Neuer Abt aus Königsmünster steht vor Herausforderungen

"Das macht auch vor Klostertüren nicht halt"

Cosmas Hoffmann ist neuer Abt der Abtei Königsmünster. Er will sich für die Einheit in Verschiedenheit stark machen. Außerdem erklärt er, wie er die Zukunft des Ordens sieht und warum ihm interreligiöser Dialog wichtig ist.

Abtei Königsmünster / © ON-Photography Germany (shutterstock)
Abtei Königsmünster / © ON-Photography Germany ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie haben die letzten Jahre in der Abtei Königsmünster schon nach und nach mehr Verantwortung übernommen. Erst als Subprior, dann als Prior. Das heißt, die Wahl zum Abt kam wahrscheinlich nicht ganz überraschend. Trotzdem, wie fühlen Sie sich jetzt damit?

Abt Cosmas Hoffmann OSB (Neuer Abt der Benediktinerabtei Königsmünster): Die Rolle ist eine andere als Subprior oder Prior. Die Verantwortung ist jetzt schon eine etwas letztendliche, ein bisschen kräftigere. Ich muss gucken, wie ich mit all dem zurechtkomme.

Zurzeit habe ich noch so ein bisschen das Gefühl, in der Nachwirkung eines Tsunamis der ersten 14 Tage zu sein, wo ganz viel an Mails, Post und so weiter eintraf. Es war mir auch wichtig, in diesen ersten Tagen überall vorbei zu gucken, zum Beispiel in unseren Betrieben oder in der Stadt.

Pater Cosmas Hoffmann OSB (BKM)
Pater Cosmas Hoffmann OSB / ( BKM )

DOMRADIO.DE: Sie befassen sich viel mit dem interreligiösen Dialog. Sie haben unter anderem in Jerusalem studiert und auch ganz jung einige Zeit in Indien verbracht. Welche Rolle spielen denn diese Impulse von außen für Ihr eigenes Leben als Benediktiner?

Abt Cosmas: Die andere Religionen sind für mich ein ganz wichtiger Ort der Begegnung, weil ich merke, dass diese Begegnung mit anderen Religionen den eigenen Glauben vertieft und weitet und auch noch mal vergewissert.

Ich denke, bevor ich nach Jerusalem gegangen bin, an einen Studienkollegen bei meinem Studium in Bonn, der Muslim geworden ist. Er kommt aus einer deutschen Familie, ursprünglich katholisch. Ihn hat es aber sehr fasziniert, dass der Alltag so vom Glauben geprägt ist.

Im Gespräch mit ihm habe ich einerseits ganz viel Gemeinsames erfahren. Zum Beispiel, dass ich möchte, dass mein Leben ganz vom Thema Glaube, von der Suche nach Gott geprägt ist. Andererseits gab es aber auch deutliche Unterschiede: Was bedeutet Jesus Christus für mich? Was bedeutet es für mich, dass Gott eben nicht nur barmherzig genannt wird, sondern sich barmherzig zeigt, indem er selber Mensch wird?

Oder die Begegnungen mit dem Buddhismus möchte ich nennen. Ich war später zum Austausch in japanischen Klöstern. Dort habe ich gemerkt, dass ein japanisches Zen-Kloster fast so wie zu Hause ist. Die Struktur von Tag und Raum ist ähnlich, aber die Grundausrichtung ist sehr unterschiedlich.

Da wurde mir klar, dass ich es in meiner Religion klasse finde, dass wir Gott als Person haben und dass nicht das a-personale so eine große Bedeutung hat. Die Begegnung mit anderen Religionen hilft also, das Eigene tiefer zu erkennen. Manche dunklen Seiten, die man noch gar nicht wahrgenommen hat, die verborgen waren, entdeckt man plötzlich. Und ich finde, das geistliche Leben wird dadurch sehr reich.

DOMRADIO.DE: Sie leiten jetzt eines der größten Benediktinerklöster Deutschlands. 50 Mönche leben in der Abtei. Es waren auch schon mal 80. Wenn man in andere Klöster guckt, dann sieht das vollkommen anders aus. Die müssen mit Mühe und Not ums Überleben kämpfen oder werden sogar geschlossen. Was läuft denn bei Ihnen anders?

Abt Cosmas: Aktuell sind wir 46 Mönche, das Durchschnittsalter ist 60 Jahre, von daher sind wir im klösterlichen Bereich noch relativ jung. Aber 60 ist nicht mehr das allerjüngste Alter. Ich denke, das liegt ganz stark daran, dass in der Mitte der 80er Jahre gerade die Jugendarbeit und die Idee von Taizé prägend waren, Kloster und Jugend zu verbinden. Da ein sehr offenes Kloster zu sein, hat sich im Großen und Ganzen fortgesetzt.

Wir merken auch Schwierigkeiten, gerade durch Corona, denn bei den Benediktinern ist es ja so, dass man ins Kloster eintritt, weil man da so gut mitleben kann. Man merkt: Das passt zu mir. Das war dann in der Zeit gar nicht möglich. Langsam geht es jetzt wieder los und ich hoffe auch, dass wir da wieder den Anschluss halten können, weil es wichtig ist.

Abt Cosmas Hoffmann

"Wir Mönche sind zwar von außen alle im schwarzen Habit. Aber unten drunter ist es schon ganz schön bunt."

DOMRADIO.DE: Welche Impulse wollen Sie für die Gemeinschaft in der nächsten Zeit setzen?

Abt Cosmas: Das Wichtigste ist jetzt eigentlich, dieses Wir, die Verbundenheit untereinander, diese Vielfalt zu stärken. Wir Mönche sind zwar von außen alle im schwarzen Habit. Aber unten drunter ist es schon ganz schön bunt. Genau diese Verschiedenheit, diese Diversität ist natürlich ein großer Reichtum.

