Nawalnys Leiche wohl für orthodoxes Begräbnis freigegeben

Intervention russischer Behörden nicht ausgeschlossen

Mehr als eine Woche lang haben Angehörige des in Haft gestorbenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny die Herausgabe des Leichnams gefordert - auch mit religiösen Argumenten. Der mediale Druck war offenbar erfolgreich.

Autor/in:
Alexander Pitz
Blumensträuße liegen vor einem Bild von Alexei Anatoljewitsch Nawalny, russischer Jurist, Antikorruptions-Aktivist und Oppositionspolitiker, am 20. Februar 2024 in Tirana.  / © Markus Schönherr (KNA)
Blumensträuße liegen vor einem Bild von Alexei Anatoljewitsch Nawalny, russischer Jurist, Antikorruptions-Aktivist und Oppositionspolitiker, am 20. Februar 2024 in Tirana. / © Markus Schönherr ( KNA )
Auf diesem Videostandbild, das vom Nawalny-Team via AP zur Verfügung gestellt wurde, ist Ljudmila Nawalnaja zu sehen, die Mutter des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny. / © Uncredited/Navalny Team (dpa)
Auf diesem Videostandbild, das vom Nawalny-Team via AP zur Verfügung gestellt wurde, ist Ljudmila Nawalnaja zu sehen, die Mutter des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny. / © Uncredited/Navalny Team ( dpa )

Der Leichnam von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny ist am Wochenende an dessen Mutter übergeben worden. Das bestätige eine Sprecherin aus dem Umfeld des Dissidenten. Die Bestattung sei noch nicht erfolgt, schrieb Kira Jarmysch auf der Online-Plattform X. Es sei unklar, ob sie tatsächlich so stattfinden könne, wie die Angehörigen es wünschten. Eine Intervention der russischen Behörden sei nicht ausgeschlossen, hieß es.

Witwe forderte Freigabe des Leichnams

In den vergangenen Tagen hatten Angehörige und Unterstützer des in sibirischer Haft gestorbenen Aktivisten öffentlichkeitswirksam die Freigabe der sterblichen Überreste gefordert. Am Samstagmorgen meldete sich Nawalnys Witwe mit einer emotionalen Videobotschaft zu Wort. Darin wandte sich Julia Nawalnaja direkt an den russischen Präsidenten Wladimir Putin: "Geben Sie uns den Leichnam meines Mannes." Dieser habe ein menschliches Begräbnis verdient, nach christlich-orthodoxer Sitte.

Vorwurf: Putin sei "kein echter Christ"

Die 47-Jährige warf Putin, der sich in der Öffentlichkeit gerne als praktizierender Christ zeigt, Heuchelei vor: "Kein echter Christ könnte das tun, was Putin mit Alexej macht." Selbst nach seinem Tod werde der Körper als Geisel gehalten. Das sei nicht einmal Hass - "es ist Satanismus". Die öffentlichen Glaubensbezeugungen des Staatschefs bezeichnete Nawalnaja als "Fake". Wahrer Glaube beschränke sich nicht auf das Küssen von Ikonen. "Es geht um Barmherzigkeit, um Erlösung", betonte sie. Wenige Stunden später kam die Nachricht, dass der Leichnam übergeben worden sei.

Westliche Unterstützung

Unterdessen würdigte die G7-Gruppe der führenden Industrieländer, darunter auch Deutschland, Nawalnys "außergewöhnlichen Mut". "Er hat sein Leben geopfert im Kampf gegen die Korruption des Kremls und für freie und faire Wahlen in Russland", hieß es in einer am Wochenende veröffentlichten Erklärung. Die G7-Staaten kündigten an: "Wir werden diejenigen zur Verantwortung ziehen, die für Nawalnys Tod verantwortlich sind."

Der prominente Widersacher Putins starb am 16. Februar in einem Straflager am Polarkreis. Die genauen Umstände sind Gegenstand zahlreicher Spekulationen. Im Totenschein soll dem Vernehmen nach eine "natürliche" Ursache angegeben sein. Einige Mitstreiter Nawalnys gehen indes von einer gezielten Tötung aus. Der Aktivist mit guten Kontakten zu westlichen Regierungskreisen saß seit 2021 in Haft, dabei viele Tage in Isolationshaft. Mehrere Gerichte in Russland hatten in fragwürdigen Prozessen langjährige Freiheitsstrafen gegen ihn verhängt - unter anderem wegen Extremismus. Insgesamt sollte er mehrere Jahrzehnte hinter Gittern verbringen.

Quelle:
KNA