Kanadische Juristin kritisiert Umgang der Kirche mit Indigenen

Nicht markierte Gräber

Die kanadische Juristin Mary Ellen Turpel-Lafond wirft der katholischen Kirche des Landes mangelnden Willen zur Aufarbeitung ihres Umgangs mit Indigenen vor. Dabei geht es um Missbrauch in den Umerziehungsheimen.

Mahnwache nach Massengrab-Fund bei Schule in Kanada / © Mark Taylor/The Canadian Press/AP (dpa)
Mahnwache nach Massengrab-Fund bei Schule in Kanada / © Mark Taylor/The Canadian Press/AP ( dpa )

Die Wahrheit über die vielfach von der Kirche betriebenen Umerziehungsheime für indigene Mädchen und Jungen sei immer noch nicht vollständig enthüllt, sagte Turpel-Lafond am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Vancouver.

Dies liege unter anderem daran, dass die Kooperationsbereitschaft mancher katholischer Einrichtungen immer noch große Defizite aufweise, was die Untersuchungen von Missbrauch und Misshandlungen von Schülern anbelange.

Langwierige Rechtsstreitigkeiten

"Überlebende der Schulen wurden aggressiv befragt, ignoriert und waren gezwungen sich auf langwierige Rechtsstreitigkeiten mit den kirchlichen Trägern einzulasse"», erläuterte die Leiterin des Dialogzentrums für die Geschichte der sogenannten Residential Schools an der University of British Columbia in Vancouver.

Es gebe einige führende Kirchenvertreter wie den Erzbischof von Vancouver John Michael Miller, die versuchten, die Beziehungen zu den Indigenen zu verbessern, räumte Turpel-Lafond ein. Aber es dränge sich der Eindruck auf, dass es sich oft um Bischöfe handle, die kurz vor der Emeritierung stünden und durch solche ersetzt würden, "die die Tradition fortführen, laues Bedauern auszudrücken, ohne sich mit aller Kraft für die Wahrheit einzusetzen".

215 Kinderleichen entdeckt

Kanada wird derzeit durch den Fund zweier Massengräber in ehemaligen katholischen Umerziehungsheimen erschüttert. Ende Mai waren auf dem Gelände eines früheren katholischen Internats nahe der Kleinstadt Kamloops in Westkanada die Überreste von 215 Kinderleichen entdeckt worden.

In Einrichtungen wie diesen waren Söhne und Töchter aus indigenen Familien zumeist zwangsweise untergebracht, um sie im Auftrag des kanadischen Staates an die "christliche Zivilisation" heranzuführen.

In der vergangenen Woche hatten Vertreter der ethnischen Gruppe der Cowessess mitgeteilt, dass Ermittler auf dem Grundstück der früheren katholischen Marieval Indian Residential School in der zentralkanadischen Provinz Saskatchewan die Überreste von Verstorbenen in 751 nicht markierten Gräbern gefunden hätten.


Schuhe sollen an die mehr als 200 Kindern erinnern, die in einer Internatsschule in Kamloops, Kanada, zu Tode kamen / © Jason Franson (dpa)
Schuhe sollen an die mehr als 200 Kindern erinnern, die in einer Internatsschule in Kamloops, Kanada, zu Tode kamen / © Jason Franson ( dpa )
Quelle:
KNA