ist ein sehr traditionsreiches Kloster. Gibt es da vom Erzbistum schon Pläne, was denn weiter mit dem Kloster passieren könnte?

Liebhart: Die Erzdiözese hält sich bedeckt, was auch verständlich ist, solange dieses Problem nicht gelöst ist. Aber wir in Altomünster, einer Gemeinde mit 8.000 Einwohnern, haben natürlich schon Pläne. Zum einen hat die Pfarrei kein Pfarrzentrum, was wir dringend benötigen. Vor allem Jugendgruppenräume würden sich im Kloster trotz aller denkmalschutzrechtlichen Bedenken anbieten. Das zweite ist das Klostermuseum, das ich jetzt leite. Das ist in einem kommunalen Gebäude untergebracht. Das könnte natürlich vor Ort im Kloster selbst installiert werden. Das wäre auch kein großes Problem. Schließlich könnte man ein Exerzitienhaus einrichten. Oder aber die nahe katholische Landvolkshochschule am Petersberg in Dachau könnte sich hier etablieren. Sie hat nur übervolle Häuster, die sich um die Seelsorge und die Bildung der Menschen im ländlichen Raum kümmern. Damit hätten wir potentielle Nutzungsmöglichkeiten und das Problem wäre eigentlich gelöst.

Das Interview führte Silvia Ochlast.


Claudia Schwarz / © Lino Mirgeler (dpa)
Claudia Schwarz / © Lino Mirgeler ( dpa )
Quelle:
DR