Neue Ermittlungen gegen 1.600 Jahre altes Kloster in der Türkei

Mor Gabriel in Gefahr

Die türkische Staatsanwaltschaft geht dem Vorwurf nach, dass zum Bau eines der ältesten christlichen Klöster der Welt eine Moschee illegal abgerissen wurde. Wie die türkische Zeitung "Evrensel" am Donnerstag berichtete, lässt die Anklagebehörde in der südostanatolischen Provinz Mardin entsprechende Beschwerden gegen das syrisch-orthodoxe Kloster Mor Gabriel in Midyat von Fachleuten prüfen, um über eine Anklage zu entscheiden.

Brief an Erdogan: Präses Buß (epd)
Brief an Erdogan: Präses Buß / ( epd )

«Als dieses Kloster gegründet wurde, gab es den Islam noch gar nicht», zitierte die Zeitung den Vorsitzenden der Klostergemeinde, Kuryakos Ergün. «Hinter diesen Vorwürfen steckt etwas anderes. Die Bevölkerung soll gegen uns aufgehetzt werden.» Gegen das im Jahr 397 gegründete Kloster laufen bereits zwei Prozesse wegen illegaler Landnahme, die von den Ortsvorstehern der umliegenden kurdischen Dörfer angestrengt wurden. Sie behaupten, dass das Kloster auf ihrem Weideland stehe und mehr Land besitze als benötigt.

In einem Brief an den türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan protestierte die Evangelische Kirche von Westfalen in dieser Woche gegen die Prozesse und bewertete sie als «Versuch, die Schließung des Klosters und damit das Ende einer Kirchenexistenz herbeizuführen». Mor Gabriel sei «für viele Christen innerhalb und außerhalb der Türkei geistliches Zentrum und religiöse Heimat», schrieb Präses Alfred Buß. «Ihnen diese Heimat zu nehmen, wäre nicht nur eine Katastrophe für die syrisch-orthodoxe Kirche, sondern auch ein schwerer Verlust für die Kirche weltweit.»

Mor Gabriel ist das spirituelle Zentrum einer frühchristlichen Region namens Tur Abdin in Südostanatolien, aus der die meisten Christen in den vergangenen Jahrzehnten verdrängt wurden. Von Armut, Diskriminierung und dem PKK-Krieg aus ihrer Heimat vertrieben, leben heute rund 150.000 syrisch-orthodoxe Christen in Schweden, der Schweiz und Deutschland. Im Tur Abdin selbst verbleiben nur noch 2.000 bis 3.000 Angehörige dieser Minderheit.