Neues Zuhause für die drei Weltreligionen in Abu Dhabi

"Abraham ist unser gemeinsamer Vater"

Das Abrahamic Family House ist ein neuer religiöser Gebäude-Komplex in Abu Dhabi. Drei große würfelförmige Gebäude für drei Weltreligionen: Eine Synagoge, eine Moschee und eine Kirche bilden das Zentrum des gemeinsamen Vaters Abraham.

Abrahamic Family House in Abu Dhabi / © Kamran Jebreili (dpa)
Abrahamic Family House in Abu Dhabi / © Kamran Jebreili ( dpa )

DOMRADIO.DE: Die Idee für die interreligiösen Gebäude entstand nach einem Papstbesuch in Abu Dhabi vor vier Jahren. Warum war es den Religionsvertretern wichtig, ein interreligiöses Gebäude zu errichten?

Prof. Dr. Dr. Felix Körner / © C. Ender (SJ)
Prof. Dr. Dr. Felix Körner / © C. Ender ( SJ )

Prof. Dr. Dr. Felix Körner (Theologe und Islamwissenschaftler an der Humboldt-Universität Berlin): So was ist erst mal ein Symbol. Wir können zusammen was aufbauen und wir wollen auch zusammen weitergehen. Wir verstehen uns auch als eine Familie, die alle den gemeinsamen Vater Abraham hat. Der Grund ist eigentlich ein Zeichen, mit dem ein Impuls gesetzt wird. Das gelingt auch sehr schön mit dieser Architektur, bei der die verschiedenen Würfel doch nicht gleich, alle unterschiedlich ausgerichtet und alle unterschiedlich gestaltet sind, aber trotzdem besteht eine gemeinsame Plattform.

DOMRADIO.DE: Bei diesem Projekt ist die Rede von Nächstenliebe, Geschwisterlichkeit, und sogar von Weltfrieden. Welche Chancen rechnen Sie dem Abrahamic Family House zu?

Körner: Ein Problem bei diesen Projekten ist natürlich, dass das sehr von oben kommt, also von Führungspersönlichkeiten staatlicher und religiöser Seite. Deswegen würde ich sagen, das ist jetzt erst mal viel Wunsch und wenig Erfolg. Es ist darum auch besser, wenn das von den Graswurzeln ausgeht, das strahlt trotzdem etwas aus.

Ich bin mir sicher, dass daraus etwas sehr Erfreuliches entsteht, wenn wir gut mitgestalten. Es stehen eben nicht nur die symbolischen Häuser dort, sondern auch ein Zentrum für Tagungen und Weiterbildungen. Dadurch können wir einander besser versteht und gemeinsam diese Welt und unsere Zukunft gestalten.

Prof. Dr. Dr. Felix Körner (Theologe und Islamwissenschaftler an der Humboldt-Universität Berlin)

"Viele Muslime fühlen sich mit Papst Franziskus sehr verbunden."

DOMRADIO.DE: Wie steht es denn generell um die Beziehungen zwischen den christlichen Kirchen und dem Islam im Moment?

Körner: Bei der Katholischen Kirche ist es so, dass Papst Franziskus bei Muslimen sehr gut ankommt. Die vielen Gesten der Barmherzigkeit und der Geschwisterlichkeit, empfinden viele als sympathisch, manche Muslime sagen sogar, er repräsentiere nicht nur den Katholizismus oder das Christentum, sondern er stehe eigentlich für das Glauben an sich.

Also, die Muslime fühlen sich mit ihm sehr verbunden und außerdem ist der Päpstliche Rat für den interreligiösen Dialog sehr gut besetzt. Der Leiter ist Miguel Ayuso Guixot, ein Kardinal, der gleichzeitig Islamwissenschaftler ist und dadurch gibt es auch viel Kompetenz und Einfühlsamkeit.

Man ist aber auch vorsichtig und sagt nicht diese oder jene Person ist unser einziger Gesprächspartner und "der" Repräsentant des Islam. Da wird auf verschiedene Dialogprozesse gesetzt und die laufen gut. Im Moment kann man sagen, dass erfreuliche Beziehungen zwischen Islam und Katholischer Kirche bestehen.

Auf evangelischer Seite ist das international etwas schwieriger, da es hier nicht die eine Repräsentanz gibt, wie im Fall der katholischen Kirche. Dabei gibt es auch in der Evangelischen Kirche viel Kompetenz, wie in Deutschland beispielsweise, denn hier ist erfreulicher Weise zu beobachten, dass vieles vorangeht in Sachen Verständigung und gemeinsame Aktionen.

DOMRADIO.DE: Bei dem Abrahamic Family House war mein erster Gedanke, dass Sie in Berlin ja auch so was Ähnliches haben, das interreligiöse Projekt "House of One", wird es in Zukunft immer mehr solcher Bauprojekte für verschiedene Religionen geben?

Körner: Bestimmt und meiner Meinung nach sollte das "House of One" noch mehr Modell sein als das, was jetzt in Abu Dhabi eröffnet wurde. Warum? Weil das "House of One" wirklich von den Menschen kommt. Dort findet sich eine evangelische Gemeinde zusammen, die dieses Projekt auf dem Fundament einer alten Kirche gründen wollte. Aus diesem Grund ist es auch noch nicht fertig, weil noch archäologisch geforscht werden muss, was früher dort eigentlich war.

Auch dieses Projekt wächst und es finden sich Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner des Judentum und Islam, denn dort beteiligen sich die Gemeinden mehr. Auch die staatliche Repräsentanz wird auf so ein Projekt aufmerksam und ist interessiert daran.

Ähnliche Projekte für mehrere Religionen wird es sicher in verschiedenen Modellen weltweit immer mehr geben. Meistens ist das eine Inspiration, bei der auch erkannt wird, dass Unterschiede bestehen, wir uns aber trotzdem gegenseitig befragen können und gut gemeinsam handeln können. So lautet auch das Motto: Geschwisterlichkeit – Wir sind eine Familie.

Das Interview führte Tobias Fricke

Quelle:
DR