Neue Flutwelle in Pakistan löst Massenflucht aus

Keine Entwarnung in Sicht

Eine neue Hochwasserwelle im Süden Pakistans hat am Wochenende eine Massenflucht ausgelöst. Rund eine Millionen Menschen verließen nach Schätzungen der Vereinten Nationen in den vergangenen Tagen ihre Dörfer und Städte am Indus. Auch für die kommenden Tage ist keine Entwarnung in Sicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rief zu weiteren Spenden für die Flutopfer in Pakistan auf.

 (DR)

Mehr als 175.000 Menschen flohen am Samstag allein aus der Stadt Thatta in der Provinz Sindh, nachdem ein Schutzdamm in der Umgebung gebrochen war, wie pakistanische TV-Sender berichteten. Einwohner suchten Schutz in umliegenden Städten und Dörfern. Tausende Menschen flohen zur Grabstätte eines muslimischen Heiligen, die höher gelegen ist. Viele Menschen verbrachten die Nacht unter freiem Himmel. Thatta in der Provinz Sindh liegt etwa 100 Kilometer südöstlich von der Hafenstadt Karatschi.



Es besteht die Gefahr, dass die Verbindungsstraße zwischen Karatschi und dem Norden des Landes in den kommenden Tagen überflutet wird und so den Verkehr zwischen der Hafenstadt, dem Rest des Landes und Afghanistan abschneidet. In verschiedenen Flüchtlingscamps im Sindh starben mindestens 44 Menschen an den Folgen von ansteckenden Krankheiten.

Die Vereinten Nationen gingen davon aus, dass in den vergangenen Tagen allein in der Provinz Sindh eine Million Menschen vor den Wassermassen fliehen mussten. Der Indus soll in den nächsten zehn Tage mit hohem Wasserstand fließen. Etwa 20 Millionen Menschen sind von der Flut betroffen. Millionen Menschen sind durch die Naturkatastrophe obdachlos geworden und auf Hilfe angewiesen.



Die Hilfsorganisation Oxfam dringt darauf, mit dem langfristigen Wiederaufbau des Landes zu beginnen. In den zerstörten Gebieten im Norden des Landes sei das Hochwasser inzwischen weitgehend unter Kontrolle, während im Süden noch Millionen Menschen von weiteren Überschwemmungen bedroht seien, erklärte Oxfam in Berlin. Der Wiederaufbau dürfe jedoch "nicht auf die lange Bank geschoben werden, bis die Nothilfe abgeschlossen ist", warnte Oxfam-Geschäftsführer Paul Bendix.



Als Beispiele nannte Bendix den Wiederaufbau von Schulen, Krankenhäusern und der Infrastruktur. Bildungschancen und Gesundheitsfürsorge müssten rasch wieder gewährleistet werden. Laut Oxfam sind in Pakistan fünf Millionen Menschen obdachlos, nachdem ihre Häuser von den Wassermassen weggespült wurden.



Bundeskanzlerin Merkel rief in ihrer wöchentlichen Videobotschaft zu weiteren Spenden für die Flutopfer auf. Sie bitte "noch mehr Menschen, ihre Unterstützung für die Menschen in schrecklicher Not in Pakistan zu geben", sagte die Kanzlerin. Die Hilfe erreiche die Notleidenden garantiert, weil die deutschen Hilfsorganisationen die Hilfsgüter direkt zu den Menschen bringen.

Deutschland leiste 25 Millionen Euro an humanitärer Hilfe, "und über die Europäische Union helfen wir mit 70 Millionen Euro insgesamt", sagte Merkel. Sie unterstrich, dass die Hilfe auch deshalb wichtig sei, weil in den besonders stark überfluteten Regionen zum Teil Kräfte von Al-Kaida und den Taliban operierten. Damit diese Kräfte nicht durch die Katastrophe gestärkt würden, müsse die internationale Gemeinschaft deutlich machen, dass sie den Menschen in Pakistan helfen wolle.