Neue Enthüllungen über Pius XII. sorgen für Diskussion

Verwirrung um mögliche Israel-Reise des Papstes

Die geplante Seligsprechung von Papst Pius XII. sorgt erneut für internationale Verwirrung. Benedikt XVI. werde nicht nach Israel reisen, solange nicht das Foto des Pacelli-Papstes samt abträglichem Kommentar aus der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte "Jad Vaschem" entfernt sei, heißt es aus dem Vatikan. Derweil sorgte eine Darstellung Benedikt XVI. mit Hakenkreuz auf einer privaten, der der regierenden Kadima-Partei ähnelnden, Homepage für Aufregung.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Nachdem am Wochenende der Relator des Seligsprechungsverfahrens für Pius XII., Pater Peter Gumpel, mit entsprechenden Forderungen in der Presse zitiert worden war, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi am Sonntag umgehend, die Entfernung der Tafel sei nicht ausschlaggebend für eine Papstreise, auch wenn der Text neu bedacht werden müsse. Israels Vatikan-Botschafter Mordechai Lewy wandte sich in einem Zeitungs-Interview gegen eine direkte Verquickung von Papstbesuch und Foto in der «Hall of Shame».

Ursache der neuen Verwirrung ist letztlich eine neue Studie über Pius XII. und sein angebliches Schweigen. Darin behaupten die Historiker Mario J. Cereghino und Giuseppe Casarrubea anhand britischer Dokumente, der Pacelli-Papst habe sich in einem Diplomaten-Gespräch vom 18. Oktober 1943 gleichgültig über die zwei Tage zuvor begonnene Deportation von Juden aus Rom geäußert. Die Dokumente seien längst bekannt und widerlegt, sagte Gumpel der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. Das Treffen habe bereits zwei Tage vor der Stürmung des römischen Ghettos durch die SS stattgefunden.

Nicht diese Klarstellung sorgte freilich für die Schlagzeilen, sondern die Nebenbemerkung Gumpels, der Papst könne unmöglich Israel besuchen, solange die inkriminierte Tafel im Museum von Jad Vaschem hänge. Denn zu einem Besuch in Jerusalem gehöre obligatorisch der Gang zur Holocaust-Gedenkstätte. Für Katholiken wäre es jedoch schwer vermittelbar, wenn Benedikt XVI. ein Museum besuche, in dem sein Vorgänger zu Unrecht diffamiert werde, so Gumpel. Bereits vor eineinhalb Jahren hatte die Tafel für diplomatische Verstimmungen gesorgt. Der Vatikan-Botschafter in Israel, Erzbischof Antonio Franco, wollte ihretwegen die Teilnahme an der jährlichen Holocaust-Gedenkfeier absagen. Damals beließ man es beim Protest und der Bitte, die Inschrift zu überdenken.

Auch jetzt sollte die Tafel offenbar nicht das vatikanisch-israelische Verhältnis belasten. Daher reagierte Lombardi öffentlich auf die Pressemeldungen über die angeblichen Reise-Konditionen des Jesuiten Gumpel. Der Vatikan hält an seiner Wertschätzung für Pius XII. fest, möchte jedoch nicht das christlich-jüdische Verhältnis und die Beziehungen zu Israel unnötig belasten. Zweimal binnen drei Wochen hatte Benedikt XVI. zuletzt seinen Vorgänger verteidigt. Pius XII. habe als Mann des Friedens in schwieriger Zeit Verfolgten unabhängig von Rasse und Religion Hilfe geleistet und viele Juden gerettet, sagte Benedikt XVI. bei der Gedenkmesse zum 50. Todestag seines Vorgängers. Allerdings gab es bei dieser Messe keine Unterschrift unter das Seligsprechungs-Dekret und auch keinen Hinweis auf einen nahen Termin. Er hoffe auf einen guten Fortgang des Verfahrens für seinen Vorgänger, meinte Benedikt XVI. lediglich.

Benedikt XVI. nimmt Überpüfungen vor
Der Prozess ist derzeit zur weiteren Überprüfung ausgesetzt. Nach seinem Abschluss und dem einmütigem Plazet der Kongregation im Mai 2007 ging das Dekret an den Papst - der es jedoch nicht unterzeichnete. Damals hieß es, der Prozess sei korrekt geführt worden und habe die persönliche Heiligkeit des Dieners Gottes Eugenio Pacelli erwiesen. Jedoch müsse man auch die interreligiösen und diplomatischen Auswirkungen bedenken.

So nutzte Lombardi seine Erklärung über eine mögliche Papstreise ins Heilige Land auch für eine generelle Feststellung: Der Papst hat dem Dekret über den Tugendgrad Pius XII. bislang nicht zugestimmt, er nimmt vielmehr weitere Überprüfungen vor. Seine Unterschrift sei jedoch Voraussetzung für eine Fortsetzung des Verfahrens. Daher bringe es nichts, von irgendeiner Seite Druck auf den Papst auszuüben. Es bleibt offen, ob Pius XII. vom «deutschen» Papst zur Ehre der Altäre erhoben wird. spekuliert wird inzwischen aber auch, ob es vielleicht eine gemeinsame Seligsprechungsfeier für Pius XII.
und Johannes Paul II. (1978-2005) geben könnte.

Neuer Eklat um Papst Benedikt in Israel
Der Betreiber einer Homepage im Internet, die der regierenden Kadima-Partei täuschend ähnlich sieht, zeigte für mehrere Stunden ein Photo von Papst Benedikt XVI. im roten Gewand mit einem großen aufgemalten schwarzen Hakenkreuz auf der Brust. Im israelischen Rundfunk wurde auf dieses Bild aufmerksam gemacht mit dem Hinweis, dass es „einen neuen diplomatischen Eklat" zwischen Israel und dem Vatikan erzeugen könne. Es wurde hervorgehoben, dass es sich nicht um die offizielle Seite der Partei handle, sondern um eine Privatinitiative, von der sich die Kadima-Partei immer wieder ohne Erfolg „distanziert" habe. Der Betreiber jener Internetseite verwahrte sich in einem Rundfunkinterview gegen den Vorwurf, dass seine Provokation „Blödsinn" sei und eine unnütze Provokation. Er „erklärte", dass der „deutsche" Papst wohl eine entsprechende Weltanschauung habe, wenn es ihm so wichtig sei, den umstrittenen „schweigenden" Papst Pius XI selig sprechen zu lassen. Am Montagmorgen wurde das Bild nach stärker werdenden Protesten ausgetauscht.