Neuartige Krebstherapien machen Hoffnung

Tieferes Verständnis für die Krankheit

Vor kaum einer Krankheit fürchten sich Menschen so sehr wie vor Krebs, der als eine Geißel der Menschheit gilt. Doch die Medizin hat in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht, neuartige Therapien lassen hoffen.

Autor/in:
Angelika Prauß
Eine Frau hält eine rosa Schleife als Symbol für Solidarität mit an Brustkrebs erkrankten Menschen in den Händen / © ShutterOK (shutterstock)
Eine Frau hält eine rosa Schleife als Symbol für Solidarität mit an Brustkrebs erkrankten Menschen in den Händen / © ShutterOK ( shutterstock )

Die Zahlen sind erschreckend: Laut Deutscher Krebshilfe erkrankt etwa jeder zweite Deutsche einmal in seinem Leben an Krebs. Die Tumorerkrankung ist nach Herz-Kreislauf-Erkankungen hierzulande die zweithäufigste Todesursache. Rund 510.000 Neuerkrankungen werden im Jahr verzeichnet, Tendenz steigend.

Insgesamt leben nach Angaben der Deutschen Krebshilfe rund 4 Millionen Menschen mit einer Tumorerkrankung. Rechne man Familien und Freunde mit ein, sei "nahezu jeder Bundesbürger direkt oder indirekt von der Krankheit betroffen", sagt Gwydion Brennan, Pressereferent der Krebshilfe. Hauptgrund für den Anstieg der Neuerkrankungen sei die steigende Lebenserwartung. Der Grund: "Je älter der Mensch wird, desto unzuverlässiger arbeiten die Reparatursysteme der Zelle." Die gute Nachricht: Heutzutage sind laut Krebshilfe auch die Heilungschancen deutlich gestiegen.

Sogar Fortschritte im Kampf gegen Leukämie

Das beobachtet auch Annalen Bleckmann, Direktorin des Westdeutschen Tumorzentrums Essen und Münster. Die einst meist todbringende Erkrankung habe sich zu einer chronischen Verlaufsform weiterentwickelt, erklärt Bleckmann in ihrem Podcast. Überlebenszeit und Behandlungsoptionen hätten zugenommen, auch die Heilungschancen stünden deutlich besser als vor zehn Jahren. So liege die Fünfjahresüberlebensrate bei an Darmkrebs erkrankten Frauen bei 64 Prozent, bei Männern um die 62 Prozent. Deutliche Fortschritte gebe es auch im Kampf gegen Leukämie, erläutert Bleckmann.

Krebserkrankungen seien indes kein Phänomen der Neuzeit, sondern schon in der frühesten Menschheitsgeschichte dokumentiert. Denn bei den üblichen Zellteilungen im menschlichen Körper "können Dinge halt auch schiefgehen". Heute spielten bei rund 40 Prozent aller Tumorerkrankungen Lifestylefaktoren eine Rolle. Nicht nur die Krebshilfe rät zu einer gesunden Lebensweise, die die Wahrscheinlichkeit einer Tumorerkrankung reduzieren hilft: regelmäßige Bewegung, ausgewogene Ernährung, Normalgewicht, Verzicht auf Rauchen und Alkohol.

Weniger Krebsbehandlungen im Krankenhaus im ersten Corona-Jahr

Im ersten Corona-Jahr sind in Deutschland weniger Patientinnen und Patienten wegen einer Krebserkrankung im Krankenhaus behandelt worden. Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag zum Weltkrebstag (Freitag) mitteilte, wurden im Jahr 2020 etwa 1,45 Millionen an Krebs erkrankte Menschen im Krankenhaus versorgt, 6 Prozent weniger als im Jahr 2019 mit 1,54 Millionen Patienten. Außer den Krebsbehandlungen sei auch die Zahl der Krebsoperationen in Krankenhäusern um 5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen.

Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchung (dpa)
Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchung / ( dpa )

Immuntherapie "revolutioniert" die Behandlungen

Ein Problem: Krebs ist nicht sofort durch eindeutige Symptome erkennbar und wird laut Bleckmann deshalb oft erst später bemerkt. Frühe Warnsignale seien aber Phänomene wie Blässe, langanhaltende Schmerzen, Fieber ohne Infekt, Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme. Diese sollte man laut der Expertin ernst nehmen und permanente Beschwerden abklären lassen, "aber keineswegs in Panik verfallen". Je früher eine Krebsdiagnose gestellt werde, desto besser seien die Behandlungschancen: "Wir werden immer besser in der Erkennung von Tumoren."

Hoffnung macht aus Sicht der Medizinerin die Immuntherapie, die die Behandlung "revolutioniert" habe. Die Therapie unterstütze das körpereigene Immunsystem, statt sich auf die Tumorzellen zu konzentrieren. Dank moderner Forschung gebe es inzwischen auch ein sehr tiefes Verständnis vom Bauplan von Tumorzellen. Durch eine genaue Analyse könnten passgenaue Krebstherapien entwickelt werden - in Form von Tabletten oder speziellen Infusionstherapien.

Psychologische Begleitung spielt eine große Rolle

Diese könnten "ganz zielgerichtet die Krebszellen attackieren und nicht wie eine klassische Chemotherapie gießkannenartig im ganzen Körper wirken", verbunden mit oft starken Nebenwirkungen. Neben medizinischer Unterstützung sei aber auch das Umfeld der Patienten wichtig. Angehörige und Freunde seien ein "ganz elementarer Faktor", um gut durch die belastende Zeit zu kommen, erklärt Bleckmann.

Eine große Bedeutung spielt deshalb auch die unterstützende psychologische Begleitung. Ambra Marx, Ärztliche Leiterin der Psychoonkologie am Bonner Universitätsklinikum, begleitet Tumorpatienten durch die schwere Zeit. Dabei versucht sie, den Blick auf deren persönlichen Ressourcen und Stärken zu lenken, die jenseits der Krankheit vorhanden sind.

"Da sein und zuhören"

Ihre wichtigste therapeutische Aufgabe sieht Marx aber darin, "Räume für Gefühle" zu öffnen, denn diese gebe es im Alltagsleben oft nicht.

Die Angehörigen seien mitunter überfordert von der Situation und wüssten nicht, wie sie mit dem Kranken umgehen oder was sie sagen sollten. "Dabei muss man gar nichts sagen", findet Marx, "aber man kann da sein und zuhören". Das sei "schon total viel".

Quelle:
KNA