Muslimen-Zentralrat im domradio zur neuen Heiratsregelung

"Wir empfehlen die Vielehe nicht"

Heiraten ohne Standesamt - ab 2009 ist das gesetzlich erlaubt. Wenig bis gar nichts von der neuen Regelung halten die Kirchen. Im domradio-Interview erklärt der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Axel Ayub Köhler, seine Bedenken und bezieht Stellung zu Polygamie-Vorwürfen gegen seine Religion.

 (DR)

"Wir empfehlen die Vielehe nicht, weil die Maßgabe ‚Gleichberechtigung aller Frauen' gar nicht möglich ist. Deshalb sagen wir: Lasst die Finger davon", so Köhler.

Die kommende Gesetzesänderung habe "Irritationen" hervorgerufen. "Menschen denken, sie müssten jetzt gar nicht mehr standesamtlich heiraten." Deshalb empfehle der Zentralrat seinen Mitgliedern, auch standesamtlich zu heiraten. "Außerdem empfehlen wir einen Ehevertrag." Die "Schwachen in der Ehe" - meist seine dies die Frauen - müssten geschützt werden, so Köhler.

Auch Ditib empfiehlt Gang zum Standesamt
Auch die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) hatte am Mittwoch Muslimen trotz Änderung des Eherechts die Trauung vor dem Standesamt empfohlen. Die Zivilehe sei die letztlich bindende Form der Eheschließung, erklärte der Islamverband am Mittwoch in Köln. Alle Ditib-Imame seien angewiesen, das islamische Eheversprechen weiterhin nur nach Vorlage des Trauscheins abzunehmen.

Ditib-Vorsitzender Sadi Arslan betonte, das alleinige religiöse Bekenntnis zur Ehe berge die Gefahr von Missbrauch. Eine Ehe ohne staatliche Anerkennung biete nicht ausreichend Schutz für den Schwächeren im Ehebund und die gemeinsamen Kinder. "Eine Ehe, in der nur das islamische Eheversprechen abgelegt wurde, ist noch keine gesicherte Ehe und steht auch nach der Änderung des Personenstandsgesetzes nicht unter dem Schutz der Rechtsordnung", so Arslan.

Der Bundestag hatte die Reform des Personenstandsrechts 2007 von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt beschlossen. Die Gesetzesänderung hat zur Folge, dass nicht nur eine kirchliche Voraustrauung, sondern auch eine kirchliche Ehe ohne den Gang zum Standesamt möglich ist.