Nachruf des Erzbistums Köln auf Joseph Kardinal Ratzinger

"Benedetto" war dem Erzbistum Köln tief verbunden

Das Erzbistum Köln trauert um den verstorbenen emerierten Papst Benedikt XVI. Dieser zeigte sich Zeit seines Lebens eng mit der Erzdiözese verbunden. Auch gleich seine erste offi­zielle Reise außer­halb Italiens führte ihn nach Köln.

Vigil mit Papst Benedikt XVI. auf dem Marienfeld am 20. August 2005 / © Wolfgang Radtke (KNA)
Vigil mit Papst Benedikt XVI. auf dem Marienfeld am 20. August 2005 / © Wolfgang Radtke ( KNA )

Der Kölner Erz­bischof Rainer Maria Kardinal Woelki drückt zum Tod des emeri­tierten Papstes Benedikt XVI. seine tief em­pfundene Trauer aus: "Auch wenn uns der christ­liche Glaube Hoff­nung zu­spricht, dass wir im Tod die voll­kommene Freude in der Gemein­schaft mit Gott er­fahren dürfen, schmerzt mich der Ab­schied von diesem großen Menschen, Theo­logen, Bischof und Papst zutiefst."

Der ver­storbene Papst Emeritus zeigte sich Zeit seines Lebens mit dem Erz­bistum Köln verbunden.

Papst Benedikt XVI. bei seiner Ankunft zum Weltjugendtag in Köln am 18. August 2005 / © Wolfgang Radtke (KNA)
Papst Benedikt XVI. bei seiner Ankunft zum Weltjugendtag in Köln am 18. August 2005 / © Wolfgang Radtke ( KNA )

Gleich seine erste offi­zielle Reise außer­halb Italiens führte Papst Benedikt XVI. nach Köln, knapp vier Monate nach seiner Amts­ein­führung am 24. April 2005. Noch von Johannes Paul II. ge­plant, kam statt des pol­nischen ein deut­scher Papst zum Welt­jugend­tag. Dort flogen dem bereits 78-jährigen Mann die Her­zen der Jugend­lichen aus aller Welt zu. "Benedetto" war der Ruf, der die Auf­tritte des Papstes bei dem inter­nationalen Groß­ereignis beglei­tete.

Bei seiner An­kunft in Köln ver­wies Benedikt XVI. auf das Vor­bild der Hei­ligen Drei Könige und ihre Pilger­schaft auf der Suche nach Wahr­heit, Ge­rechtig­keit und Liebe, ein Weg, "dessen end­gülti­ges Ziel nur durch die Be­gegnung mit Chris­tus zu fin­den ist, eine Be­gegnung, die sich ohne den Glau­ben nicht ver­wirk­lichen kann." In seiner Pre­digt zum Ab­schluss des Welt­jugend­tages gab er den auf dem Marien­feld ver­sammel­ten 1,1 Millionen Jugend­lichen die Worte mit: "Wer Chris­tus ent­deckt hat, muss andere zu ihm führen. Eine große Freu­de kann man nicht für sich selbst be­halten. Man muss sie weiter­geben… – Helft den Men­schen, den wirk­lichen Stern zu ent­decken, der uns den Weg zeigt: Jesus Chris­tus. Ver­suchen wir selber, ihn immer besser kennen­zulernen, damit wir über­zeugend auch an­dere zu ihm führen können."

Als Dog­matik­professor in Bonn ent­deckt er die Liebe zum Rhein

Auch seine Lebens­geschich­te ver­bindet Papst Benedikt auf bemer­kens­werte Weise mit dem Erz­bistum Köln und seinen Erz­bischöfen. Nach Priester­weihe und Promo­tion führte ihn seine Lehr­tätig­keit als Professor für Dog­matik von 1959 bis 1963 an die Uni­versi­tät Bonn. Nach seiner Habili­tation folgte Joseph Ratzinger 1959 dem Ruf der Fakul­tät auf den Lehr­stuhl für Fun­damental­theo­logie. Später sagte er über diese Zeit: "Ich liebte das Rhein­land, ich liebte meine Stu­denten und meine Ar­beit an der Uni­versität Bonn."

