Muslimische Verbände gehen mit gemischten Gefühlen in die neue Runde der Islamkonferenz

Dialog mit Kommunikationsproblemen

Die Deutsche Islamkonferenz wurde gegründet, um den Austausch zwischen Staat und Muslimen zu verbessern. Doch das "Dialogforum" steckt nun selbst in Kommunikationsproblemen. Der neue Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat die beteiligten Verbände mit seinen Äußerungen zum Islam verunsichert bis verschreckt. Die einen fordern nun klärende Worte vom Minister, die anderen mahnen zur Ruhe. Wieder andere sind schon vor einiger Zeit frustriert aus der Runde ausgestiegen.

 (DR)

Friedrich ist erst seit Anfang März im Amt. Direkt nach seinem Einstand äußerte der CSU-Politiker Zweifel an der Haltung von Bundespräsident Christian Wulff, wonach der Islam inzwischen zu Deutschland gehöre. Historisch lasse sich das nicht belegen, sagte Friedrich - und sorgte damit für Unmut unter den Muslimen im Land. "Sehr unglücklich" sei der Start des neuen Ressortchefs gewesen, heißt es bei muslimischen Verbänden unisono. --
--
Friedrich soll Missverständnisse ausräumen --
Die Türkische Gemeinde in Deutschland erwartet nun eine Erklärung des Ministers bei der Konferenz am Dienstag. Der CSU-Politiker müsse dort Stellung beziehen und mögliche Missverständnisse ausräumen, sagt der Bundesvorsitzende der Organisation, Kenan Kolat. "Ich hoffe, dass er die goldene Mitte findet. Dann sind wir dabei und machen weiter."--
--
Verärgert ist Kolat auch über Friedrichs Andeutungen, er wolle bei der Islamkonferenz den Grundstein für eine "Sicherheitspartnerschaft" gegen islamistische Gewalttäter legen. Die eigentliche Debatte darüber will Friedrich allerdings aus der Islamkonferenz auslagern. Kolat sagt, das Thema habe bei der Konferenz nichts zu suchen. Friedrich dürfe die Runde nicht überfrachten und "für andere Zwecke benutzen". --
--
"Mangelnde Kenntnis oder Erfahrung" --
Auch der Verband der Islamischen Kulturzentren ist einigermaßen verwundert über Friedrich. Dessen Aussagen könnten nur "mangelnder Kenntnis" oder "Unerfahrenheit im Ministeramt" geschuldet sein, sagt Verbandssprecher Erol Pürlü. Friedrich müsse sich nun "sachkundig machen" und die Dinge zurechtrücken. --
--
Die Alevitische Gemeinde Deutschland sieht die Sache etwas gelassener. Ja, der Auftakt sei unglücklich gewesen und die Äußerungen kontraproduktiv, sagt der Vizevorsitzende Ali Ertan Toprak, "aber man sollte nicht sofort jedes Wort auf die Goldwaage legen". Am Anfang in einem neuen Amt könne jeder Fehler machen. Die muslimischen Verbände sollten die Äußerungen entspannter aufnehmen, meint Toprak.--
--
"Zu viel Symbolpolitik, zu wenig Sacharbeit" --
Es gibt aber auch grundsätzliche Kritik an der Islamkonferenz - unabhängig von Friedrich. Bei der Gründung der Runde 2006 seien die Erwartungen der Muslime sehr groß gewesen, erzählt Pürlü, "aber es hat sich nicht viel bewegt seitdem". Es gebe dort zu viel symbolische Politik und zu wenig Arbeit an Sachthemen. Und jeder Ministerwechsel bremse die Fortschritte. Schließlich müsse sich jeder Ressortchef und dessen Entourage neu einarbeiten. --
--
Der Zentralrat der Muslime in Deutschland stieg vor einiger Zeit ganz aus dem Gremium aus. Auch ihnen passte einiges nicht an der Runde. Es habe keine Evaluation der bisherigen Arbeit gegeben, keine konkreten Ziele, sondern nur ein "Dialogisieren", beklagt die Generalsekretärin des Zentralrats, Nurhan Soykan. Das Thema Islamfeindlichkeit sei erst gar nicht auf den Tisch gekommen. --
--
Auch mit Friedrich werde sich das wohl nicht ändern, mutmaßt Soykan. "Das erste Auftreten des neuen Innenministers hat uns sehr schockiert und enttäuscht." Wenn er den Islam nicht als Teil der Gesellschaft sehe, sei ihr nicht klar, wie er die Islamkonferenz zum Erfolg führen könne.