In Magdeburg stemmt sich die katholische Kirche gegen den Trend. "Prima, dass Ihr etwas aufbaut, wenn sonst nur was geschlossen wird", hörte Prämonstratenserpater Clemens Dölken immer wieder, wenn er für sein Herzensprojekt warb. Denn in Zeiten vieler Klosterschließungen wagte sein Orden den umgekehrten Weg. Nun kam er ans Ziel.
In den "Ökumenischen Höfen", einem Stadtquartier mit evangelischen und katholischen Einrichtungen, weihten die Prämonstratenser am Montag mit vielen Gästen aus Politik und Gesellschaft einen neuen Klosterbau ein. Zwischen der katholischen Kirche Sankt Petri und der evangelischen Wallonerkirche ist er das neue Zentrum des traditionsreichen Ordens in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt.
Ordensgründer Norbert von Xanten
In der Geschichte der Prämonstratenser ist Magdeburg von kaum zu überschätzender Bedeutung. Die bedeutende mittelalterliche Metropole war die letzte Wirkungsstätte des Ordensgründers, Norbert von Xanten, der von 1126 bis 1134 Magdeburger Erzbischof war. So fiel die Wahl fast zwangsläufig auf die Elbestadt, als die Abtei Duisburg-Hamborn nach dem Ende der DDR eine Niederlassung in den neuen Bundesländern gründen wollte.
In Magdeburg, wo der Orden bis dahin 350 Jahre nicht mehr präsent war, engagieren sie sich seit 1991 vor allem in der Gemeinde- und Hochschulseelsorge. Bislang lebten die derzeit vier Mönche in einem Pfarrhaus in Magdeburg-Cracau.
Bis sie nun in ihr neues Domizil einziehen konnten, war der Weg steiniger als erwartet. Außer den finanziellen Belastungen durch die Corona-Pandemie und den Ukraine-Krieg führte vor allem ein archäologischer Fund zu außergewöhnlichen Problemen. Bei den Ausschachtungsarbeiten an der Resten der Magdeburger Stadtmauer kam eine "romanische Stube" zutage, ein gut erhaltenes Gewölbe aus dem 12. Jahrhundert. Eine Sensation in einer Stadt, die 1631 und 1945 gleich zwei Mal weitgehend zerstört wurde, und nun vergleichsweise wenige historische Baudenkmale aufweist.
Die Entdeckung führte zu einem zweijährigen Baustopp: Erst wurde die "romanische Stube" archäologisch erforscht und dann fachgerecht saniert. Nun ist sie auch öffentlich und barrierefrei zugänglich. Dem Klosterbauprojekt brachte die Verzögerung durch das archäologische Juwel außer einer zusätzlichen touristischen Attraktion aber "fast kaum zu stemmende Mehrkosten", so Pater Dölken, der die Magdeburger Mönchsgemeinschaft als Prior leitet.
Die Baukosten stiegen nach seinen Angaben auf 5,6 Millionen Euro, mehr als doppelt so viel wie beim Baustart vor fünf Jahren veranschlagt. Davon seien 3,6 Millionen Euro bereits finanziert, für die verbleibende Summe wirbt der Orden noch Spenden ein.
Prominente Unterstützer wie Reiner Haseloff
Bei dem Projekt kann Dölken indes auf prominente Unterstützer wie Reiner Haseloff zählen. Bei der Einweihung betonte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident, mit den "Ökumenischen Höfen" und ihrem Kloster sei ein "neuer heiliger Bezirk" für Magdeburg entstanden. Dort solle es Angebote auch für solche Menschen geben, "die keinen direkten Bezug zum christlichen Glauben mehr haben", empfahl der CDU-Politiker den Kirchen. Denn die christlichen Traditionen gehörten zu den Wurzeln der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Für das Klosterprojekt hatte sich Haseloff nach eigenem Bekunden auch auf ungewöhnliche Weise engagiert. Wie er bei der Übergabe einer Reliquie des heiligen Norbert von Xanten an Pater Dölken verriet, nutzte er persönliche Kontakte zum Prager Kloster Strahov, in dem die sterblichen Überreste des Ordensgründers heute ruhen, damit dies möglich wurde.
Mit seiner Teilnahme an der Einweihung bewies der Generalabt der Prämonstratenser, Jos Wouters, welche Bedeutung auch er dem Magdeburger Projekt beimisst. Er ermutigte die Mönchsgemeinschaft, weiterhin in Kirche und Gesellschaft Präsenz zu zeigen. Als "eine alternative und inspirierende Oase christlichen Lebens" wünscht sich der katholische Ortsbischof Gerhard Feige das neue Kloster. Bereits jetzt seien die Magdeburger Prämonstratenser "ausdrucksstarke und liebenswürdige Zeugen" des christlichen Glaubens, lobte Feige.