Die Brüder Georg (l.) und Joseph Ratzinger (r.) mit ihrem gemeinsamen Freund Rupert Berger  (KNA)
Die Brüder Georg (l.) und Joseph Ratzinger (r.) mit ihrem gemeinsamen Freund Rupert Berger / ( KNA )

Auch bei den Stu­denten war der Pro­fessor sehr be­liebt: Kein Hör­saal war groß genug, da auch Stu­dierende an­derer Fakul­täten seine Vor­lesun­gen hören wollten. Nach seinem Wechsel 1963 nach Müns­ter schrieb Ratzinger 1998 in seinen Lebens­erinne­rungen: "Aber ich muss ge­stehen, dass mir das Heim­weh nach Bonn, nach der Stadt am Strom, ihrer Heiter­keit und ihrer geis­tigen Dynamik ge­blieben ist." Er ver­misste den Rhein: "Nachts hörte ich die Schiffe auf dem Rhein, der am Alber­tinum vorbei­fließt. Der große Strom mit seiner inter­natio­nalen Schiff­fahrt gab mir ein Gefühl der Offen­heit und Weite, einer Be­rührung der Kul­turen und der Nationen, die seit Jahr­hunder­ten hier auf­einander­trafen und sich be­fruch­teten."

Freund­schaft mit den Kölner Erz­bischöfen

Über die Stadt Köln sagte Benedikt XVI.: "Hier spürt man die große Ge­schichte, und der Strom gibt Welt­offen­heit. Es ist ein Ort der Begeg­nung der Kul­turen. Ich habe immer den Witz, den Humor, die Fröh­lich­keit und die Intelli­genz der Köl­ner geliebt. Aber eben­so muss ich sagen, die Katholi­zität, die den Kölnern tief im Blut steckt, denn hier gibt es seit ungefähr zwei­tausend Jahren Chris­ten, und so hat sich das Katho­lische tief in den Cha­rak­ter der Kölner ein­getra­gen im Sinne einer fröh­lichen Gläubig­keit."

Kardinal Frings und Papst Paul VI. 1963 (KNA)
Kardinal Frings und Papst Paul VI. 1963 / ( KNA )

Von 1962 bis 1965 nahm Professor Joseph Ratzinger als theo­logischer Berater von Josef Kardinal Frings am Zwei­ten Vati­kanischen Kon­zil teil. Auch mit Joseph Kardinal Höffner und Joachim Kardinal Meisner ver­band ihn eine lang­jährige und tiefe Freund­schaft. Am 18. Februar 2012 kre­ierte er Rainer Maria Woelki, damals Erz­bischof von Berlin, zum Kar­dinal und be­glei­tete seine Amts­zeit sowohl in Ber­lin wie in Köln väter­lich. In seiner An­sprache zur Kardinals­ernennung des Erz­bischofs ermutigte er die neuen Kar­dinäle zu treuem Fest­halten an ihrer Auf­gabe für die Welt­kirche: "Eure Sen­dung in der Kirche und in der Welt er­fülle sich immer und einzig ‘in Christus‘; möge sie seiner Lo­gik und nicht der der Welt ent­sprechen, er­leuch­tet sein vom Glau­ben und be­seelt von der Liebe, die vom ruhm­reichen Kreuz des Herrn her zu uns kommt."

"Gott ist die Liebe" – der rote Faden seines Ponti­fikats

"Jeder ist ge­wollt, jeder ist ge­liebt, jeder ist ge­braucht." Diese Worte Joseph Ratzingers zu seiner Amts­ein­führung als Papst Benedikt XVI. zie­hen sich wie ein roter Fa­den durch das Ponti­fikat des bayerischen Paps­tes. "Deus caritas est": Gott ist die Liebe und sehnt sich danach, jeden ein­zel­nen Men­schen mit seiner Liebe zu um­fangen und zu be­gleiten. Alle Men­schen zu Chris­tus führen und zu dem Glück, sich als Gottes gelieb­tes Kind zu wissen, das war das Herzens­anliegen Benedikts XVI. Wie in seiner Sorge für die Welt­kirche war seine Amts­zeit auch geprägt von inten­sivem Dialog mit Nicht-Christen, Mus­limen, anderen christ­lichen Kon­fessionen und be­sonders den Juden: So be­suchte er während des Welt­jugend­tags 2005 in Köln am 19. Au­gust auch die Köl­ner Syna­goge. Paul Spiegel, der dama­lige Vor­sitzende des Zentral­rats der Juden in Deutsch­land, nannte den Besuch ein "his­torisches Er­eignis, an das sich noch spä­tere Gene­rationen er­innern werden".

