Stand der Dinge beim Zukunftsprozess im Erzbistum Paderborn

Nicht klagen, sondern handeln

Weniger Christen, weniger Katholiken, weniger Kirchensteuern: Schon 2030 wird das Realität sein. Wie viele andere Bistümer auch ist das Erzbistum Paderborn unterwegs, um sich den Herausforderungen der Zukunft zu stellen.

Paderborner Dom / © Erika Rebmann (KNA)
Paderborner Dom / © Erika Rebmann ( KNA )

DOMRADIO.DE: Neun Jahre sind es onch bis 2030. Warum muss sich bis dahin in der Kirche einiges geändert haben?

Monsignore Michael Bredeck (Leiter der Zentralabteilung Entwicklung und Kmmunikation im Erzbistum Paderborn): Weil sich in dieser Zeit sehr vieles verändern wird und wir das heute schon absehen können - und weil wir uns auf die Situation 2030 und danach vorbereiten müssen.

DOMRADIO.DE: Das heißt weniger Christen, weniger Katholiken, weniger Kirchensteuereinnahmen - und auch weniger Priester. Wie wollen Sie das auffangen?

Bredeck: Wir versuchen jetzt erst mal, das Bewusstsein dafür zu schaffen. Wir haben im November letzten Jahres einen digitalen Diözesantag gehabt, wo wir diese Idee des Zielbildes präsentiert haben. Wir gehen davon aus, dass wir mit dem Stichwort "Wir werden eine Minderheit als Christen und Christinnen und damit auch als Kirche in unserer Gesellschaft" arbeiten müssen, arbeiten wollen und dass wir das nicht beklagen, sondern dass wir jetzt versuchen, die Möglichkeiten, die darin liegen, als Kirche in einer ganz säkularen Gesellschaft anzusetzen und sichtbar zu werden. Also diese Möglichkeit auch nutzen. Aber wir wollen versuchen, ehrlich zu sein, uns ehrlich zu machen, was diese Rahmenbedingungen angeht.

DOMRADIO.DE: Das klingt noch so ein bisschen theoretisch. Was heißt das denn praktisch?

Bredeck: Ja, es klingt theoretisch, das ist mir auch klar. Es ist aber auch ein Bildungsprozess des Bewusstseins, weil wir im Erzbistum Paderborn auch sehr unterschiedlich geprägte Gegenden haben. Es gibt noch auf den ersten Blick sehr katholisch geprägte Gebiete. Wenn man Paderborn hört, dann wird immer gesagt, dass ist das katholische Paderborn. Aber ich kann nur sagen: So ist es ja hier auch nicht mehr.

Das hat viel mit Bewusstseinsbildung zu tun und dann mit Übung. Also wie werden wir offen für Menschen, die nach Gott fragen, die Gott nicht kennen? Und wie gehen wir über unsere gewohnten Grenzen hinaus mit unseren pastoralen Angeboten, aber vor allem auch in unserer Art, Menschen anzusprechen? Das ist eigentlich eine Art von Umkehr, die uns da bevorsteht oder von Neuanfang. Und das müssen wir tatsächlich üben. Deswegen wird das von der Theorie in der Bewusstseinsbildung über sehr praktische Übungen gehen müssen.

DOMRADIO.DE: Struktur muss sich ändern. Das ist aber nicht alles. Was muss sich da auch an Mentalität, also an der Einstellung ändern? Sowohl bei den Laien als auch bei den hauptamtlichen Mitarbeitern der Kirche.

Bredeck: Ich glaube, dass es tatsächlich diese Bewusstseinsbildung ist. Ich sage es nochmal, weil das beinhaltet, dass die überlieferten Wege, Gemeinde zu sein, Glaubensweitergabe zu organisieren, dass diese Wege einfach nicht mehr tragen. Das heißt nicht, dass sie gar nicht mehr funktionieren, aber sie tragen immer weniger, weil die Voraussetzungen dafür zunehmend wegbrechen. Und ich glaube, das Wichtigste ist, dass wir das nicht nur verstehen, sondern versuchen, das einzuüben.

Und dazu gehört dann die Frage, was man mit einem großen Wort Evangelisierung meint. Also was bedeutet mir, was bedeutet uns eigentlich der Glaube an Jesus Christus? Wie können wir ihn auch attraktiv einladend vorleben, bezeugen für Menschen, die zufällig oder anlassbezogen mit der Kirche in Kontakt kommen, bei Beerdigungen, bei Hochzeiten, bei Taufen oder eben über die Sakramentenpastoral? Das Ganze ist natürlich in einer kirchlichen Großwetterlage wie der jetzigen sehr, sehr schwierig. Aber es gibt dazu, glaube ich, keine wirkliche Alternatve.

DOMRADIO.DE: Was kann denn Kirche dann noch anbieten bzw. was wird dann das Wichtigste sein?

Bredeck: Ich glaube, das Wichtigste wird sein, dass wir einerseits den Glauben feiern, also die Gottesdienste, die Liturgie, dass das in einer guten, schönen und ansprechenden Weise geschieht für die Menschen, die eine Beheimatung haben oder im Glauben gefestigt sind. Und dann wird es ein ganz großes Feld geben für sehr viele weitere Menschen, die auf dem Weg zum Glauben sind oder die sich neu im Glauben an Jesus Christus verorten wollen.

Es ist unsere Aufgabe, dass wir insgesamt viel offener werden für Menschen, die nicht ganz so viele Glaubensvoraussetzungen haben, aber nach dem Glauben fragen oder versuchen, den Glauben an Jesus in ihrem Leben wiederzufinden. Und das meine ich mit der pastoralen Umkehr. Dass wir unsere gesamten Angebote daraufhin überprüfen, inwieweit wir das schon gewährleisten. Der Glaube ist eine nicht mehr vorhandene Selbstverständlichkeit.

DOMRADIO.DE: Und den Glauben dann authentisch vorleben?

Bredeck: Authentisch vorleben, aber eben auch erst einmal erschließen und anbieten. Mehr Optionen des Glaubens sichtbar machen. Was unterscheidet ein Leben aus dem Glauben von einem Leben, das ohne Glaube auskommt? Diese Frage müssten wir eigentlich beantworten können.

Und es reicht dann nicht, auf unsere Gottesdienste zu verweisen. Das hat sehr viel mit Grundhaltung mir selbst gegenüber, mit Selbstreflexion zu tun. Und natürlich auch mit Beten und Bibellesen. Also das Stichwort Evangelisierung, scheint mir, ist das Große, gleichzeitig aber auch das Wichtigste, was wir jetzt in den nächsten Jahren wirklich erlernen müssen.


Msgr. Michael Bredeck (EPB)
Msgr. Michael Bredeck / ( EPB )
Quelle:
DR