Nach Chodorkowski-Freilassung: Rufe nach Reformen in Russland

"Willkürjustiz in Russland bleibt"

Chodorkowski ist frei. Nun fordern Außenpolitiker von CDU und SPD den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu Reformen und mehr Rechtsstaatlichkeit auf.

Michail Chodorkowski (dpa)
Michail Chodorkowski / ( dpa )

Nach der Freilassung des Kreml-Kritikers Michail Chodorkowski fordern Außenpolitiker von CDU und SPD den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu grundlegenden Reformen und mehr Rechtsstaatlichkeit auf. "Eine Reform der Justiz ist Herr Putin seinem Land weiterhin schuldig», sagte der stellvertretende SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich der "Welt am Sonntag". "Bei aller Freude über die Amnestie: Viele Menschen sind in Russland inhaftiert, nur weil sie sich für Umweltschutz oder Menschenrechte einsetzen, oder weil sie korrupte Beamte kritisieren."

Stille Diplomatie war erfolgreich

Chodorkowski war nach zehn Jahren Haft am Freitag aus einem russischen Straflager freigelassen worden und anschließend nach Berlin gereist. Mützenich würdigte die Bemühungen des früheren Außenministers Hans-Dietrich Genscher (FDP), der alten Bundesregierung und des Auswärtigen Amtes um die Freilassung Chodorkowskis. Die Freilassung des früheren Öl-Milliardärs zeige: "Die stille Diplomatie ist am Ende die erfolgreichere Diplomatie", erklärte der für Außenpolitik zuständige SPD-Fraktionsvize.

Dennoch müsse man weiter Rechtssicherheit in Russland einfordern, sagte Mützenich: "Den Rechtstaat gibt es in Russland nur auf dem Papier. Viele nicht prominente Regimegegner und Menschen, die Missstände kritisiert haben, müssen skandalöse Prozesse über sich ergehen lassen und mit Straflagern rechnen."

Rechtsstaat nicht nähergerückt

Auch der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz rief Putin zu grundlegenden Reformen auf. "Bei aller Freude über die Freilassung Chodorkowskis ist damit der Rechtsstaat in Russland nicht näher gerückt", sagte Polenz der "Welt am Sonntag": "Die Willkür-Justiz in Russland bleibt bestehen. Dieses grundsätzliche Problem muss Präsident Putin lösen." Nur so könnten die Menschen unter verlässlichen Bedingungen leben, arbeiten und investieren.

Putin hat nach Auffassung von Polenz "nüchtern kalkuliert, und entschieden, dass ihm eine Freilassung Chodorkowskis mehr nützt als schadet". Der CDU-Politiker fügte hinzu: "Dieses 'Daumen hoch, Daumen runter' eines einzelnen Mannes erinnert an das alte Rom oder an mittelalterliche Sitten." Die Kritiker der fehlenden Rechtsstaatlichkeit in Russland sollten sich von der Amnestie nicht besänftigen lassen. "Wer will, dass es Russland gut geht, muss Rechtsstaatlichkeit einfordern.»


Quelle:
epd