Dabei sei auch die Politik gefragt. Der SPD-Abgeordnete warb erneut dafür, das Amt des Missbrauchsbeauftragten sowie der unabhängigen Aufarbeitungskommission gesetzlich zu verankern. Die bisherige Konstruktion sei "zu schwach", das Amt und die Kommission verfügten über zu wenige Rechte.
Zudem plädierte er für eine Berichtspflicht der vor sechs Jahren eingerichteten Aufarbeitungskommission. Über die Berichte solle dann der Bundestag regelmäßig debattieren, im Anschluss sollten sich die entsprechenden Ausschüsse damit befassen. "Was bisher geschehen ist, reicht nicht", so Castellucci.
Der Koalitionsvertrag der derzeitigen Regierung biete eine gute Grundlage für derartige Reformen, da der Kinderschutz dort einen großen Stellenwert habe. Er äußerte sich bei einer Tagung der Aufarbeitungskommission zum Umgang mit Akten.
Kritik an Gemeinsamer Erklärung
Weiter kritisierte Castellucci Teile der Gemeinsamen Erklärung, die die katholische Deutsche Bischofskonferenz mit dem früheren Missbrauchsbeauftragten Johannes-Wilhelm Rörig unterzeichnet hatte.
Es sei zwar richtig, die Betroffenen an der Aufarbeitung zu beteiligen, ihnen dürfe aber keine Verantwortung aufgebürdet werden, schon gar nicht, wenn sie in Gremien mit ihren Täterorganisationen zusammenarbeiteten. Castellucci bezeichnete diese Regelung als "strukturellen Fehler", der aufgelöst werden müsse.
Zudem müsse die Möglichkeit der Akteneinsicht verbessert werden, es dürfe keine weiteren Akten der "Brüder im Nebel" geben. Bei den Untersuchungen für ein Gutachten im Auftrag des Kölner Erzbistums fanden die Verantwortlichen auch einen persönlich geführten Ordner des früheren und inzwischen verstorbenen Kardinals Joachim Meisner, den dieser unter dem Titel "Brüder im Nebel" führte und in dem Missbrauchstäter genannt wurden.
Für regelmäßige Dunkfeldstudien
Die vor zwei Jahren unterzeichnete Gemeinsame Erklärung sieht unter anderem die Einrichtung von Betroffenenräten in den einzelnen katholischen Bistümern vor. Für viele Bistümer ist es derzeit schwierig, Betroffene für die Aufgabe zu gewinnen. Castellucci sprach sich zudem für regelmäßige Dunkfeldstudien als Basis für Untersuchungen aus. Diese müssten zudem evaluiert werden.
Er betonte, langfristiges Ziel müsse es sein, der Gesellschaft mit der Vergangenheit einen Frieden zu ermöglichen vor dem Hintergrund, dass "wir uns maximal angestrengt haben", auch um weitere Taten zu verhindern.
Die Aufarbeitungskommission soll Ausmaß und Folgen von Kindesmissbrauch in Deutschland untersuchen und führt dazu Anhörungen durch. Grundlage ihrer Einberufung war ein Beschluss des Bundestages.
Das Bundeskabinett verlängerte 2019 die Laufzeit der Kommission bis Ende 2023. Bislang haben sich nach eigenen Angaben rund 3.000 Betroffene bei der Kommission gemeldet. Seit langem werben die Mitglieder für eine Aufwertung des Gremiums.