Indigene in Lateinamerika

Auf der Suche nach Lebensraum

Seit Jahrhunderten leben die Indigenen in der Amazonasregion in ihrer ganz eigenen Kultur. Doch die ist bedroht: Denn der Lebensraum der Indigenen wird durch Rohstoffabbau und den Klimawandel kleiner.

Amazonas-Indigenas leben unter anderem in Sarayaku. / © Georg Ismar (dpa)
Amazonas-Indigenas leben unter anderem in Sarayaku. / © Georg Ismar ( dpa )

Seit fast 30 Jahren lebt Birgit Weiler mit zwei indigenen Völkern in Peru – und bekommt dabei die Herausforderungen der Menschen mit: "Die erfahren, dass der peruanische Staat eine große Landfläche internationalen und nationalen Unternehmen in Konzession gegeben hat. Der größte Teil dieser Fläche überlappt sich mit ihrem Lebensgebiet, wo sie sie seit hunderten von Jahren Leben, wo ihre Kultur entstanden ist und wo sie ihre eigene Sprache entwickelt haben." In einem Fall hat der Staat das Gebiet zwei Erdölunternehmen gegeben, in einem anderen soll dort Gold abgebaut werden. Rechtlich ist das möglich, denn laut peruanischem Gesetz ist alles über der Erde im Besitz desjenigen, der die Besitzrechte daran erworben hat – alles unter der Erde gehört dem Staat.

Wenn auf einem Gebiet dann beispielsweise Probebohrungen für die Ölförderung beginnen, hat das große Auswirkungen auf die Umwelt – und die Menschen: Denn in diese abgelegenen Dörfer gibt es keine Straßen, deshalb wird das schwere Gerät mit Industriehubschraubern in den Regenwald gebracht. "Das hat dazu geführt, dass viele Tiere, die den Menschen dort zum Lebensunterhalt dienen, gar nicht mehr in dem Teil des Regenwalds zu finden sind", sagt Birgit Weiler.  

Was die Indigenen von solchen Großprojekten halten, spielt oft keine Rolle – denn: "Die Indigenen stehen immer noch am Rande der Gesellschaft. Obwohl durch ihre eigenen Organisationen und die Unterstützung der Kirche schon einiges geschehen ist, dass also darauf aufmerksam gemacht worden ist", sagt Birgit Weiler. So hat der peruanische Staat die sogenannte UNO-Konvention 169 unterzeichnet. Die schreibt vor, dass die Indigenen vor Projekten auf ihrem Land gefragt werden müssen – aber das passiert nicht immer. Die beiden Völker, bei denen Birgit Weiler lebt, wurden nicht gefragt – und haben deshalb nun gegen den Staat geklagt.

Viele verlassen ihre Heimat

Doch viele Indigene verlassen wegen solcher Großprojekte ihre Heimat und ziehen in die Städte. "Für viele Indigene ist es schwierig, in den Städten eine menschenwürdige Existenz aufzubauen. Viele müssen irgendwelche Jobs mit Billiglöhnen annehmen und werden häufig ausgebeutet", sagt Birgit Weiler. Nur wenigen gelingt es, einen höheren Bildungsabschluss zu erreichen. Das liegt auch daran, dass der Staat nicht so viel in die Ausbildung der indigenen Lehrer investiert, dadurch haben die Schüler in den Städten ihnen etwas voraus. Durch diese Ausweglosigkeit geben sich viele Indigene auf, Drogen und Alkohol sind ein großes Problem.

Für Birgit Weiler liegt die Lösung des Problems in der Bildung: "Den Menschen müssen schon in der Schule Kenntnisse und Wertschätzung der eigenen Kultur vermittelt werden. Sie müssen dabei begleitet werden, auch Elemente aus den städtischen Kontexten einzubetten." Außerdem engagiert sie sich dafür, den Indigenen auch berufliche Fertigkeiten zu vermitteln, die in ihnen in ihrem Lebensumfeld eine Perspektive bieten. Sie sagt, dass den Indigenen nahegebracht werden muss, sich nicht nur anzupassen, sondern ihre Kultur zu erhalten – denn die hat auch der heutigen Zeit etwas zu sagen: Für die Indigenen ist die Erde nicht Wirtschaftsgut, sondern Lebensraum.