Benedikt XVI. besucht Synagoge (2005 in Köln) (Erzbistum Köln)

Mit einem Trauer­gebet ge­dachte Benedikt XVI. der über 11.000 Opfer des Holo­caust unter den Köl­ner Juden. Dem An­deren in Respekt begeg­nen, das Gute in ihm und seinem Glau­ben aner­kennen und wür­digen, eine ge­meinsame Basis zu fin­den, um sich ge­meinsam für die Würde aller Men­schen einzu­setzen, hier führte er die Be­mühungen seines Vor­gängers, Papst Johannes Pauls II. weiter.

Der Rück­tritt als Papst war ein his­torischer Schritt

Als Papst Benedikt am 11. Februar 2013 uner­wartet von seinem Amt zurück­tritt, steht die katho­lische Welt still. Er selbst er­klärt sei­nen Schritt unter Hin­weis auf seine schwin­denden Kräfte, welche ihm nicht mehr die Möglich­keit gäben, seinen Dienst so zu er­füllen, wie es sein Amt for­dere.

Archivbild: Rücktritt von Papst Benedikt XVI. - während eines Konsistoriums am 11. Februar 2013 / © Osservatore Romano (KNA)
Archivbild: Rücktritt von Papst Benedikt XVI. - während eines Konsistoriums am 11. Februar 2013 / © Osservatore Romano ( KNA )

In den fol­genden fast zehn Jah­ren lebte Benedikt XVI. in rela­tiver Ab­geschieden­heit. Zu unter­schied­lichen Gelegen­heiten blickte die Welt dennoch immer wieder auf den emeri­tierten Papst. Ge­meinsame herz­liche Bilder und Begeg­nungen mit seinem Nach­folger Papst Fran­ziskus zeig­ten über die Jahre deren Ver­bunden­heit. Zu­letzt rief Fran­ziskus zu Gebe­ten für den Er­krank­ten auf. Regel­mäßig empfing Benedikt auch weiter­hin Be­sucher aus aller Welt. Mit­unter mel­dete er sich zudem mit viel­beachteten Briefen zu Wort.

Benedikt ent­schuldigt sich bei Be­troffenen von sexuali­sierter Gewalt

Mit der Ver­öffent­lichung des Miss­brauchs­gut­achtens des Erz­bistums Mün­chen und Frei­sing rückte der emeri­tierte Papst zu­letzt in 2022 wieder massiv in die Öffent­lich­keit. Es wurden Vor­würfe er­hoben, dass Benedikt in sei­ner Zeit als Erz­bischof von München und Freising nicht aus­reichend gegen sexuellen Miss­brauch in seiner Diözese vor­gegan­gen sei. Viel­beach­tet wurde in diesem Zu­sammenhang sei­ne lange Stellung­nahme vom 8. Februar 2022 in der er sei­nen "Schmerz über die Ver­gehen und Fehler" aus­drückte, gleich­zeitig aber auch Vor­würfe zurück­wies.

Mit Blick auf die Be­troffenen von sexuali­sierter Gewalt schrieb er: "[ich kann] nur noch ein­mal meine tiefe Scham, meinen großen Schmerz und meine auf­richtige Bitte um Ent­schuldi­gung gegen­über allen Opfern se­xuellen Miss­brauchs zum Aus­druck brin­gen." In der Be­wertung seines Wir­kens ver­traute er voll­ends auf Gott: "Ich werde ja nun bald vor dem end­gülti­gen Richter mei­nes Lebens ste­hen. Auch wenn ich beim Rück­blick auf mein lan­ges Leben Grund zum Er­schrecken und zur Angst habe, so bin ich doch fro­hen Mutes, weil ich fest darauf ver­traue, dass der Herr nicht nur der ge­rechte Richter ist, sondern zu­gleich der Freund und Bruder, der mein Unge­nügen schon selbst durch­litten hat und so als Richter zu­gleich mein Anwalt (Paraklet) ist."

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