Die Frage ist, wie wir das hinkriegen. Generell ist es auch in der Gesellschaft eine Herausforderung, Vielfalt mit Gemeinschaft zusammenzubringen. Das macht auch vor Klostertüren nicht halt. Ich glaube, wenn das wächst und vertieft werden kann und wenn wir gemeinsam einen Weg finden, das zusammenzubringen, dann kann das weiterhin ein guter Lebensort sein, der auch andere Menschen einlädt, hier anzudocken.

Abt Cosmas Hoffmann

"Unsere Grundbotschaft ist zeitlos und aktuell."

DOMRADIO.DE: Dabei übernehmen Sie ja jetzt diese Verantwortungsposition nicht unbedingt in einfachen Zeiten für die Kirche. Obwohl Sie das relativ junge Durchschnittsalter angesprochen haben, haben Sie ja im Moment keine Novizen. Und wenn wir uns die Entwicklung der Orden und auch die Entwicklung der Kirche generell anschauen, sieht das ja nicht gerade rosig aus für die Zukunft.

Abt Cosmas: Das stimmt. Aber ich denke, unsere Grundbotschaft ist zeitlos und aktuell. Benedikt bringt das am Beginn der Regel schön auf den Punkt: Wer ist der Mensch, der das Leben liebt und gute Tage zu sehen wünscht? Das, glaube ich, gilt immer noch, wenn man sich vom Evangelium her bewegen lässt.

Es heißt ja auch "Frohe Botschaft". Daran mach ich mich gerne fest, habe das auch in meinem Leben erfahren. Und wenn ich jetzt mal auf mein Leben zurückblicke, das jetzt ja nicht so unendlich lang ist, dann habe ich aber im Endeffekt gemerkt, dass es bei allen Tiefs immer auch wieder die Hochs gibt. Das ist eine Form, die sich auch in der in der Institution Kirche zeigt: Es hat in allen Zeiten auch Schwierigkeiten gegeben.

Ich denke auch und nehme wahr, dass es jetzt besondere Herausforderungen sind. Das merken wir auch bei den staatlichen und wirtschaftlichen Institutionen, dass wir in einer Transformationszeit leben, einer Übergangszeit, wo es  wichtig ist, in der Kunst der Unterscheidung der Geister, der "discretio", von der Benedikt auch spricht, zu schauen, was zu bewahren ist, was loszulassen ist und da lebendig zu bleiben. Da ist dann die Vielfalt eine Chance.

DOMRADIO.DE: Was nach Ihrer Wahl jetzt noch fehlt, ist die Benediktion, also sozusagen die Weihe. Obwohl es nicht unbedingt das Gleiche ist wie eine Bischofsweihe, die üblicherweise der Ortsbischof vornimmt. Sie sind örtlich im Erzbistum Paderborn angesiedelt, wo Erzbischof Becker vor kurzem emeritiert worden ist. Kann man da überhaupt schon etwas planen oder müssen sie erst mal abwarten, bis da eine Entscheidung im Bistum gefallen ist?

Abt Cosmas Hoffmann

"Gerade in den schwierigen Zeiten von Kirche ist es wichtig, dass wir nicht nebenher existieren."

Abt Cosmas: Da muss man jetzt kreativ sein und gute Lösungen finden, weil wir ja nicht wissen, wann der neue Bischof benannt ist. Wir sind jetzt gerade dabei zu überlegen. Ich bekomme von Resonanzen der Brüder oder auch von Menschen, die uns nahestehen, das Anliegen mit, dass wir gucken, dass wir das zum Ende dieses Jahres abgeschlossen haben, weil es ja immer so ein Endpunkt ist.

Das eine ist die Wahl, dann ist auch sofort die volle Funktionsfähigkeit da. Aber wenn vom Ortsbischof offiziell so ein Akt stattfindet, ist es ausdrücklich. Dann schließt auch diese Zeit des Neuanfangs und es geht richtig weiter.

DOMRADIO.DE: Könnte man das notfalls auch ohne den Ortsbischof machen?

Abt Cosmas: Es muss ein Bischof sein, aber der Ortsbischof oder der Verantwortliche für den Ort wäre schon gut, weil es immer eine gute Gelegenheit ist, dieses Zueinander und Miteinander von Diözese und Kloster deutlich zu machen. Da sehe ich auch eine wichtige Aufgabe von uns, das, was sich in den letzten Jahren entwickelt hat, fortzusetzen.

Gerade in den schwierigen Zeiten von Kirche ist es wichtig, dass wir nicht nebenher existieren, das können wir uns gar nicht mehr leisten, sondern jetzt erst recht miteinander aufzutreten und zu sagen: Wir vertreten eine Botschaft in verschiedener Weise. Da haben wir dann schon wieder die Vielfalt. Und das ist super.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Benediktinerorden

Die Benediktiner sind die älteste heute noch bestehende klösterliche Bewegung der katholischen Kirche im Westen. Der Orden geht zurück auf die Regel des heiligen Benedikt von Nursia (480-547). In seiner heutigen Form wurde er 1893 von Papst Leo XIII. (1878-1903) gebildet. Als benediktinisch im weiteren Sinne gelten alle Ordensgemeinschaften, die nach der Regel Benedikts leben, etwa Zisterzienser und Trappisten.

Ein Benediktiner geht durch einen Klosterflur / © Simon Koy (KNA)
Ein Benediktiner geht durch einen Klosterflur / © Simon Koy ( KNA )
Quelle:
DR